Beide Partner verständigten sich auf den historischen Ausstieg aus der Steinkohle-Subvention. Man strebe ein "geordnetes Auslaufen" an, hieß es anschließend. Ursprünglich war die Union für einen sanfteren Übergang eingetreten. Der designierte Ministerpräsident Jürgen Rüttger (CDU) betonte denn auch, dass der Abbau der Subventionen sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen unter den derzeit rund 38.500 Bergbaubeschäftigten erfolgen soll. Konkrete Zeitvorgaben für den kompletten Ausstieg aus den Subventionen wurden nicht genannt. Darüber will die neue Landesregierung nach der voraussichtlich anstehenden Bundestagswahl mit der neuen Bundesregierung und den Energieunternehmen verhandeln. Nach Auffassung von Rüttgers könnten diese Gespräche im kommenden oder im übernächsten Jahr stattfinden. In einem ersten Schritt sollen die Steinkohle-Subventionen bis zum Jahr 2010 halbiert werden. Zurzeit belaufen sie sich auf 530 Millionen Euro im Jahr. Die durch die gestrichenen Subventionen eingesparten Mittel sollen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze im Ruhrgebiet genutzt werden.
In derselben Sitzung vereinbarten die Parteien, bis zum Ende der Legislaturperiode 4.000 neue Lehrerstellen im Land zu schaffen. Die FDP hatte sich im Wahlkampf für 8.000 Lehrerstellen stark gemacht, lenkte aber offensichtlich angesichts der miserablen Haushaltslage ein. Finanziert werden soll dies vor allem durch den Abbau von 1,5 Prozent der Stellen in der inneren Verwaltung. Bereits vorher hatten sich die CDU und FDP auf grundlegende Korrekturen in der Schulpolitik geeinigt. Danach werden Kinder im Regelfall bereits mit fünf Jahren eingeschult. Von der zweiten Klasse an wird es wieder Ziffernoten geben. Bisher werden erst ab dem dritten Schuljahr Noten von eins bis sechs erteilt. Der Fremdsprachenunterricht beginnt schon in der ersten Klasse. Bis jetzt steht er erst von der dritten Klasse an auf dem Stundenplan. Außerdem wird es weiterhin die Fächer Biologie, Physik und Chemie geben. Ein naturwissenschaftliches Sammelfach, wie es die rot-grüne Landesregierung einführen wollte, wird nicht kommen.
Sehr ehrgeizig sind auch die Pläne in Bezug auf den Bürokratieabbau. Danach sollen die fünf Regierungspräsidien, zwei Landschaftsverbände und der Regionalverband Ruhrgebiet aufgelöst und durch drei Regionalpräsidien Rheinland, Westfalen und Ruhr ersetzt werden. Außerdem wird die von Rot-Grün beschlossene Polizeireform gekippt. Die Auflösung von 49 Kreispolizeibehörden und ihre Eingliederung in 16 neue Polizeipräsidien soll nicht umgesetzt werden. Bei den meisten anderen Themenbereichen wie etwa Arbeit und Soziales, Landwirtschaft, Wissenschaft, Verkehr, Baurecht und Finanzen herrschte weitgehend Übereinstimmung oder ließ sich Einvernehmen relativ rasch herstellen. Beispielsweise einigten sich CDU und FDP darauf, die Ladenöffnungszeiten an den Werktagen freizugeben. Die Geschäfte könnten damit von Montag bis Samstag bis Mitternacht geöffnet sein.
Die von Rüttgers straff geführten Verhandlungen wurden zeitweise weniger von Sachfragen als vom Personalstreit innerhalb der FDP getrübt. Der wurde dann aber mit der Entscheidung beendet, dass FDP-Landeschef Andreas Pinkwart entgegen seiner bisherigen Planung sein Bundestagsmandat aufgibt und als Vizeministerpräsident und Innovationsminister nach Düsseldorf kommt. Insgesamt waren die schwarz-gelben Verhandlungsrunden reinste Harmonieveranstaltungen im Gegensatz zu früheren rot-grünen Koalitionszirkeln. Am 22. Juni wird Jürgen Rüttgers zum Ministerpräsidenten gewählt. In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause will er seine Regierungserklärung abgeben.
Bereits am 8. Juni hatte sich der Landtag mit der Wahl des Präsidiums konstituiert. Mit der Christdemokratin Regina van Dinther steht erstmals seit 25 Jahren wieder eine Abgeordnete aus den Reihen der CDU an der Spitze des Parlamentes. Die 47-jährige Diplom-Ingenieurin ist nach der SPD-Politikerin Ingeborg Friebe (1990 bis 1995) die zweite Frau in diesem Amt. Von den 187 Abgeordneten stimmten in geheimer Wahl 149 Parlamentarier für die neue Präsidentin, 31 gegen sie und sieben enthielten sich. Damit schnitt van Dinther besser ab als ihre drei neuen Vizepräsidenten. Gewählt wurden der bisherige SPD-Fraktionsvorsitzende Edgar Moron zum ersten und der grüne Bauminister Michael Vesper zum zweiten Landtagsvizepräsidenten. Den Posten als dritte Stellvertreterin bekam die FDP-Abgeordnete Angela Freimuth.
In ihrer Antrittsrede betonte van Dinther, dass sie helfen wolle, Brücken zu schlagen. Nach 39 Jahren, in denen die SPD an der Macht war, sei der Rollenwechsel von Regierung zur Opposition und umgekehrt schwierig. Die einen dürften nicht überheblich werden, die anderen nicht verbittert. Denn die Lage des Landes sei ohnehin so schwierig, dass "wir möglichst rasch zu einem vernünftigen Miteinander der verschiedenen Fraktionen finden müssen", sagte van Dinther. Alle Mandatsträger mahnte sie: "Wir sind Gewählte und nicht Erwählte. Wir müssen im besten Sinne des Wortes Dienstleister für alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sein." Gleichzeitig kündigte die neue Landtagspräsidentin an, dass sie gemeinsam mit den Mitarbeitern des Parlaments und allen Abgeordneten "mehr Kreativität in den Landtag holen" will. Vor allem möchte sie die Kinder einladen, sich für Politik zu interessieren. "Sie sollen lernen, dass Politik etwas Ernsthaftes ist, was damit beginnt, dass der Einzelne sich in seinem ganz nahen Umfeld um die Gemeinschaft und das Gemeinwohl kümmert. Es ist gut, wenn junge Menschen ehrenamtlich tätig werden, und dies nicht als Belastung auffassen, sondern als Chance für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit", machte sie deutlich.
Zuvor hatte der scheidende Landtagspräsident Ulrich Schmidt (SPD), der nach 30 Jahren aus dem Landtag ausscheidet, die Abgeordneten ermuntert: "Begeistern Sie mit innovativen Ideen und mit einem frischen, lebendigen Geist! Geben Sie diesem Haus neue Impulse und bringen sie neue Inhalte ein." Gleichzeitig mahnte Schmidt die Parlamentarier, ihre "Verankerung an der Basis" nicht zu verlieren, "um zu wissen, was unten passiert".