Das umstrittene Antidiskriminierungsgesetz (ADG) ist am 17. Juni 2005 im Deutschen Bundestag mit der Mehrheit der Koalitionsparteien verabschiedet worden. Nach den Vorstellungen der Regierungsparteien sollen mit dem Gesetz generell Benachteiligungen und Diskriminierungen etwa von Behinderten, von Ausländern und von erwerbstätigen Frauen deutlicher und schärfer als bisher geahndet und bestraft werden können. Die Oppositionsparteien lehnten den Entwurf mit Hinweis auf den damit verbundenen Bürokratieaufwand und befürchtete negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt vehement ab. Gemäß den eingebrachten Vorlagen verstehen SPD und Bündnisgrüne das ADG als "Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien". Der Antrag von CDU/CSU lautete dagegen: "Kein weiterer Arbeitsplatzabbau; Antidiskriminierungsgesetz zurückziehen".
Die SPD-Abgeordnete Christel Humme begründete zu Beginn der Debatte noch einmal ausführlich den Koalitionsentwurf. Ihre Fraktionskollegin Renate Gradistanac erklärte, insbesondere vier EU-Richtlinien würden mit dem ADG konsequent verwirklicht: zum einen im Bereich Arbeitsrecht, ferner im Zivilrecht und schließlich mit der Einrichtung einer nationalen Antidiskiriminierungsstelle. Das Gesetz sei "verantwortungsbewusst" konzipiert und bleibe an den wenigen Stellen, wo es über EU-Recht hinausgehe, dennoch dem Geist der europäischen Vereinbarungen verpflichtet.
"Wir wollen mit diesem Gesetz die Antidiskriminierungskultur in Deutschland stärken", sagte die Abgeordnete weiter. Sie warf der Opposition vor, mit ihrer ablehnenden Haltung die Betroffenen weiter ausgrenzen und ins Abseits drängen zu wollen. Die Bündnisgrüne Irmingard Schewe-Gerick verwahrte sich ebenfalls gegen "Schauermärchen" der Opposition und sah im ADG eine "Gewähr für mehr persönliche Freiheit". Es stimme nicht, so die Abgeordnete mit Verweis auf andere europäische Länder, dass das Gesetz arbeitsmarkthemmend wirke oder die Wirtschaft belaste. Eher das Gegenteil sei der Fall: "Diskriminierung ist schlecht für die Wirtschaft und für das deutsche Ansehen in der Welt."
Für die Union äußerte die CSU-Abgeordnete Hannelore Roedel, das geltende Recht sei völlig ausreichend, um vor Diskriminierung zu schützen. Sie kritisierte insbesondere eine mit der Realisierung des Gesetzes verbundene Bürokratisierung. Leidtragende dieses "Bürokratiemonsters" seien vor allem arbeitssuchende Menschen, werde doch statt einer Deregulierung nur noch eine stärkere Unbeweglichkeit am Arbeitsmarkt erreicht. Sie befürchtete eine "Klageindustrie wie in den USA" und prophezeite eine "ökonomische und gesellschaftliche Lähmung", wovon besonders der Mittelstand betroffen sein werde.
Ihr Fraktionskollege Reinhard Göhner (CDU) sprach von einer "rot-grünen Ideologie" und von einer teilweise "grundlegenden Rechtsänderung aus ideologischen Gründen". Mit EU-Recht habe das neue Gesetz kaum noch etwas zu tun. Er listete mehrere Punkte auf, bei denen für ihn ADG und EU-Recht nicht übereinstimmen, etwa geplante Entschädigungsansprüche sich diskriminiert fühlender Menschen im arbeitsrechtlichen Bereich oder die Errichtung einer Antidiskriminierungsbehörde.
Als "schweren, nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das Vertragsrecht" bezeichnete auch der FDP-Abgeordnete Heinrich Leonhard Kolb das neue Gesetz. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Opposition begünstige mit ihrer Ablehnung des ADG Diskriminierungen in Deutschland. Zu fragen sei einzig, ob das Gesetz europäischen Richtlinien entspreche und in seiner Umsetzung praktikabel sei. Kolb äußerte wie andere Oppositionsredner die Erwartung, dass der Bundesrat das zustimmungspflichtige Gesetz nicht passieren lassen werde. Auch werde eine neue Regierung nach der möglichen Neuwahl des Bundestages im Herbst das Gesetz umgehend ändern.