KAMBODSCHA
Der erste Prozess gegen einen führenden Vertreter der Roten Khmer beginnt
Über zweieinhalb Jahre nach Vereidigung der Richter beginnt am 17. Februar der Prozess gegen Kaing Guek Eav, genannt Duch, der während der Herrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1979 das berüchtigte Foltergefängnis Tuol Sleng in Phnom Penh leitete. Von 15.000 bis 17.000 Menschen wurden hier Geständnisse erpresst, bevor sie auf den "Killing Fields" vor den Toren der Hauptstadt umgebracht wurden.
Der erste Prozess gegen einen führenden Vertreter der Roten Khmer vor dem internationalen Tribunal in Kambodscha wird allerdings von massiven Korruptionsvorwürfen überschattet. Mehrere Menschenrechtsorganisationen sprechen von finanziellen Unregelmäßigkeiten am Tribunal, das aus internationalen und kambodschanischen Juristen besteht. Kambodscha wird von der Organisation "Transparency International" als eines der korruptesten Länder Asiens bezeichnet.
Erst kürzlich wurde die Anklage gegen Duch (66) wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" um die Tatbestände Mord und schwere Folter erweitert. Duch, der 1999 festgenommen wurde, hat sich im Gegensatz zu anderen führenden Roten Khmer zu seinen Taten bekannt und auch eingeräumt, dass viele der Ermordeten unschuldig gewesen seien. Nach seiner Festnahme hatte der gelernte Lehrer gesagt: "Es tut mir sehr leid, was damals passiert ist. Jetzt muss Gott über meine Zukunft entscheiden." Zunächst aber muss sich Duch mit seinen irdischen Richtern auseinandersetzen. Vier weitere Ermittlungsverfahren gegen führende Köpfe der Roten Khmer sind eingeleitet worden. Dabei handelt sich unter anderem um den damaligen Parlamentspräsidenten Nuon Chea, der auch Chefideologe des 1998 verstorbenen Anführers der Roten Khmer, Pol Pot, gewesen ist. Mit Nuon Chea werden sich außerdem der frühere Außenminister Ieng Sary, dessen Frau, die ehemalige Sozialministerin Ieng Thirith und das damalige Staatsoberhaupt Khieu Samphan zu verantworten haben.
Duch gilt als eine der Schlüsselfiguren des von Peking unterstützten maoistischen Regimes, das vor über dreißig Jahren den "Steinzeitkommunismus" erfand und die meisten Intellektuellen im Land ermorden ließ. Fast zwei Millionen Kambodschaner kamen in dieser Schreckensperiode ums Leben; wer nicht erschlagen wurde, erlag Krankheiten oder verhungerte.
In entfernten Provinzen des südostasiatischen Landes leben noch heute zahlreiche Kader der Roten Khmer, unter falschem Namen und meist unerkannt. Seit sich immer mehr Opfer und auch Zeugen beim Tribunal melden, wächst der Druck auf die Staatsanwälte, den Kreis der Beschuldigten zu erweitern. Diese wiederum sind an eine Vereinbarung gebunden, die das Tribunal erst ermöglichte: Nur die Führungspersonen der Roten Khmer dürfen angeklagt werden.
Um so wichtiger ist Duch für die Ermittle- Er saß an der Nahtstelle zwischen oberster Hierarchie der Roten Khmer und dem Sicherheitsgefängnis, wo die "Feinde" des Regimes unter dem Vorwand, Spione zu sein, gefoltert und umgebracht wurden. Als die Vietnamesen 1979 in Phnom Penh einmarschierten, fanden sie im Gefängnis Tuol Sleng nur noch sieben Gefangene lebend vor. Duch soll das Gefängnis mit eiskalter Präzision geleitet haben. Er führte sogar feste Tage für die Ermordung bestimmter Gruppen ein: für Frauen von "Feinden", für deren Kinder, für Fabrikarbeiter.
Nach dem Ende des Regimes hieß es zunächst, Duch sei tot. Erst 1999 wurde er aufgespürt. Zum Christentum konvertiert, hatte Duch ausgerechnet für eine christliche Hilfsorganisation an der Grenze zu Thailand gearbeitet.