MENSCHENRECHTE
Lob für »Internationale Schutzverantwortung« - und Stoff für Diskussion
Ein sperriger Begriff ist es schon, mit dem sich der Menschenrechtsausschuss am 11. Februar befasste: "Responsibility to Protect", zu deutsch "Internationale Schutzverantwortung". Dabei steckt hinter dem kurz "R2P" genannten Konzept ein einfacher Gedanke: Wenn ein Staat seine eigenen Bürger nicht mehr schützen kann - oder will -, und seine Bevölkerung unter schwersten Menschenrechtsverletzungen leidet, dann muss die internationale Staatengemeinschaft eingreifen und helfen.
R2P, die Norm zum Schutz der Bevölkerungen vor Völkermord, ethnischen Säuberungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wurde 2005 in das Abschlussdokument des Weltgipfels der Vereinten Nationen aufgenommen. Mit dem Konzept bekannten sich die Staaten erstmals gemeinsam zu einer Schutzverantwortung. Hintergrund waren die Erfahrungen in den 1990er Jahren, in denen die Staatengemeinschaft unter anderem im Kosovo, in Ruanda oder in Somalia ihre erschreckende Unfähigkeit bewiesen hatte, humanitäre Katastrophen zu verhindern.
In der öffentlichen Anhörung des Menschenrechtsausschusses zum Thema zeigte sich nun, dass die R2P reichlich Stoff für Diskussionen bietet - wie auch die geladenen Experten deutlich machten. Sie begrüßten das Konzept zwar ausdrücklich, betonten aber auch, dass die R2P keine neuen völkerrechtlichen Rechte oder Pflichten begründe. Sie formuliere lediglich politische und moralische Forderungen beziehungsweise bestätige das bereits bestehende Völkerrecht. Die Gegner des Konzepts befürchteten zudem, dass sie militärischen Interventionen Vorschub leisten und die staatliche Souveränität untergraben könnte. Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Klaus Naumann, widersprach dieser Ansicht. Man müsse deutlich machen, dass es die wichtigste Aufgabe des Staates ist, seine Bürger zu schützen. Nur wenn ihm das nicht möglich sei, sei es die Pflicht der Staatengemeinschaft, einzugreifen, sagte Naumann. "Militäreinsätze können immer nur das äußerste Mittel sein", fügte er hinzu.
Die Völkerrechtlerin Sabine von Schorlemer und der Sozialwissenschaftler Armin Osmanovic plädierten in diesem Zusammenhang für eine Weiterentwicklung des Souveränitätsbegriffs. Von Schorlemer sprach von einer "Souveränität als Verantwortung", die anstelle einer "Souveränität als Autorität" treten solle. Das Eingreifen von außen wäre somit kein verbotener Eingriff in die staatliche Souveränität, sondern eine legitime Maßnahme, wenn ein Staat angesichts einer menschlichen Katastrophe nicht handeln könne oder wolle.
Nicola Reindorp vom Global Center for Responsibility to Protect (GCR2P) in New York gab den Abgeordneten eine dringende Bitte mit auf den Weg: Sie sollen die Bundesregierung mit Nachdruck auffordern, für die Stärkung der internationalen Schutzverantwortung einzutreten. "Deutschland steht hier in einer besonderen Verantwortung", betonte sie.