Auf ein überwiegend negatives Echo ist ein vom Bundesrat vorgelegter Gesetzentwurf ( 16/7957) zur Reform des strafrechtlichen Wiederaufnahmerechts am 18. März bei einer Anhörung des Rechtsausschusses gestoßen. Die Länderkammer will erreichen, dass ein vor Gericht Freigesprochener sich erneut einem Prozess stellen muss, wenn neue kriminaltechnische Untersuchungsmethoden - wie etwa die DNA-Analyse - zweifelsfrei belegen, dass der Angeklagte doch der Täter war.
Für Klaus Marxen, Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie, rechtfertigten neue Tatsachen oder Beweismittel keine Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten. Der Umgang des Bundesrates mit dem fraglichen Passus des Grundgesetzes ("Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden") gebe "zu erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken Anlass". Die Initiative lehnten auch vier weitere Experten ab, unter ihnen der Berliner Rechtsanwalt Stefan König: Ein verfassungsrechtlich legitimes Bedürfnis zur Erweiterung der Gründe für eine Wiederaufnahme des Prozesses sei nicht erkennbar.
Entgegengesetzter Meinung waren drei Sachverständige: "Es muss für die Angehörigen eines Mordopfers unerträglich sein, dass sich ein Beschuldigter trotz eines sicheren Nachweises der Täterschaft der Strafverfolgung entziehen kann", sagte Heinrich Kintzi, ehemaliger Generalstaatsanwalt. Die gleiche Ansicht vertraten auch Jürgen-Peter Graf, Richter am Bundesgerichtshof, sowie Heinz Schöch, Professor für Strafrecht.