Der Bundestag hat die Begleitgesetze zum Vertrag von Lissabon verabschiedet. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Ja, ich begrüße die Gesetze sehr. Mit ihnen erlangt die seit zweieinhalb Jahren bestehende Europa-Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung (BBV) Gesetzesform. Die Mitwirkungsrechte des Bundestages sind damit in Zukunft für alle Beteiligten verbindlich.
Was bedeuten die Gesetze für die Rolle des Bundestages in Fragen der Europäischen Union konkret?
Mit den Begleitgesetzen erhält das Parlament jetzt mehr Rechte, es trägt aber auch eine größere Verantwortung. Künftig muss Europa wesentlich stärker als bisher in den Fachausschüssen des Parlaments stattfinden. Auch die Verzahnung mit den Kollegen des EU-Parlaments muss enger werden. Da sehe ich nach wie vor ein Defizit.
Der Lissabon-Vertrag soll vor dem irischen Referendum am 2. Oktober von Deutschland ratifiziert werden. Vorher muss der Bundesrat noch zustimmen. Ist der Zeitplan einzuhalten?
Das denke ich schon. Ich gehe nicht davon aus, dass es am 18. September zu Schwierigkeiten im Bundesrat kommen wird. Ich erwarte, dass es zu einer schnellen Ratifizierung mit Hinterlegung der Urkunde in Rom kommt.
Halten Sie weitere Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht für wahrscheinlich?
Auszuschließen ist das nicht. Entscheidend aber ist: Sollte es zu neuen Klagen kommen, trägt das Gericht die Verantwortung, zügig zu handeln und dafür zu sorgen, dass sie den weiteren Prozess nicht aufhalten. Wir wollen schließlich nicht nur ein Signal in Richtung Irland geben, sondern auch nach Polen und Tschechien, die den EU-Reformvertrag ebenfalls noch nicht ratifiziert haben. Wir sind auch im Hinblick darauf mitverantwortlich, dass der Vertrag von Lissabon tatsächlich zum 1. Januar 2010 in Kraft treten kann.
Der Jurist Markus Kerber, einer der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht, hat kritisiert, die Begleitgesetze seien viel zu schnell regelrecht durch den Bundestag "gepeitscht" worden. Berechtigte Kritik?
Das ist Unfug. Wir waren im Bundestag tagtäglich mit der Materie befasst und haben in der parlamentarischen Sommerpause mit dem nötigen Hochdruck gearbeitet. Wir haben die Gesetze auf Herz und Nieren geprüft und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eins zu eins umgesetzt. Hier liegen außerdem echte Parlamentsgesetze vor: Sie wurden aus der Mitte des Parlaments mit aktiver Einbindung der Bundestagsverwaltung entwickelt ohne Formulierungshilfen der Regierung. In den Ausschussberatungen waren die Entwürfe zudem Gegenstand einer zweitägigen öffentlichen Anhörung gemeinsam mit dem Bundesrat. Das Parlament hat seine Hausaufgaben gemacht.
Die Fragen stellte
Johanna Metz.