BRANDENBURG
Noch vor Weihnachten will der Landtag die Stasi-Überprüfung seiner Mitglieder gesetzlich regeln
Für Matthias Platzeck war es die mit Sicherheit schwierigste Regierungserklärung. Auf den Tag genau vier Wochen nach der Vereidigung der rot-roten Landesregierung musste der SPD-Regierungschef am vergangenen Freitag im Landtag zu den Stasi-Verwicklungen in der 26-köpfigen Landtagsfraktion der Linkspartei Stellung nehmen. Platzeck räumte Fehler ein und bedauerte den entstandenen Schaden, betonte aber gleichzeitig, an der Koalition mit den Linken festhalten zu wollen.
Der Ministerpräsident erklärte, er sei nicht von der Linkspartei insgesamt, sondern von deren Abgeordneten Renate Adolph und Gerd-Rüdiger Hoffmann getäuscht worden. "Sie haben der neuen Koalitionsregierung Knüppel in die Speichen geworfen", sagte Platzeck. Es sei ein Fehler gewesen, seit 1990 im Landtag keine systematische Stasi-Überprüfung vorgenommen zu haben.
Die neuen Stasi-Enthüllungen im Potsdamer Landtag beherrschen seit Tagen die Schlagzeilen. In der Vorwoche war Landtagsvizepräsidentin Gerlinde Stobrawa von ihrem Amt zurückgetreten. Die heute 60-Jährige galt bei der bislang ersten und einzigen Stasi-Überprüfung des Brandenburger Parlaments im Jahr 1990 als sogenannter Grenzfall, der keine Mandatsniederlegung zur Folge hatte. Nach jetzt aufgetauchten Opferakten der Birthler-Behörde soll Stobrawa als Mitglied des Rates des Bezirkes Frankfurt (Oder) der Stasi über Kollegen berichtet haben. Stobrawa bestreitet das, räumt aber dienstliche Kontakte zur Staatssicherheit ein. Die Abgeordnete Renate Adolph legte vor einer Woche ihr Mandat nieder. Sie hatte verschwiegen, dass sie für die Hauptverwaltung Aufklärung der Stasi tätig war. Noch vor der Landtagssitzung am Freitag trat Gerd-Rüdiger Hofmann aus der Linken-Fraktion aus. Er hatte geleugnet, eine Verpflichtungserklärung als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi unterschrieben zu haben. Eine Kopie der Verpflichtung liegt aber inzwischen vor.
Aus Sicht der Opposition haben die Enthüllungen schweren Schaden für Brandenburg verursacht. Die Debatte über das "Stasi-Land" gefährde, was in 20 Jahren seit der Wende aufgebaut worden sei, so CDU-Fraktionschefin Johanna Wanka. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel warf Platzeck vor, nicht deutlich zu machen, wann das Maß voll sei. Der Landtag will noch vor Weihnachten ein Gesetz auf den Weg bringen, das eine Stasi-Überprüfung auf geregelter Grundlage möglich macht.