Bundestag
Untersuchungsausschuss konstituiert sich voraussichtllich am 16. Dezember
Die Hintergründe des Nato-Angriffs auf zwei entführte Tankfahrzeuge in Afghanistan am 4. September 2009 sollen von einem Untersuchungsausschuss des Bundestages aufgeklärt werden. Einvernehmlich beschlossen die Mitglieder des Verteidigungsausschusses am 2. Dezember, dass dieser künftig die Rechte eines Untersuchungsausschusses wahrnehmen soll. Er soll sich voraussichtlich am 16. Dezember konstituieren. Zuvor wollen die Fraktionen gemeinsam einen Prüfauftrag erarbeiten. Den Vorsitz des Gremiums übernimmt Susanne Kastner (SPD), die in dieser Legislatur den Verteidigungsausschuss leitet.
Die Abgeordneten wollen erfahren, wie es zu dem Luftangriff nahe der nordafghanischen Stadt Kunduz kam, den ein Oberst des deutschen Isaf-Kontingents angeordnet hatte. Bis zu 142 Menschen - darunter auch Zivilisten - waren dabei getötet worden. Auch die Informationspolitik der Bundesregierung wird ein wichtiges Thema sein: So soll der damalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) von zivilen Opfern des Luftangriffs früher als behauptet Kenntnis gehabt und diese Informationen bewusst zurückgehalten haben.
Die Abgeordneten äußerten sich zufrieden über den Einsetzungsbeschluss. Der Untersuchungsausschuss sei für die Akzeptanz des Afghanistan-Einsatzes nötig, erklärte Elke Hoff (FDP). Susanne Kastner sagte dem "Parlament": "Die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums war lückenhaft." Der Ausschuss solle deshalb alles, was in Kunduz passiert ist, "rückhaltlos aufklären, damit derartige Fehler nicht wieder passieren".
Geklärt werden muss nun noch, ob der Untersuchungsausschuss zumindest teilweise öffentlich tagen wird. Dies fordern die drei Oppositionsfraktionen. Der Verteidigungsausschuss berät jedoch grundsätzlich nichtöffentlich. Die Linke erwägt daher, die Einrichtung eines regulären Untersuchungsausschusses zu beantragen. "Ein öffentlich tagender Untersuchungsausschuss drängt sich geradezu auf", sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Wolfgang Neskovic, dieser Zeitung. "Vorwürfe, die über das Feld der Verteidigung hinausgehen, sollte man in jedem Fall unter dem Auge der Öffentlichkeit aufklären."
Der Verteidigungsausschuss hat als einziger Ausschuss des Bundestages nach Artikel 45a des Grundgesetzes das Recht, sich in einen Untersuchungsausschuss umzuwandeln. Dies muss von mindestens einem Viertel seiner Mitglieder beantragt werden. Seit der 2. Wahlperiode ist der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss in 13 Fällen tätig geworden.