Recht. Die Ziele des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes ( 16/887) seien grundsätzlich zu unterstützen, erklärte die Mehrzahl der Experten in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am 18. September. Es gebe aber teilweise erheblichen Änderungsbedarf.
Für Professor Eckhart Pick, Staatssekretär a.D. im Bundesjustizministerium, wahrt der Neuansatz die Interessen der Wohnungseigentümer und stärkt sie in ihrer Autonomie. Dies dürfe nicht der Profilierung von Rechtsprechung oder außerhalb der Gemeinschaft liegender Interessen werden. Zu beachten sei ein ausgewogenes Verhältnis von Verwalter und Wohnungseigentümer. Der Verwalter sei nicht der "Präzeptor der Gemeinschaft", sondern von ihr beschäftigt. Das letzte Wort stehe eindeutig den Wohnungseigentümern zu.
Jürgen Schmidt-Räntsch, Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, begrüßte die erleichterte Beschlussfassung über Instandsetzungen innerhalb von Eigentümergemeinschaften. Die Möglichkeit der Wohnungseigentümer, mehrheitlich zu entscheiden und auch vom Gesetz abzuweichen, werde durch den Entwurf erweitert. Sie bedeute aber auch, dass sich das Wohnungseigentum (außerhalb des Grundbuchs) verändern könne. Das verursache bei länger zurückliegenden Beschlüssen mangelnde Transparenz und könne nicht selten zu unnötigem Streit unter den Wohnungseigentümern führen.
Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf schaffe "verlässliche Voraussetzungen", um frei von Unwägbarkeiten der Rechtsprechung auch künftig in das Wohnungseigentum mit überschau- und kalkulierbarem Risiko zu investieren, sagte Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld aus Düsseldorf. Wenn die Novellierung sich aber weiter verzögere oder gar scheitere, könne potentiellen Interessenten der Erwerb einer Eigentumswohnung wegen rechtlicher und wirtschaftlicher Risiken nicht mehr empfohlen werden. Wolfgang Gottschalg, ehemaliger Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, begrüßte grundsätzlich die Regelung der Aufgaben und Befugnisse des Verwalters in der Neufassung des Gesetzes. Sie sei klarer und transparenter als bisher und grenze Rechte und Pflichten im Innenverhältnis von den Vertretungsbefugnissen gegenüber den Eigentümern deutlich ab.
Professor Stefan Hügel aus Weimar sprach sich dafür aus, Beschlüsse zum Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bei Abweichungen oder Ergänzun- gen von Vorschriften wegen ihrer Wirksamkeit gegenüber Rechtsnachfolgern unbedingt ins Grundbuch einzutragen. Der Hinweis der Regierung auf Überlastung des Grundbuchamtes, Unübersichtlichkeit des Grundbuches oder Mehrkosten sei nicht überzeugend.
Laut Rüdiger Warnecke aus Elsdorf schränkt die geplante rechtliche Überführung von der freiwilligen Gerichtsbarkeit in die Zivilprozessordnung die Flexibilität des Verfahrens und die Entscheidung des Richters ein und führe zu einer Verhärtung der Fronten. Flexibilität sei aber in Wohneigentumsangelegenheiten erforderlich, um eine gütliche Einigung zwischen den beteiligten Parteien zu erreichen. Auch Professor Wolf-Rüdiger Bub vom Evangelischen Siedlungswerk in Nürnberg sprach sich gegen Gesetzgebungseingriffe aus. Es dürfe nicht verkannt werden, dass dies zu einem Verlust an Flexibilität führe und "gerechtere" Einzelfalllösungen erschwere. Grundsätzliche Bedenken gegen eine Änderung seien nicht ausgeräumt.