Im Streit um die geplanten Abgas-Limits für Autos stieg die große Mehrheit der Abgeordneten jetzt auf die Bremse: Europas Autoindustrie soll drei Jahre mehr Zeit bekommen, Neuwagen mit einem geringeren Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxyd auf den Markt zu bringen, beschlossen die Europaparlamentarier am 15. Januar. Zudem müsse der angepeilte CO2-Grenzwert niedriger als von der EU-Kommission geplant angesetzt werden.
Die Entwicklung neuer Pkw-Typen dauere bis zu sieben Jahre, daher sollten verbindliche CO2-Grenzwerte nicht vor 2015 gelten, so das Argument der Europa-Abgeordneten. Zudem müsse die CO2-Obergrenze bei 120 Gramm pro Kilometer liegen. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hatte ein Limit von maximal 120 Gramm CO2 ab 2012 vorgeschlagen. Derzeit blasen die Neuwagen in der EU im Schnitt knapp 160 Gramm pro Kilometer in die Luft.
Das jüngste Votum gilt als Stimmungsbild für die anstehenden Debatten im Parlament. Allerdings stimmten die EU-Parlamentarier nicht über den Gesetzesentwurf zu den Emissions-Plänen selbst ab, sondern über einen allgemeinen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie. 607 Abgeordnete stimmten bei der rechtlich nicht bindenden Abstimmung für das vom deutschen Abgeordneten Jorgo Chatzimarkakis (FDP) erarbeitete Papier, 76 stimmten dagegen, darunter die gesamte Grünen-Fraktion. Konservative und liberale Abgeordnete feierten das Votum bereits als schwere Schlappe für die oberste EU-Behörde. "Das Parlament hat klargestellt, dass es nicht bereit ist, die unrealistischen Ziele der Kommission zu unterstützen", sagte Chatzimarkakis. Ähnliche Kommentare kamen von den EU-Abgeordneten Markus Ferber (CSU) und Werner Langen (CDU). Ihr Fraktionskollege Karl-Heinz Florenz erklärte dagegen, das Votum sende ein falsches Signal. Die EU habe sich im Klimaschutz als Vorreiter positioniert und müsse ihren Worten auch Taten folgen lassen, so Florenz.
Die Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms warf ihren Kollegen in der Debatte"klimapolitische Hochstapelei" vor.
Nur vier Wochen nachdem eine Parlaments-Delegation zur internationalen Klimaschutzkonferenz auf Bali gereist sei, hätten sich die Abgeordneten nun vor den Karren der Hersteller von Spritfressern spannen lassen und gegen eine Umorientierung auf sparsame und zukunftsfreundliche Autos gestimmt. Damit werde der Klimaschutz "wieder auf die lange Bank geschoben." Von der SPD hieß es, die sozialdemokratische Fraktion habe dem so genannten "Cars 21"-Bericht zur Zukunft des Autosektors nur abgesegnet, da er auch positive Elemente - wie etwa zur Straßensicherheit - enthalte. Zu den umstrittenen Grenzwerten aber gebe es einen Fraktionsbeschluss, der 2012 als verbindliches Startdatum und ein Limit von 120 Gramm CO2 pro Kilometer unterstütze.