Wie ist das so als junger Abgeordneter im Bundestag?" Diese Frage hat Florian Toncar in den vergangenen zwei Jahren häufig gehört, schließlich war er, als er 2005 in das deutsche Parlament gewählt wurde, nicht nur ein Neuling dort, sondern mit seinen damals 25 Jahren auch der Jüngste in seiner Fraktion, der FDP. Der Jüngste ist der Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe dort noch immer, doch seine Antwort auf die oft gestellte Frage klingt inzwischen routiniert und abgeklärt: "Arbeitsreich - so wie für alle anderen auch."
Mit seinem Alter geht der heute 28-Jährige aus dem schwäbischen Böblingen dennoch offensiv um. Es ist ein Pfund, mit dem er wuchern kann. Als Junger will er schließlich nicht nur "staunen, wie toll das alles im Bundestag funktioniert" - er sieht seine Aufgabe vielmehr darin, kritisch zu hinterfragen, ob tatsächlich alles genauso laufen muss, wie in den letzten zehn, zwanzig Jahren. "Ich will etwas inhaltlich verändern, neuen Schwung in die Politik bringen", verspricht Toncar in einer auf seiner Website veröffentlichten Videobotschaft.
Ein bisschen erinnert der FDP-Abgeordnete darin an Oliver Bierhoff, den die Medien oft als smarten, aber etwas glatten Sonnyboy darstellen. Ebenso wie der Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft trägt auch Toncar gern gut geschnittene Anzüge und weiß sich vor laufender Kamera eloquent zu präsentieren. Doch dem Politiker geht es um mehr: "Ich möchte Politik machen für meine Generation, für junge Erwachsene und Jugendliche." Er spricht mit Nachdruck, die Themen liegen schließlich auf der Hand: Nachhaltigkeit, Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit. "Wir sind eben eine andere Generation als die davor - zwar nicht im Kalten Krieg aufgewachsen, sondern im vereinten Deutschland. Dafür spüren wir eine größere Unsicherheit bei der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen." Selbst hat Florian Toncar das allerdings noch nicht erlebt: Bisher ging in seinem Leben alles nach Plan: Abitur, Wehrdienst, Jurastudium in Regensburg, Heidelberg und Cambridge mit Stipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung. Sein erstes Staatsexamen war 2005 das Beste des Jahres in Baden-Württemberg. Das Referendariat und zweite Staatsexamen hat er gerade im vergangenen Oktober bestanden - wieder mit sehr guten Noten, trotz zeitlicher Belastung durch das Bundestagsmandat. Wie er das geschafft hat? "Ach, empfehlen kann ich es nicht", sagt Toncar und lächelt, "aber es geht!" Bescheiden klingt das, aber auch ein bisschen stolz. Diszipliniert und zielstrebig, so ist Toncar offenbar auch sein politisches Engagement angegangen: Als Jugendlicher hatte er mit Parteien zwar noch wenig im Sinn, aber bereits als Erstwähler studierte er vor der Bundestagswahl 1998 eingehend die Programme aller Parteien, um herauszufinden, welche die richtige für ihn ist. Die Entscheidung fiel schnell: Noch im selben Jahr trat er in die FDP ein. Spontan, wie Toncar sagt, als Protest gegen die Politik des damaligen Kurzzeit-Finanzministers und SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Ihn reizte die FDP, die sich nach den Jahren in der Regierung nun in der Opposition zu modernisieren begann.
"Nach der bleiernen Zeit der Kohl-Jahre bewegte sich viel, Junge bekamen ihre Chance", erzählt Toncar. Die wollte auch er. Sein Parteieintritt blieb kein flüchtiges Engagement: Der Abiturient wurde noch 1998 Beisitzer im FDP-Kreisvorstand Böblingen, engagierte sich später während des Studiums bei den Jungliberalen, deren Vorsitzender er in Baden-Württemberg drei Jahre lang war. "Ich übernehme gern Verantwortung", sagt Toncar, "ich will eben nicht nur mitmachen, sondern halte auch meinen Kopf hin - auch wenn es mal unangenehm wird." Doch so unangenehm ist es wohl nicht geworden. Auch wenn sich die Bundespolitik als wesentlich "komplexer" erwiesen hat als erwartet, und Toncar vor allem die "Kurzatmigkeit" der Berliner Mediendemokratie nervt. Des Abgeordnetendaseins ist er nach zwei Jahren im Bundestag dennoch nicht überdrüssig geworden. Eines stört ihn allerdings gewaltig: "Wenn mich Freunde mit 'Herr Abgeordneter' ansprechen! Das hasse ich wirklich!"