USA
Die Folgekosten des Krieges steigen ins Unermessliche. Ein Ausweg ist nicht in Sicht
Saddam Hussein wurde gestürzt; aber sicherer ist die Welt deshalb nicht geworden; der islamistische Terror ist nicht weniger gefährlich. Gewonnen hat der Iran, das Ansehen der USA ist dramatisch gesunken. Die demonstrative Demokratisierung der Region erwies sich als Illusion. Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter, sieht den bleibenden Wert des Irak-Krieges denn auch darin, der Friedhof neokonservativer Träume zu sein.
Selbst Befürworter des Angriffs wie Richard Perle und Kenneth Adelman beklagen die Inkompetenz von Bush, Cheney, Rumsfeld und Rice. "Glauben Sie, dass wir derzeit im Irak gewinnen?", wurde Robert Gates als designierter Verteidigungsminister gefragt; seine Antwort: "No, Sir." Gates gehörte der Baker-Hamilton-Kommission an, die warnte, kein Ansatz garantiere, dass das Abrutschen ins Chaos gestoppt werden könne.
Der nächste Präsident - John McCain, Hillary Clinton oder Barack Obama -, wird vor der Frage stehen: "Wie kommen wir aus dem Schlamassel raus, den wir uns selbst eingebrockt haben?" Dass irakische Kräfte eines Tages die Sicherheit des Landes garantieren können, bleibt das Prinzip Hoffnung der amerikanischen Außenpolitik.
Große amerikanische Zeitungen veröffentlichen in regelmäßigen Abständen "Gesichter der Gefallenen". Inzwischen sind es fast 4.000. Die Zahl der verletzten Amerikaner in Uniform wird mit 30.000 angegeben.
Der Republikaner John McCain rühmt sich, die Strategie von Verteidigungsminister Rumsfeld für verfehlt gehalten zu haben. Trotzdem stimmte er für den Krieg - wie auch die Demokratin Hillary Clinton, die darin immer noch keinen Fehler erkennen will. Barack Obama widersprach dem Krieg von Anfang an; mithin verweist er auf sein Urteilsvermögen, um die fehlende Erfahrung wettzumachen. Als Präsidentin will Clinton sechs Wochen nach Amtsantritt mit dem Truppenabzug beginnen; der Rest bleibt vage. Der führende Außenpolitiker der Demokraten, Senator Biden von Delaware, warnt: Lassen wir im Irak ein Chaos zurück, müssen wir uns auf einen regionalen Krieg gefasst machen, in den Iraner, Saudis und Türken hineingezogen werden.
Die 5-jährige Präsenz im Irak strapazieren die Streitkräfte und die Steuerzahler mehr und mehr. Als Bushs Wirtschaftsberater die voraussichtlichen Kriegskosten auf 200 bis 300 Milliarden Dollar schätzte, kommentierte Rumsfeld als das "Quatsch". Sein Stellvertreter Paul Wolfowitz machte Amerika glauben, Iraks Wiederaufbau lasse sich aus den Öleinnahmen finanzieren. Inzwischen schätzt der Rechnungshof die Gesamtkosten bis 2017 auf 1,2 bis 1,7 Billionen Dollar. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und eine Kollegin veranschlagen 1,7 bis 2,7 Billionen, 816 Milliarden für den Schuldendienst eingeschlossen. Nach ihrer Rechnung kostet der Einsatz im Irak jetzt 12 und der in Afghanistan 4 Milliarden Dollar monatlich; zusammen wäre das jeden Tag über 500 Millionen. Wenn Präsident Bush im Januar das Weiße Haus räumt, dürfte die Billion erreicht sein. Das wäre mehr, als die zwölf Jahre Krieg in Vietnam gekostet haben. Vor diesem Hintergrund wird Bushs Bitte um Unterstützung, wenn nicht im Irak, dann in Afghanistan, fast schon unausweichlich; die kommende NATO-Tagung wird es zeigen.