Kraft-Wärme-Kopplung
Die finanzielle Ausstattung des neuen Förderprogramms ist umstritten
Der Durchbruch ist gelungen, doch noch ist vieles offen. Nach über zweijährigem zähen Ringen in der Großen Koalition hat die Bundesregierung im Rahmen ihres Klimapakets einen Gesetzentwurf ( 16/8305) zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) präsentiert, der den Anteil dieser umweltfreundlichen Energie an der Stromproduktion bis 2020 auf 25 Prozent verdoppeln soll. Nach Ansicht von Kritikern etwa beim Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und bei der KWK-Lobby ist dieses ambitionierte Ziel mit einer Fördersumme von jährlich 750 Millionen Euro freilich nicht zu schaffen. Nach ersten Durchgängen im Bundesrat und im Bundestag dreht es sich bei den Verhandlungen, die im April in die entscheidende Runde gehen, denn auch vor allem um die Ausstattung dieses Subventionstopfs. Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein hofft dabei "auf eine Lösung im Konsens, da er die KWK für einen Eckpfeiler des deutschen Energie- und Klimaprogramms" hält. Das Gesetz soll bis zur Sommerpause verabschiedet werden.
Als Vorreiter beim Kampf gegen die Erderwärmung will Deutschland bis 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent senken. Eine zentrale Rolle in dieser Strategie soll der Ausbau der KWK spielen, also die gemeinsame Erzeugung von Elektrizität und Heizkraft. Mit Hilfe dieser Energiegewinnung könne, so VKU-Sprecherin Rosemarie Folle, "auf preisgünstige Weise viel Kohlendioxid eingespart werden". KWK-Anlagen wandeln 90 Prozent der meist aus fossilen Quellen stammenden Energie in Strom und Wärme um. Andere Staaten sind schon weiter als die Bundesrepublik: In Dänemark beträgt der KWK-Anteil an der Elektrizitätsherstellung 53 Prozent, in Holland 38 Prozent, in Finnland 36 Prozent. Adi Golbach, Geschäftsführer des Bundesverbands KWK, hält eine Quote von 60 Prozent im Prinzip für möglich.
Nach dem ausgelaufenen Förderprogramm der rot-grünen Koalition konnten letztmals Ende 2005 Anträge auf Zuschüsse zur Einspeisevergütung für KWK-Strom eingereicht werden. Die schwarz-rote Regierung will kleinen KWK-Kraftwerken bis zu zwei Megawatt (MW) einen Zuschlag von 2,1 Cent pro Kilowattstunde zusprechen, bei mehr als zwei MW sind es 1,5 Cent. Unterstützt werden soll künftig nicht nur die ins öffentliche Netz geleitete Elektrizität, sondern auch die Stromgewinnung zur Eigenversorgung industrieller Unternehmen. Subventionen würden im Jahr der Inbetriebnahme einer Anlage und in fünf Folgejahren gewährt, bei kleinen Kraftwerken bis zu 50 MW sind es acht Jahre. Die von den Netzbetreibern an die Elektrizitätserzeuger zu zahlenden Preisaufschläge können auf die Endkunden umgelegt werden, die mithin das KWK-Programm finanzieren.
Hauptstreitpunkt ist die Deckelung der Förderung, die jährlich 750 Millionen Euro nicht übersteigen soll. 600 Millionen würden in die Stromproduktion und 150 Millionen in den Ausbau von Wärmenetzen fließen: KWK ist nur sinnvoll, wenn die derart hergestellte Heizenergie den Weg in Wohnungen findet. Wird die Marge von 750 Millionen Euro überschritten, sollen die Zuschüsse für Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als zehn Megawatt gekürzt werden.
Zwar wird der Vorstoß des Kabinetts allenthalben als Fortschritt gewürdigt. VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck spricht von einem "Erfolg". Doch es existieren erhebliche Zweifel, ob mit 750 Millionen Euro pro Jahr der Anteil des KWK-Stroms an der Elektrizitätsgewinnung auf 25 Prozent erhöht werden kann. Ulrich Kelber, Vize-Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion: "Derart ist diese Quote bis 2020 nur schwer zu ." So sieht es auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Aus Golbachs Sicht mutet selbst eine 20-Prozent-Marge schon optimistisch an. Der BUND verlangt die Verdoppelung der jährlichen Unterstützung auf 1,5 Milliarden Euro. Im Sinne des VKU und des KWK-Verbands will sich die SPD, wie Kelber ankündigt, für eine Erhöhung der Fördersumme auf 950 Millionen Euro stark machen. Kelber hat zudem eine "dynamische Komponente" im Auge: Die in der Anlaufphase des neuen Programms nicht abgerufenen Gelder dürften nicht verfallen, sondern müssten später eingesetzt werden können. Erfreut sind der SPD-Politiker und die Verbände über das Ergebnis der ersten Beratungen im Bundesrat, der für eine Aufstockung des Subventionstopfs plädiert.
Nüßlein geht "offen" in die anstehenden Gespräche. Der CSU-Abgeordnete ist grundsätzlich für eine Deckelung der Unterstützung, "staatlich verursachte Belastungen der Stromverbraucher" seien zu begrenzen. Allerdings müsse diskutiert werden, ob mit dem derzeit geplanten Instrumentarium der angestrebte Ausbau der KWK ermöglicht werden könne. Die Quote von 750 Millionen Euro pro Jahr werde jedenfalls rasch ausgeschöpft sein. Denkbar ist für Nüßlein eine Erhöhung dieser Fördersumme, aber auch eine Reduzierung der Zahl der Zuschlagsberechtigten.
Es gibt also genug Stoff für Verhandlungen. Zumal die SPD laut Kelber die Forderung des VKU unterstützen will, KWK-Betreibern Förderanträge statt bis 2014 bis Ende 2015 zu gestatten und den KWK-Anteil von 25 Prozent an der Elektrizitätsproduktion verbindlich im Gesetz zu verankern. Folle: "Falls sich abzeichnen sollte, dass diese Vorgabe nicht erreicht wird, müsste man beim Förderprogramm nachjustieren."
Trotz aller Konflikte: Mit der klimaschonenden KWK geht es voran. Schon vor der Verabschiedung des Gesetzes planen die Stadtwerke, die eine KWK-Quote von 80 Prozent an ihren Stromerzeugungskapazitäten haben, neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 2600 MW.