Dass der Düsseldorfer Energiekonzern Eon seine Stromübertragungsnetze verkaufen will, hat vor Kurzem für Überraschung gesorgt. Nicht zuletzt bei der Bundesregierung, denn Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat auf der Brüsseler Bühne alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die von der EU-Kommission betriebene Entflechtung von Stromerzeugung und Netzbetrieb zu verhindern. Hintergrund ist der mangelnde Wettbewerb auf dem Stromsektor in Deutschland, wo sich vier Oligopolisten, neben Eon sind dies RWE, Energie Baden-Württemberg (EnBW) und Vattenfall, den Markt aufgeteilt haben. Die von der Liberalisierung des Strommarktes erhofften niedrigeren Strompreise waren ausgeblieben. Der EU-Kommissarin Neelie Kroes ist dies seit Längerem ein Dorn im Auge. Vehement setzt sich die Niederländerin für eine eigentumsrechtliche Entflechtung von Stromerzeugung und Netzbetrieb, das so genannte "ownership unbundling", ein. Dass mit Eon ein betroffener Konzern freiwillig die Brüsseler Forderung erfüllen will, war für den Kurs der Bundesregierung nicht gerade hilfreich.
Das Eon-Vorgehen wirft ein Schlaglicht auf die wettbewerbsrechtliche Situation im Land. Der Bundestag beschäftigte sich am 13. März mit einigen Initiativen der FDP und der Linksfraktion zu diesem Thema. Die Linke hat in einem Antrag ( 16/8494) gefordert, die Eon-Übertragungsnetze zu verstaatlichen. Stromnetze seien ein natürliches Monopol und dürften weder in die Hände privater Finanzspekulanten noch anderer privater Investoren fallen, heißt es darin. Eon habe jahrelang zu hohe Netzgebühren kassiert und dringend notwendige Investitionen in die Netze unterlassen. Ein solcher "Missbrauch der Netzinfrastruktur" rechtfertigt aus Sicht der Linken eine Vergesellschaftung im Sinne des Grundgesetzes.
Mit diesem Antrag sowie mit einem Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( 16/8405) wird sich nun den Wirtschaftsausschuss befassen. Für die Fraktion ist die erzwungene Entflechtung von Stromerzeugung und Netzbetrieb die "ultima ratio", wenn ein wirksamer Wettbewerb sonst nicht erreicht werden kann. Die FDP nennt in ihrem Entwurf die Voraussetzungen, unter denen eine Entflechtung möglich sein soll. So müsse es sich um einen Markt mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung handeln, und das betroffene Unternehmen müsse eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Auch dürfe in absehbarer Zeit kein wesentlicher Wettbewerb zu erwarten sein. Allerdings solle das Unternehmen die Entflechtung mitgestalten können. Das Bundeskartellamt solle die Zustimmung zu einem Vertrag mit einem vom Unternehmen ausgesuchten Käufer nur verweigern dürfen, wenn mit diesem Vertrag eine Entflechtung verhindert würde. Für den Fall des Verkaufs von Unternehmensteilen an Dritte müsse der Kreis potenzieller Käufer vom Gesetz begrenzt werden. Auszuschließen sei, so die Liberalen, dass andere Oligopolisten auf dem Markt oder sogar konzerneigene Unternehmen als Käufer auftreten. Für die Entflechtung will die Fraktion den Unternehmen zwei bis drei Jahre Zeit geben.
Abgelehnt hat der Bundestag auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses ( 16/5946) einen Antrag der FDP-Fraktion ( 16/4065), die Bundesregierung solle eine Entflechtungsregelung in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen aufnehmen und sich auf EU-Ebene für eine solche Regelung einsetzen. Die Grünen unterstützten diesen Antrag, Die Linke enthielt sich.
Keine Mehrheit fand auch ein weiterer Antrag der Liberalen ( 16/7112), die Bundesregierung solle sich gegen Protektionismus wenden und für die weitere Liberalisierung ehemaliger Monopolmärkte, für einen geringeren Staatseinfluss bei Deutscher Post AG, Deutscher Telekom AG und beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, eintreten. Der Bundestag lehnte den Antrag mit den Stimmen der übrigen Fraktionen auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses ( 16/8263) ab. r