Spielzeug
Eine neue Richtlinie soll
Puppen und Bauklötze sicherer
machen. Fraktionen setzen sich für
das GS-Zeichen ein. Aber Unternehmen
befürchten höhere Kosten
Ostern werden viele Kinder in Deutschland nicht nur bunte Eier und Süßigkeiten suchen. Schon seit Jahren bringt der Osterhase auch Geschenke, die früher eher dem Weihnachtsmann vorbehalten waren. Fahrräder etwa oder im Trend liegende Turnschuhe und natürlich alle Arten von Spielzeug. Dass ausgerechnet Spielzeug Risiken birgt und Kinder krank machen kann, ist ins öffentliche Bewusstsein im vorigen Sommer gerückt, als der US-Spielzeugriese Mattel zwei große Rückrufaktionen startete. Bei einer Charge Spielzeugautos waren die Bleiwerte in der Farbe zu hoch, bei einer Sorte Magnetspielzeuge ließen sich kleine Magneten entfernen. Die Gefahr war groß, dass diese von Kleinkindern in den Mund genommen und verschluckt würden.
Die Rückrufaktion hat bei den Verbrauchern die Frage nach der Spielzeugsicherheit aufgeworfen. Diese wird grundsätzlich in der EU-Spielzeugrichtlinie von 1988 geregelt. Seit drei Jahren arbeitet die Europäische Kommission an einer Überarbeitung dieser Richtlinie. Beschleunigt durch den öffentlichen Druck hat sie Ende Januar einen Vorschlag für eine Neufassung vorgestellt. Er sieht im Kern strengere Sicherheitsanforderungen, bessere Kontrollen und ein Verbot zahlreicher gesundheitsschädlicher Substanzen vor. So sollen beispielsweise alle Stoffe verboten werden, die Krebs erregen, das Erbgut verändern oder Allergien erzeugen können. Die Mitgliedstaaten werden zu verstärkter Überwachung des Marktes und zu mehr Kontrollen an den Außengrenzen verpflichtet. Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag noch zustimmen.
Deshalb setzen sich auch die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Bündnisgrünen für sicheres Spielzeug ein. In ihren Anträgen ( 16/8496, 16/7837), die der Bundestag am 13. März an die Ausschüsse überwies, fordern sie unter anderem die Bundesregierung auf, sich für die Gleichstellung von Spielzeug aus Kunststoffmaterialien mit so genannten Lebensmittelbedarfsgegenständen einzusetzen - sofern das Spielzeug in den Mund genommen werden kann. Weiter soll die Regierung ein Verbot von krebserregenden, erbgut- und fortpflanzungsschädigenden Stoffen anstreben und sich dafür einsetzen, dass das Vorsorgeprinzip angewandt wird, wenn sich das Risiko durch eine wissenschaftliche Bewertung nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen lässt. Schließlich fordern die Fraktionen die Bundesregierung auf, sich für ein komplettes Verbot aller allergenen Duftstoffe im Spielzeugbereich einzusetzen und für den Erhalt der freiwilligen nationalen Prüfzeichen wie zum Beispiel das GS-Zeichen ("Geprüfte Sicherheit") zu sorgen. Schließlich sollen die Hersteller generell verpflichtet werden, ihre Produkte präventiv von unabhängigen Dritten prüfen zu lassen.
Auch die neue Spielzeugrichtlinie orientiert sich nach Auffassung von EU-Industriekommissar Günter Verheugen an den aktuellen Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz und gewährleistet eine wirksamere Durchsetzung des EU-Rechts als bisher. Dem stimmt der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie (DVSI) grundsätzlich zu. "Der Ansatz ist richtig, aber der Weg ist falsch", so DVSI-Geschäftsführer Volker Schmid. Was die Branche brauche, seien nicht noch mehr Regeln oder Verbote, sondern eine bessere Kontrolle der Produktions- und Handelsprozesse. Schon heute sei Spielzeug in Europa das mit Abstand am ausführlichsten geregelte Konsumgut. "Wir brauchen im Grunde nur zwei Dinge", meint er, "den Erstmustertest, in dem der Hersteller beweisen muss, dass er alle Vorschriften erfüllt, und den Test, dass das Serienprodukt mit dem Erstmuster übereinstimmt."
Mit der neuen Spielzeugrichtlinie komme eine Kostenwelle auf die Hersteller zu, sagt Schmid voraus. Das werde vor allem heimische Hersteller von Qualitätsspielzeug hart treffen. "Die hohen Prüfkosten verbieten die Entwicklung kleiner Serien. Die Vielfalt des europäischen Spielzeugmarktes geht verloren." Rund 70 Prozent des Spielzeugs in Deutschland wird importiert. Das meiste kommt aus chinesischer Produktion.
Daneben können sich die deutschen Hersteller aber bislang gut behaupten, weil sie Produkte anbieten, die nicht importiert werden: Qualitätsspielzeug wie beispielsweise hochwertiges Holzspielzeug. Mit den zu erwartenden höheren Kosten durch mehr Prüfungen und Kontrollen könnte sich dies ändern. Auch aus Sicht der Verbraucherschützer lässt der neue Kommissionsvorschlag einiges zu wünschen übrig. Die Kritik entzündet sich an den Prüfzeichen. Im Entwurf der Kommission ist vorgesehen, dass das europäische CE-Kennzeichen erhalten bleibt, dass es lediglich besser sichtbar auf dem Spielzeug angebracht werden muss. Deutsche Verbraucherschützer hatten dagegen die Einführung eines Gütesiegels nach dem Vorbild des deutschen GS-Zeichens gefordert. Mit der CE-Kennzeichnung gibt ein Hersteller bloß an, dass seine Ware den EU-Regeln entspricht. Das kann stimmen, muss aber nicht.
Der Entwurf verzichtet aber nicht nur auf ein echtes EU-Prüfzeichen, er legt den Mitgliedsländern sogar nahe, auf eigene Prüfungen zu verzichten. "Grenzwerte und Verbote würden ins Leere laufen, wenn gleichzeitig die Kontrolle durch Dritte beendigt würde", erklärt Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Zusammen mit dem TÜV fordert er, dass die unabhängige Prüfung im Rahmen des GS-Verfahrens nicht nur erlaubt, sondern zur Pflicht gemacht wird.