Wohn-riester
Ein Eigenheim gilt als gute Altersvorsorge. Findet auch die Koalition - und will sie fördern
Es gilt als hässlich, hungrig und erfolggefährdend: das Bürokratiemonster. Kein Wunder also, dass die Finanzexperten der Großen Koalition sich am 25. April im Bundestag mühten, den Vorwurf von FDP und Grünen abzuwehren, ihr Entwurf für ein Eigenheimrentengesetz (EigRentG, 16/8869) sei ein solches Scheusal. Mit dem EigRentG, besser unter dem Namen Wohn-Riester bekannt, solle Wohneigentum künftig besser als Form der Altersvorsorge gefördert werden, erläuterten der Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) und der SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Krüger unisono. Schließlich hielten 61 Prozent der Deutschen eine Immobile für die beste Altersvorsorge, attestierte der Finanzausschussvorsitzende Eduard Oswald (CSU).
"Der Anspruch ist ja richtig", konterte Grünen-Fraktionsvize Christine Scheel in der Debatte, "aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander." Ihr Amtskollege von der FDP, Carl-Ludwig Thiele, fragte, ob es wirklich nötig gewesen sei, die Förderung des Wohneigentums "so kompliziert" zu gestalten. Es gebe acht neue Verordnungen, außerdem kämen auf die Unternehmen 21 neue Informationspflichten zu.
Wie funktioniert nun der neue Wohn-Riester nach den Vorstellungen der Koalition? Die bislang gut zehn Millionen Riester-Sparer können einerseits ihr angesammeltes Kapital künftig vollständig für den Kauf oder Bau einer selbstgenutzten Wohnimmobilie sowie den Erwerb von Anteilen an Wohngenossenschaften einsetzen. Bislang konnten maximal 50.000 Euro dafür verwendet werden. Wegfallen soll die bisherige Bestimmung, dass der entnommene Betrag bis zum Renteneintritt wieder in den Riester-Vertrag zurückgezahlt sein muss.
Andererseits können diejenigen, die ein Baufinanzierungsdarlehen aufnehmen, die staatlichen Zulagen und die Eigensparbeträge zur Tilgung nutzen, allerdings erst, wenn der Riester-Vertrag ausgezahlt wird, also zwischen dem 60. und dem 68. Lebensjahr. Die Riester-Grundzulage beträgt 154 Euro pro Jahr, die Kinderzulage 185 Euro und für ab 2008 geborene Kinder 300 Euro.
Wie bei anderen Riester-Produkten auch fallen beim Wohn-Riester in der Erwerbsphase der Sparer keine Steuern an, sondern erst bei Renteneintritt. Um die nachgelagerte Besteuerung zu ermöglichen, werden fiktive Wohnförderkontos eingerichtet. Auf diesen werden die in der Immobilie gebundenen steuerlich geförderten Beträge plus zwei Prozent Zinsen erfasst und als Basis für die Besteuerung betrachtet. Entweder wird die Steuerschuld dann auf einen Schlag bezahlt. Dann müssen nur 70 Prozent des geförderten Kapitals mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden. Oder der Riester-Häuslebauer entscheidet sich, die Steuerschuld über einen Zeitraum von 17 bis 25 Jahren abzuzahlen. Stirbt der geförderte Eigentümer bevor das Förderkonto voll versteuert ist, wird der Erbe zur Kasse gebeten.
Ferner ist in dem Entwurf vorgesehen, den Anspruch auf die Wohnungsbauprämie nur noch dann zu gewähren, wenn das Kapital tatsächlich in Wohneigentum investiert wird. Bisher ist es möglich, das Ersparte nach Ablauf von sieben Jahren auch für andere Zwecke zu verwenden. Außerdem soll ein Bonus für junge Leute geschaffen werden. Wer vor Vollendung des 21. Lebensjahres einen Riester-Vertrag abschließt, erhält einen einmaligen Bonus von 100 Euro.
"Was wir beschließen, ist viel einfacher als das, was wir heute haben", sagte Unions-Finanzfachmann Meister. Er räumte jedoch ein, man könne vielleicht "das eine oder andere noch leichter machen". Sein Fraktionskollege Oswald pochte gleichwohl darauf, dass mit dem Wohn-Riester die "Diskriminierung der Wohnimmobilie im System der Altersvorsorge abgeschafft" werde und der "Wohnungsbau wieder in Schwung" kommen könne.
Genau das bezweifelten FDP und Grüne. Der Wohn-Riester sei "als Ersatz für die weggefallene Eigenheimzulage unzureichend", sagte der Liberale Thiele. Und Christine Scheel betonte, statt eine "attraktive, einfache und verständliche Förderung" von Wohneigentum auf den Weg zu bringen, sei der Koalitionsvorschlag "komplex, verwaltungsaufwendig und kostenintensiv". Damit werde es auch nichts mit dem Ankurbeln des Wohnungsbaus. Sie äußerte wie mehrere andere Redner - auch der Union - die Erwartung, dass in den parlamentarischen Beratungen einiges geändert werde.
Lediglich der Linksparlamentarier Volker Schneider übte grundsätzliche Kritik an der Riester-Rente. In dem Moment, wo jeder für sich selbst sorgt, werde das Solidarsystem aufgehoben, bemängelte er.
Das Gesetz soll bis zum Sommer verabschiedet sein und rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Der Bundesrat muss der Vorlage zustimmen.