GESETZESNOVELLE
Bundestag reformiert Wohngeldrecht - Heizkosten werden einbezogen
Das Wichtigste steht häufig im Kleingedruckten. So klein, dass man es fast übersehen könnte. Ein bisschen so ist es auch beim neuen Wohngeldrecht. Mit dem Unterschied, dass nicht ein wichtiger Haken im Kleingedruckten versteckt ist, sondern die entscheidene Verbesserung zwischen den Paragrafen. Fünf Worte, zwei Ziffern, eine Abkürzung und ein Sonderzeichen lang ist der Halbsatz, der besagt, dass Heizkosten erstmals in die Berechnung des Wohngeldsatzes einbezogen werden. Dieser setze sich zusammen aus der Miete und "dem Betrag für Heizkosten nach § 12 Abs. 6", heißt es dort. Der Neufassung des Wohngeldrechts ( 16/6543) in der durch die Koalitionsfraktionen geänderten Fassung ( 16/8918) zufolge werden die Heizkosten mit Pauschalsätzen, die abhängig sind von der Anzahl der im wohngeldberechtigten Haushalt lebenden Personen, monatlich bezuschusst. Der Bundestag hat den Entwurf am 25. April einstimmig angenommen, allerdings muss noch der Bundesrat zustimmen, damit das Gesetz 2009 in Kraft treten kann.
Einem Ein-Personen-Haushalt stehen demnach 24 Euro monatlich, zwei Personen 31, drei 37, vier 43 und fünf Personen 49 Euro zu. Für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied werden jeweils 6 Euro angesetzt. Die Pauschalsätze entsprechen einem Heizkostenzuschuss von 50 Cent pro Quadratmeter.
Zweiter Teil der Leistungsnovelle des Wohngeldrechts ist die Anhebung der Miethöchstbeträge um zehn und die Anhebung der so genannten Tabellenwerte um acht Prozent.
Durschnittlich erhöht sich das staatliche Wohngeld damit von derzeit 90 auf 142 Euro monatlich.
Ein Erfolg, den alle Fraktionen gerne für sich verbuchen wollen. Denn eigentlich hatte die Novelle des Wohngeldrechts bereits im November des vergangenen Jahres verabschiedet werden sollen, wurde aber dadurch gestoppt, dass die Oppositionsfraktionen in einer Anhörung noch Experten zum Thema hören wollten. In dem dieser Anhörung zugrunde liegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung war weder die Einbeziehung der Heizkosten noch eine Erhöhung der so genannten Tabellenwerte und der Miethöchstsätze vorgesehen gewesen.
Ursprünglich sollte nämlich nur die Verwaltungspraxis beim Wohngeld vereinfacht werden - die so genannte Verwaltungsnovelle, zweite Säule des neuen Gesetzes. Bisher waren vier Baualtersklassen und die exakte Wohnungsgröße maßgeblich für die Berechnung des Wohngeldes. Beides fällt mit dem neuen Gesetz weg: die Baualtersklassen sind ganz abgeschafft, und zur Berechnung des Wohngeldsatzes spielt nur die Anzahl der Haushaltsmitglieder, nicht aber die Wohnungsgröße eine Rolle. Außerdem werden mit der Novelle der Haushaltsbegriff neu gefasst, die Rückforderung zu viel bezahlten Wohngelds im Todesfall vereinfacht und eine gesamtschuldnerische Haftung aller Haushaltsmitglieder eingeführt.
Alles in allem rechnet die Bundesregierung mit Mehrkosten von jährlich 520 Millionen Euro, die je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern übernommen werden sollen. Eingespart werden soll bei den Kommunen einerseits durch die vereinfachte Verwaltungspraxis, andererseits dadurch, dass Geringverdiener, die bisher zusätzlich Hartz IV beziehen und deren Unterkunftskosten inklusiv Energiekosten komplett von den Kommunen getragen werden - nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch -, nun ins Wohngeld rutschen. Wie viele Haushalte das betreffen wird, ist noch unklar. Das zuständige Verkehrsministerium kalkuliert mit rund 70.000 Bedarfsgemeinschaften. Da sich alle Fraktionen zumindest ein bisschen mit verantwortlich fühlen für das, was SPD und Unionsfraktion in der abschließenden Ausschussberatung am 23. April bereits als "sozialpolitischen Meilenstein" bezeichnet hatten, und ein Stück des Erfolgs für sich gutschreiben wollen, ist es nicht verwunderlich, dass sowohl Koalition, als auch Oppositionsfraktionen grundsätzlich zufrieden sind mit der Neufassung. Allerdings: Die Opposition will mehr.
Trotz aller Verbesserungen sei die Novelle des Wohngeldrechts , die 2009 in Kraft treten soll, "noch kein sozialpolitisches Glanzstück", kritisierte etwa Bettina Herlitzius für Bündnis 90/Die Grünen. Seinen Sinn, einkommensschwache Haushalte zu entlasten, könne das Gesetz nur erfüllen, wenn die Wohngeldbeträge dynamisch an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten gekoppelt seien.
Gleiches fordern die Linken unter anderem in einem Entschließungsantrag ( 16/8955), der am 25. April keine Mehrheit fand. Neben der jährlichen Anpassung des Wohngeldes an die "allgemeine Preisentwicklung" sollen die Kosten für Heizung und Warmwasserversorgung wie bei Empfängern von Hartz IV komplett übernommen werden, fordern sie. Horst Friedrich (FDP) kritisierte, dass auch mit dem neuen Gesetz der Grundkonflikt zwischen Leistungen nach SGB II (Unterbringungskosten) und Wohngeld nicht gelöst werde. Außerdem stellte er klar: "Wenn es die Anhörung im Dezember 2007 nicht gegeben hätte, würde es die Wohngelderhöhung wohl nicht geben." Ein bisschen von dem, was Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) als "Riesenerfolg" bezeichnete, will eben auch die Opposition für sich verbuchen.