SIMBABWE
Kritiker Mugabes werden weiter brutal verfolgt
Simbabwes Präsident Robert Mugabe (84) hatte sich gerade erst als Staatsoberhaupt wiedervereidigen lassen, da stürmten die mit Knüppeln und Maschinengewehren bewaffneten Jugendlichen die Farm der Campbells am Stadtrand von Harare und prügelten die drei weißen Bauern so lange, bis sie bewusstlos waren. Als der 75-jährige Mike Campbell am Tag darauf in einem Krankenhaus untersucht wurde, stellten die Ärzte unter anderem ein gebrochenes Schlüsselbein und eine schwere Gehirnerschütterung fest. Seiner 66-jährigen Frau hatten die "Green Bombers" genannten Jugendbanden, die im Auftrag und auf Rechnung von Mugabes ZANU-PF-Partei unterwegs sind, einen Arm gleich mehrfach gebrochen.
Wer gehofft hat, dass nach der umstrittenen Stichwahl vom 27. März, in der Mugabe ohne Gegenkandidat antrat, die Gewalt gegen mutmaßliche Mugabe-Kritiker ein Ende haben würde, hat leider Unrecht gehabt. Die oppositionelle "Bewegung für demokratischen Wandel" von Morgan Tsvangirai, der wegen der Gewalt gegen seine Anhänger von der Stichwahl zurücktrat, spricht inzwischen von weit mehr als 100 Opfern des Terrors, der vor allem die ländlichen Regionen trifft. Aus der zweitgrößten Stadt Bulawayo berichteten Busfahrer, "Bombers" würden seit Tagen all jene bedrohen, die nicht an allen vier Seiten ihres Busses Mugabe-Porträts angebracht hätten. Alles spricht dafür, dass Mugabe nach seine Niederlage die Opposition endgültig kalt stellen will.
Dass sich Afrikas Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen im ägyptischen Sharm El- Sheich Ende Juni nicht auf eine Verurteilung Mugabes einigen konnten, macht es noch leichter. Kritiker wie Botswanas Vize-Präsident Mompati Merafhe, der auf dem Treffen den Ausschluss Simbabwes aus der Afrikanischen Union (AU) und dem südafrikanischen Staatenbundes SADC forderte, übergeht Mugabe oder greift sie frontal an: "Raila Odinga hat afrikanisches Blut an den Händen", giftete Mugabes Sprecher George Charamba, als Kenias Premierminister eine große Koalition nach dem Vorbild Kenias in die Diskussion brachte. "Wir haben unsere eigene Geschichte und lösen unsere Konflikten auf simbabwische Art."
Auch der Druck des derzeitigen AU-Präsidenten, Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, reichte nicht aus, um die AU zum ersten Mal in ihrer fünfjährigen Geschichte zur Kritik an einem der Ihrigen zu bewegen. Überraschend ist das nicht: Mindestens 30 Führer der 53 AU-Mitgliedstaaten, so die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch", sind selbst unrechtmäßig an die Macht gelangt. Nach stundenlangen Diskussionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit präsentierte der Staatenbund eine moderate Resolution, der selbst Mugabe zustimmen konnte. Ganz allgemein werden Opposition und Regierung in Simbabwe zu Gesprächen aufgerufen. Diese könnten zur Bildung einer Koalitionsregierung führen -oder auch nicht. "Die Erklärung unterstützt, was der Präsident schon immer gefordert hat, einen Dialog", erklärte Mugabes Informationsminister Sikhanyiso Ndlovu.
Trotz der Forderung Tsvangirais nach einem neuen Mediator soll in Simbabwe weiterhin Südafrikas Präsident Thabo Mbeki vermitteln. Der hatte am Tag nach dem Gipfeltreffen erneut jeden Druck auf Mugabe abgelehnt. Eine Drohung von Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner, die EU werde eine simbabwische Regierung nur anerkennen, wenn Tsvangirai ihr vorstehe, wies Mbeki brüsk zurück.
Zwar steht Mbeki im eigenen Land zunehmend unter Druck: Sein designierter Nachfolger und Intimfeind Jacob Zuma unterstützt die Forderung nach einer großen Koalition. Südafrikas mächtiger Gewerkschaftsbund hat zudem mit Blockaden gegen Mugabe gedroht. Doch solange die Afrikanische Union ihn mehrheitlich unterstützt, kann Mbeki mit seiner seit Jahren ergebnislosen "stillen Diplomatie" fortfahren. Dass einer der wortstärksten regionalen Kritiker Mugabes, Sambias Präsident Levy Mwanawasa, nach einem Schlaganfall in Lebensgefahr schwebt, schwächt Tsvangirai weiter.
Kein Wunder, dass Tsvangirai Gespräche mit Mugabe vorerst ausschließt. "Die Voraussetzungen für einen Dialog mit Mugabe sind nicht gegeben", sagte Tsvangirai schlicht. Erst müsse die Gewalt beendet werden. Viele Optionen hat Tsvangirai indes nicht: Seine Anhänger haben zwar eine Mehrheit im Parlament, doch im Oberhaus, das alle Parlamentsbeschlüsse kassieren kann, kann Mugabe Abgeordnete ernennen und sich so die Mehrheit sichern. Nach dem brutalen Mord an der Ehefrau von Harares neuem Bürgermeister, einem Verbündeten Tsvangirais, dürften viele Oppositionsabgeordnete zudem an Courage verloren haben.
Unterdessen wachsen die Zweifel, wie sehr der greise Mugabe selbst noch Herr der Lage ist. Seit Wochen schon trifft das "Joint Operations Command" (JOC), in dem die Führungen von Militär, Polizei, Geheimdienst und Kriegsveteranen zusammengeschlossen sind, alle relevanten Entscheidungen. Das Gremium teilte kurz nach Mugabes Niederlage das Land in Zonen auf und entsandte loyale Militärs, die dort Wahlkampf im Stil eines Krieges führten. Die mächtigen Führer haben unter Mugabe Reichtümer angehäuft, die sie um jeden Preis verteidigen wollen: Vieles spricht dafür, dass Mugabe nur Frontmann einer Militärregierung bleiben darf, solange er nützlich bleibt.