UNESCO
2009 droht Dresden die Aberkennung des Welterbes
Am Tag nach dem Unesco-Bescheid regnet es in Dresden in Strömen. Die Bauarbeiter an der umstrittenen Baustelle der künftigen Waldschlösschenbrücke arbeiten trotzdem weiter - ebenso unverrückbar wie die vielen Diskussionen, Demonstrationen und Baumbesetzungen der vergangenen Monate. Und das soll auch so bleiben: "Die Beschlusslage ist unverändert, die Sprüche der Unesco haben hier in der Stadt keinerlei Einfluss", erklärt Holm Felber, Sprecher des Dresdner Regierungspräsidiums.
Die "Sprüche der Unesco" sind nicht mehr und nicht weniger als ein Ultimatum an die sächsische Landeshauptstadt. Werde "die Konstruktion der Brücke nicht gestoppt und der Schaden gutgemacht", will die Organisation das Elbtal 2009 von der Liste des Welterbes streichen. Während viele Beobachter damit gerechnet hatten, dass die Unesco auf ihrem Treffen in Québec am 2. und 3. Juli dem jahrelangen Streit ein Ende bereiten und den Titel entziehen würde, hat sie sich nun dafür entschieden, den Brückengegnern mehr Zeit zu geben, ihr Ziel zu erreichen.
Die kämpfen in Dresden allerdings einen schweren Kampf. Nur wenige Tage vor dem Unesco-Ultimatum hatte das Kuratorium "Unesco-Welterbe Dresdner Elbtal" entnervt hingeschmissen und seinen Rücktritt eingereicht. "Völlige Missachtung" sei den Stadträten verschiedener Parteien entgegengeschlagen, ihre Vorschläge, wie der Welterbe-Titel doch erhalten werden könne, seien auf "taube Ohren gestoßen": Die Aufgabe sei "unerfüllbar".
Knackpunkt des unendlichen Streits zwischen Brückenbefürwortern und -gegner ist ein Bürgerentscheid aus dem Jahre 2005, in dem die Dresdner für den Bau der Brücke stimmten.
Für den Chef des Welterbezentrums in Paris, Francesco Bandarin, war die Frage damals falsch gestellt. Man hätte vielmehr danach fragen wollen, ob die Bürger die Brücke auch um den Preis des Titelverlusts haben wollten. Er muss sich jedoch die Frage gefallen lassen, warum die Unesco den Titel - in der Kategorie "sich weiterentwickelnde Kulturlandschaft" - überhaupt verliehen hat, obwohl sie von den Brückenplänen wusste.
Für Felber ist klar: "Die Bürger dieser Stadt haben sich für den Brückenbau entschieden. Für einen Baustopp gibt es deshalb keine Handhabe." Ein neues Bürgerbegehren für einen Tunnel hat das Regierungspräsidium gerade erst für ungültig erklärt.
Einen Baustopp könnte in dieser verfahrenen Situation nur noch ein Gericht verhängen. Derzeit klagen verschiedene Naturschutzverbände gegen den Brückenbau, weil sie befürchten, dass damit geschützte Tierarten - unter anderem die viel zitierte Fledermausart Kleine Hufeisennase - gefährdet werden. Felber: "Dazu gab es am 3. Juli eine Verhandlung, in der 85 Beweisanträge vorgelegt wurden. Das Gericht hat bereits signalisiert, dass die Urteilsfindung noch längere Zeit dauern wird."
Bis dahin kann Dresden sich eines weiteren Paradoxons rühmen: Inzwischen steht die Stadt fast schon länger auf der roten Liste der Unesco, als sie den Titel uneingeschränkt tragen durfte.