Entwicklungspolitik
Der Etat wächst um zwölf Prozent
Verglichen mit den Haushaltsposten für Arbeit und Soziales, Verkehr oder Gesundheit ist der "Einzelplan 23" unscheinbar. Dennoch harmonierten die Entwicklungspolitiker bei der Einbringung des Etats am 17. September in ihrer Freude über die geplanten Mittel für 2009. Der Grund: Zum vierten Mal in Folge steigen die Ausgaben für die globale wirtschaftliche Zusammenarbeit Deutschlands mit Entwicklungs- und Schwellenländern - diesmal um mehr als zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Mit 5,7 Milliarden Euro haben wir einen Höchststand der Finanzierung in unserem Ministerium erreicht", konstatierte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) in der Debatte. "In den zehn Jahren, die ich für das BMZ zu verantworten habe, haben wir die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit fast verdoppelt", stellte die Ministerin selbstbewusst fest und erntete fraktionsübergreifend viel Lob für ihre Arbeit insgesamt und ihre Hartnäckigkeit im Kampf um die Mittel insbesondere: "Sie haben für Ihren Etat engagiert gekämpft", würdigte etwa Jürgen Koppelin (FDP) die "rote Heidi". Hüseyin-Kenan Aydin (Die Linke) nahm die geplante Mittelsteigerung "mit Freude zur Kenntnis". Inhaltlich gefiel der FDP vor allem, dass Wieczorek-Zeul zuvor angekündigt hatte, die "klassische finanzielle Zusammenarbeit" mit China zu beenden und die Kooperation auf eine neue Grundlage zu stellen. Damit habe sie die Kritik der Liberalen aufgegriffen, so Koppelin. Auf der Soll-Seite verbuchte er die geplante Steigerung der Budgethilfe. "Wir pumpen Geld direkt in einen Haushalt hinein und haben noch nicht einmal die Kontrolle", so das Urteil der FDP.
Damit wurde ein Thema angesprochen, das seit längerer Zeit kontrovers diskutiert wird. "Natürlich wird die Budgethilfe kontrolliert", konterte Bärbel Kofler (SPD). Es sei ein vernünftiges Instrumentarium zur Zusammenarbeit mit Ländern, die man auswählt und bei denen man genau prüft, ob mit ihnen eine solche Form der Zusammenarbeit möglich ist". Arnold Vaatz (CDU) zeigte sich eher skeptisch. "Richtig ist zunächst einmal, dass sich das Parlament jetzt jede einzelne geplante Budgethilfe vom BMZ zur Prüfung vorlegen lässt". Der Vorsitzende des Entwicklungsausschusses, Thilo Hoppe (Grüne), empfahl dagegen, die Mittel für die Budgethilfe zu erhöhen - "natürlich nicht unkoordiniert." Hoppe relativierte zugleich die Lobeshymnen auf den Haushaltsentwurf ("gut, aber nicht gut genug"). Er schlug "innovative Finanzierungsinstrumente" vor - eine Flugticketabgabe würde allein 300 Millionen Euro pro Jahr einbringen, eine Devisenumsatzsteuer gar Mehreinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. Hoppe kritisierte die Große Koalition, sie habe ihre Versprechen nicht gehalten, denn danach hätten die Mittel "Jahr um Jahr um 1 Milliarde Euro" steigen müssen. "Unter ihrer Mitverantwortung ist der Haushalt in diesem Bereich um 146 Millionen Euro gesunken", konterte Christian Ruck (CSU) in Anspielung auf die rot-grüne Koalition - und lieferte die passenden Zahlen dazu: "1998 lagen wir bei 425 Millionen Euro und im Jahr 2005 bei 193 Millionen Euro. Jetzt sind wir wieder bei fast 500 Millionen Euro."
Im Einzelnen präsentiert sich das Zahlenwerk des Entwicklungsministeriums für 2009 wie folgt: Der Etatentwurf für den Einzelplan 23 ( 16/9900) umfasst Ausgaben von 5,77 Milliarden Euro. In diesem Jahr sind es 5,13 Milliarden Euro. Dem stehen Einnahmen von 725,9 Millionen Euro (2008: 694,2 Millionen Euro) gegenüber. Den Löwenanteil bilden die Ausgaben für Investitionen in Höhe von 4,62 Milliarden Euro (3,89 Milliarden Euro), gefolgt von den Zuweisungen und Zuschüssen mit 1,05 Milliarden Euro (1,09 Milliarden Euro). Mit 57,45 Millionen Euro (52,05 Millionen Euro) sind die Personalausgaben vergleichsweise gering. Die sächlichen Verwaltungsausgaben belaufen sich auf 17,14 Millionen Euro (15,82 Millionen Euro). Den Großteil der Einnahmen machen Tilgungszahlungen von Darlehen im Rahmen der bilateralen Finanziellen Zusammenarbeit und Rückflüsse aus Treuhandbeteiligungen aus. Dafür sind für das kommende Jahr 530,6 Millionen Euro (495,5 Millionen Euro) angesetzt. Hinzu kommen die Zinsen aus solchen Darlehen in Höhe von 118,4 Millionen Euro (130 Millionen Euro).
Bei den Ausgaben ragt die bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit mit 1,56 Milliarden Euro (1,41 Milliarden Euro) heraus. Davon sollen allein 820 Millionen Euro (770 Millionen Euro) als Beitrag an den "Europäischen Entwicklungsfonds" der EU fließen. Aus dem Fonds werden Finanzhilfen an die so genannten AKP-Staaten vergeben, das sind 78 Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP), mit denen die EU Partnerschaftsabkommen abgeschlossen hat. Für die bilaterale Technische Zusammenarbeit sieht der Etatentwurf 750 Millionen Euro (730 Millionen Euro) vor. 200 Millionen Euro gehen erstmals an den Globalen Fonds der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Mit 185 Millionen Euro sollen Entwicklungsvorhaben der Kirchen gefördert werden. Für die institutionelle Förderung von Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit sind 193,79 Millionen Euro (175,89 Millionen Euro) eingeplant.