AUSWÄRTIGES AMT
Stabilität gilt in Europa als selbstverständlich - weil die Politik dafür weltweit viel tut
Nachdem die Sozialdemokraten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidaten nominiert hatten, war bereits gemutmaßt worden, dass deutsche Außenpolitik künftig unter anderen Vorzeichen stattfinde. Eine außenpolitischen Lähmung drohe gar, je näher der Wahltermin rücke, weil die Kanzlerin und der Außenminister gleichzeitig als Spitzenkandidaten ihrer Parteien fungierten, unkten Kritiker.
Merkel und Steinmeier hatten nicht umsonst öffentlich die Parole ausgegeben, die Koalition solle weiterregieren und nicht wahlkämpfen. Beide Politiker hielten sich am 17. September daran. Sachlich nüchtern analysierend, widmeten sich Merkel wie Steinmeier außenpolitischen Themen.
Für den Parteienforscher Jürgen Falter keine große Überraschung: Er glaube nicht, dass die Außenpolitik ein Wahlkampfthema werden wird. Dazu seien die Grundüberzeugungen zwischen Union und SPD zu deckungsgleich. Unterschiede gebe es höchstens in Nuancen: etwa wie man China oder Russland begegne. Deswegen glaube er, dass der Wahlkampf überwiegend mit innenpolitischen Themen geführt werde.
Steinmeier eröffnete seine Rede zum außenpolitischen Etat mit Kritik: In Deutschland und in Europa würden Frieden und Stabilität als etwas empfunden, was so selbstverständlich wie der Sonnenaufgang und das tägliche Brot sei. In vielen Teilen der Welt sei das leider nicht der Fall. Als Beispiel nannte er unter anderem die Auseinandersetzungen im Kaukasus. Der EU sei es zu verdanken, dass dieser Konflikt beendet wurde, weil sich Europa der Sache angenommen habe. Er finde es deswegen "schäbig", in welcher Form an dem zwischen dem französischen Präsidenten und EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy und dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew "herumgemäkelt" werde.
Für die CDU/CSU-Fraktion fand Andreas Schockenhoff, es gebe eine georgische Mitverantwortung für die Eskalation dieses Konflikts. Russlands Vorgehen in Georgien und die Anerkennung von Südossetien und Abchasien stellten aber eine "grobe Verletzung" des Völkerrechts dar. Russland habe dadurch international erheblich an Glaubwürdigkeit, Ansehen und Vertrauen verloren.
Vor zu weitgehenden Maßnahmen warnte Schockenhoff: Eine Blockade - etwa des russischen Beitritts zur Welthandelsorganisa- tion - würde nur dem Ziel schaden, durch Zusammenarbeit den Wandel in Russland zu erreichen. Werner Hoyer (FDP) fand es "befremdlich", dass der Europäische Rat einseitig Russland kritisiert habe und kein "klares Wort" an die georgische Führung gefunden habe. "Die Solidarität der Nato kann man nicht durch Zündeln erzwingen", so Hoyer. Für die Linksfraktion fand es Monika Knoche offenkundig, dass die Nato-Expansionsstrategie für die georgische Aggression ursächlich sei. Unter anderem das Versprechen, in die Nato aufgenommen zu werden, sei das zentrale Motiv für den georgischen Angriff auf "russische Friedenstruppen" gewesen. Und Jürgen Trittin (Grüne) schlussfolgerte, man müsse sich aus einer Politik der Einflusssphären verabschieden. Der Aufbau einer Nachbarschaft und verlässliche Strukturen gemeinsamer Sicherheit seien notwendig.
Den Vereinten Nationen (UN) sollen nach den Vorstellungen der Regierung an regulären Beiträgen 113,32 Millionen Euro zufließen. Zusätzlich sind Gelder für Friedensmissionen geplant. Hervorzuheben ist dabei der Einsatz in Sudan: Mehr als 125,84 Millionen sind für die beiden UN-Missionen geplant. Kernauftrag von UNMIS (United Nations-African Union Hybrid Mission in Darfur) ist die Unterstützung des Darfur-Friedensabkommens von Mai 2006. Dabei soll die Bundeswehr vor allem den Lufttransport in das Einsatzgebiet übernehmen. Die UNMIS (United Nation Mission in Sudan) ist Teil eines umfassenden Engagements, das neben der Absicherung des erreichten Friedensabkommens zwischen dem Norden und dem Süden des Landes mittelfristig ebenfalls die Region Darfur befrieden soll.
Zu erwähnen sind weiter der vorgesehene Beitrag an den Europarat, der nach den Vorstellungen der Regierung im kommenden Jahr mehr als 32 Millionen Euro betragen soll. 29 Millionen Euro sind für den Zivilhaushalt der NATO vorgesehen. Für humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland sind 101,4 Millionen Euro (95,6 Millonen Euro) veranschlagt. Für Leistungen im Rahmen der Stabilitätspakte Afghanistan und Südosteuropa der Bundesregierung will sie 95,1 Millionen Euro ausgeben. Für das laufende Jahr war die gleiche Summe veranschlagt.
Für die Unterstützung von internationalen Maßnahmen auf den Gebieten Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung sind fast 91,3 Millionen Euro (61,15 Millionen Euro) vorgesehen. Im Rahmen des "globalen Krisenfonds" soll das Auswärtige Amt besser als bisher in die Lage versetzt werden, sich rasch mit wirksamen deutschen Beiträgen an der Stabilisierung und Lösung von Krisensituationen beteiligen zu können. Für Maßnahmen der Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitungszusammenarbeit will das Auswärtige Amt 62,3 Millionen Euro (54,51 Millionen Euro) ausgeben.