ELTERNZEIT UND -GELD
Experten kritisieren Zeitpunkt des Novellierungsvorhabens der Fraktionen von Union und SPD
Gegen die Weiterentwicklung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) hatte keiner der am 16. September vor den Familienausschuss geladenen Experten etwas einzuwenden. Einzig der Zeitpunkt, an dem über den von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzsentwurf ( 16/9415) diskutiert wurde, stieß bei den Sachverständigen auf Kritik. In zwei Wochen werde der Evaluationsbericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des BEEG vorliegen, sagte etwa Jochen Kluwe vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung Essen (RWI). Auf Basis dieses Berichtes könne fundierter über Weiterentwicklungen gesprochen werden.
Den vorliegenden Entwurf bewerteten die Experten unterschiedlich. Während das Flexibilisieren der Antragstellung begrüßt wurde, gab es sowohl bei der geplanten einheitlichen Mindestbezugszeit von zwei Monaten und der "Großelternzeit" Differenzen. Wenn etwa bei Teenagerschwangerschaften Oma und Opa Elternzeit beanspruchen könnten, sei das zwar ein guter Ansatz - bleibe aber "folgenlos", wenn dies nicht auch mit dem Anspruch auf "Großelterngeld" gekoppelt sei, sagte Barbara König vom Zukunftsforum Familie. RWI-Vertreter Kluwe sieht das hingegen als "zu weitgehend" an. Schließlich gehe es um die Stärkung der jungen Familien mit gleichzeitiger Einbindung von Vater und Mutter.
Der Politikwissenschaftler Benjamin Benz aus Freiburg kritisierte es als "nicht nachvollziehbar", dass Großeltern kein Elterngeld erhalten sollten. Das führe zu einer "sozialen Selektion". Die Regelung sei "zu Experimentierzwecken sachgerecht", schätzte hingegen Christine Fuchsloch vom Deutschen Juristinnenbund ein. Als "problematisch" bewertet sie hingegen die zweimonatige Mindestbezugszeit.
Es sei zu erwarten, dass vor allem Väter dadurch abgehalten werden, überhaupt eine - wenn auch kurze - Elternzeit zu nehmen. Barbara König erkennt in der Mindestbezugszeit einen Vorteil. Gegenüber dem Arbeitgeber könne so deutlich gemacht werden, dass bei einer Nichtgewährung einer zweimonatigen Freistellung der Anspruch vollständig erlösche.
Für eine Anhebung des Sockelbetrages spricht sich der Paritätische Gesamtverband aus. Das Elterngeld als einkommensabhängige Lohnersatzleistung habe dazu geführt, dass knapp die Hälfte aller Eltern nur eine Förderung in der Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro erhielten.