Schon seit rund 30 Jahren ist er in der Politik, dabei wollte er doch Steuerberater werden. Jochen-Konrad Fromme (CDU) scheint mit diesem etwas anderen Verlauf seines Lebens dann doch recht zufrieden - ganz unschuldig ist er daran sowieso nicht. Geboren 1949 im niedersächsischen Haverlah wächst Fromme in einem bürgerlichen Haushalt mit christlicher Grundausrichtung auf. Von ländlicher Idylle ist in Haverlah, jenem Hundert-Seelen-Dorf im Landkreis Wolfenbüttel, allerdings wenig zu spüren. Zwar ist der Krieg lange vorbei, doch seine Spuren sind noch sichtbar. "Unser Dorf war voller Flüchtlinge aus dem Osten", erinnert sich Fromme heute, "da habe ich hautnah miterleben können, was es für Menschen bedeutet, vertrieben zu werden, Haus und Hof zu verlieren."
Nach dem Abitur in Hildesheim studiert Fromme - der heute Vorsitzender der CDU/CSU-Arbeitsgruppe Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler ist - Jura in Göttingen. In Bonn regiert die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt. Ihre neue Ostpolitik nach dem Prinzip "Wandel durch Annäherung" liefert Fromme, seit je christdemokratisch gesinnt, den Anlass, der CDU beizutreten. "Ich stand der Ostpolitik Brandts sehr kritisch gegenüber", sagt er. Nicht die Versöhnung sei das Problem gewesen, sondern die Tatsache, dass dabei der geschichtliche Hintergrund ausgeblendet worden sei: "Brandt hat das Thema Vertreibung aus seiner Ostpolitik getilgt." Der Parteintritt 1971 sei daher nur konsequent gewesen. Seine ersten kommunalpolitischen Erfahrungen sammelt Fromme nach seinem Studium als Assessor bei der Bezirksregierung Braunschweig. Danach nimmt er Sprosse um Sprosse zu höheren Funktionen: 1981 wird er Mitarbeiter im niedersächsischen Innenministerium, 1982 Dezernent für Finanz- und Ordnungswesen beim Landkreis Northeim, von 1985 bis 1998 ist Fromme schließlich Kreisdirektor beim Landkreis Hildesheim. Obwohl, wie Fromme bekundet, "niemals vorgezeichnet gewesen ist, dass mich mein Weg einmal in die Bundespolitik führen würde", hegt er doch spätestens seit Anfang der 1990er-Jahre - nunmehr stellvertretender Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU (KPV) - den Wunsch, für den Bundestag zu kandidieren. "Wenn man etwas verändern will", erklärt er seine Motivation, "ist es besser, dies aus einem Mandat heraus zu tun als aus einer Parteifunktion." Veränderungen durchsetzen: das sollte ihm zunächst nur von der Oppositionsbank aus möglich sein. Denn als Fromme 1998 sein Bundestagsmandat über die Landesliste Niedersachsen erhält, sind 16 Jahre CDU-geführter Regierung gerade beendet.
"Nach nunmehr elf Jahren aber", gibt der CDU-Politiker unumwunden zu, habe sich auch ein gewisses Maß an Realismus und ein stückweit Ernüchterung eingestellt. "Bundespolitik ist das Bohren dicker Bretter. In der Kommunalpolitik sieht man, was man verändert, hier ist das nicht immer so klar zu sehen."
Doch Ernüchterung ist keine Resignation, ist nicht Aufgabe, sondern bisweilen gerade eine bewährte Voraussetzung für gelungene Ergebnisse in der Politik. Und so würde man bei Fromme vergebens den idealistischen Impetus als Grundlage seines Handelns suchen. Wer sich wie Fromme mit Finanz- und Haushaltspolitik, mit Steuer- und Wirtschaftspolitik beschäftigt, der braucht eben manchmal eine sachlich-trockene Grundeinstellung den Dingen gegenüber, um an der kleinteiligen, detailbeherrschten Arbeit nicht mürbe zu werden.
Dieser Gefahr ist Fromme aber ohnehin nicht ausgesetzt: Als Mitglied des Haushaltsausschusses und der Kommission zur Föderalismusreform, diesem finanzpolitisch komplizierten Großvorhaben, fordert er sie geradezu heraus. Was hat er noch vor? Was treibt ihn an? Der sachliche Jurist gibt darauf eine Antwort, die jenseits von Steuer- und Finanzfragen steht: "Es ist wichtig, dass wir auch in Zukunft junge Menschen ständig mit der Vergangenheit konfrontieren und ihnen deutlich machen, dass Demokratie und Rechtsstaat immer wieder von Neuem erkämpft und verteidigt werden müssen." Ein kleiner Funke an aufklärerischem Idealismus scheint dann doch in Jochen-Konrad Fromme zu glühen.