positionen
Fünf Fraktionen, fünf Innenpolitiker, fünf Konzepte. Ein Überblick
Die Jugendgewaltkriminalität in Deutschland nimmt zu. Dabei ist der Anteil der Gewalttäter, die einen Migrationshintergrund haben, überproportional hoch. Diesem Problem müssen wir begegnen: Mit Härte gegenüber diesen Jugendlichen einerseits, mit präventiven Maßnahmen andererseits. Wichtig ist eine Korrektur der Defizite im Bildungsbereich. Wir müssen bereits im Kindergarten mit Sprachförderung beginnen. Leider ist die Forderung an die hier lebenden Migranten, Deutsch zu lernen, lange als "Zwangsgermanisierung" diffamiert worden. Wenn junge Menschen aber erst einmal zu Straftätern geworden sind, müssen sie den Staat in seiner strafrechtlichen Konsequenz erleben. Wir plädieren für die Einführung eines Warnschussarrests, die Verhängung "uncooler" Strafen wie den Entzug der Fahrerlaubnis und in schweren Fällen für die Unterbringung in einem geschlossenen Erziehungscamp.Zudem setzen wir uns dafür ein, den Ausweisungsschutz für jugendliche Straftäter nichtdeutscher Staatsangehörigkeit abzuschwächen. Derzeit müssen sie fast einen Mord begangen haben, um abgeschoben werden zu können. Das ist falsch. Denn die denkbare Höchststrafe für diese Menschen - mit abschreckender Wirkung! - ist nicht die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe, sondern die Abschiebung ins Herkunftsland.
Von dem wohlfeilen Ruf nach strengeren Gesetzen und härteren Strafen für jugendliche Intensivtäter mit Migrationshintergrund hält die SPD-Bundestagsfraktion nichts. Unsere Gesetze sind streng und absolut ausreichend. Wir haben aber beim Vollzug der Gesetze jede Menge zu tun. Patentrezepte für den Umgang mit Vielfachtätern gibt es nicht.
Wenn Straftaten passiert sind, muss das Strafrecht angewendet werden - unter Umständen auch sehr streng und scharf. Dabei macht es für uns gar keinen Unterschied, ob es sich um einen Intensivtäter deutscher oder nichtdeutscher Herkunft handelt. Bei Letzterem werden sich möglicherweise ausländerrechtliche Fragen stellen - etwa wenn eine Abschiebung in Betracht kommt. Ansonsten aber ist der ausländische Straftäter in gleicher Weise zu behandeln wie der deutsche Straftäter. Alles andere wäre rechtsstaatswidrig.
Statt populistischer Forderungen nach härteren Strafen ist eine Auseinandersetzung mit den Ursachen erforderlich, die für die erhöhte Gewaltkriminalität von jungen Menschen nichtdeutscher Herkunft verantwortlich sind.
Eine wesentliche Rolle dabei spielen die im Vergleich zur deutschen Mehrheitsgesellschaft schlechteren Bildungschancen von Migranten, weil sie dazu führen, dass manche von ihnen den Anschluss an unsere Gesellschaft verlieren.
Wer also ernsthaft etwas gegen die Gewaltkriminalität in dieser Bevölkerungsgruppe tun will, der sollte nicht nach strengeren Strafen rufen, sondern bei den massiven Integrationsdefiziten gerade im Bildungsbereich ansetzen.
Wir haben bereits im Januar ein Programm zur Bekämpfung der Jugendkriminalität vorgelegt. Jugendliche Intensivtäter - mit deutschem Pass oder ohne - müssen konsequent verfolgt werden. Das Jugendstrafrecht ebenso wie das Ausländerrecht bietet bereits heute ein breites und effizientes Instrumentarium.
Doch die besten Gesetze greifen nicht, wenn Schulen, Eltern und Polizei nicht gut zusammenarbeiten. Ebenso muss die Strafe der Tat auf dem Fuße folgen. Wenn ein halbes Jahr bis zur Verurteilung verstreicht und dann im Jugendarrest keine Plätze frei sind, schwindet der "Erziehungseffekt" der Strafe. Ausländer, die rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wurden, sind regelmäßig auszuweisen.
Wer schwere Straftaten begeht, muss wissen, dass sein Aufenthalt in Deutschland beendet wird. Gleichzeitig muss die Integration von jungen Ausländern und ihrern Familien gefordert und gefördert werden.
Aber für Jugendliche, die hier aufwachsen, ist kein anderes Land zuständig - dieses Problem müssen wir schon selbst lösen.Bei genauerem Hinsehen wird deutlich:Es geht hier nicht allein um eine fehlgeschlagene Integration von Jugendlichen mit Mirationshintergrund. Immer mehr Menschen - Erwachsene und Jugendliche - sehen in dieser Gesellschaft keine Perspektive mehr für sich, egal welchen Pass sie in der Tasche tragen.
Dem Problem jugendlicher Intensivtäter kommt man weder mit einer verschärften Abschiebepolitik noch mit einem härteren Jugendstrafrecht bei. Denn die zugrunde liegenden Probleme sind sozialer Herkunft: steigende Jugendarbeitslosigkeit, Einsparungen in Jugendhilfe und -pflege.
Von Kürzungen im Bildungsbereich sind "migrantische" Jugendliche ungleich stärker betroffen. Statt der Drohung mit Abschiebung und Jugendknast brauchen sie endlich wieder eine Perspektive.
Dass die Gewaltkriminalität unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund höher ist, als bei ihren deutschen Altersgenossen, hat viel mit ihrer schlechteren sozialen Lage zu tun. Für die beste Kriminalprävention halten wir daher die frühzeitige Einbindung von Kindern gerade auch nichtdeutscher Herkunft in Bildungsstrukturen wie Kita und Vorschule. Eine frühzeitigere Intervention durch Jugendämter und mehr aufsuchender Familien- und Sozialarbeit sind nötig, um zu verhindern, dass aus gefährdeten Jugendlichen Straftäter werden. Aber auch die Migrantenverbände sind aufgefordert, sich der Problematik zu stellen.
Wir halten nichts davon, den Ausweisungsschutz für jugendliche Straftäter nichtdeutscher Herkunft abzuschwächen. Man kann nicht hier groß gewordene junge Menschen in Länder verfrachten, deren Sprache sie oft gar nicht sprechen.