Zusammenarbeit
Wie die EU das Verbrechen bekämpft
Die Ermittler schlagen in zwei Ländern zu. Italienische Carabinieri und polnische Polizisten nehmen 25 Männer fest, die Polen als Arbeitssklaven nach Italien geschmuggelt haben sollen. Als ein Drogenschmugglerring in Skandinavien auffliegt, waren Beamte aus Dänemark, Norwegen, Island und Deutschland gemeinsam im Einsatz. Auch das Aufdecken von weltweit agierenden Kinderporno-Ringen, von Kreditkartenbetrügern und Autohehlern gelingt, weil die Polizeibehörden aller betroffenen Länder eng kooperiert haben.
Die jüngsten Ermittlungserfolge zeigen, warum die EU die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden der 27 Mitgliedsstaaten vorantreibt. Damit sich die mehr als 1,2 Millionen Polizeibeamten in Europa im Kampf gegen das organisierte Verbrechen nicht gegenseitig behindern, sollen sie ihre Arbeit aufeinander abstimmen. Vor allem in den Bereichen Terrorismus, Menschen-, Waffen- und Drogenhandel, Finanz- und Internetkriminalität will Brüssel den europaweiten Austausch von Informationen und Personal weiter verbessern.
Um die Koordination der Zusammenarbeit kümmert sich seit 1999 Europol. Das europäische Polizeiamt in Den Haag sammelt und analysiert Daten zum grenzüberschreitenden Verbrechen und stellt sie nationalen Ermittlern zur Verfügung. Eigene Ermittlungen aufnehmen, Verdächtige festnehmen und Wohnungen durchsuchen darf Europol jedoch nicht.
Zu einer Art europäischem FBI wird es auch nie werden, denn innere Sicherheit gilt traditionell als Kernstück staatlicher Souveränität. Schon beim Weitergeben ihrer Informationen sind die nationalen Polizeibehörden vorsichtig. Entsprechend arbeitet Europol bereits seit Jahren an einem eigenen Informationssystem.
Eurojust hingegen fördert vor allem die Absprachen der Strafverfolgungsbehörden. Zudem kümmert sich das europäische Justizamt um die internationale Rechtshilfe sowie um Übergabe- und Auslieferungsersuche. Als erfolgreiches Instrument gilt der 2002 verabschiedete Europäische Haftbefehl, der in Deutschland 2006 in Kraft trat. Spricht ihn ein Land aus, muss das andere Land Verdächtige festnehmen und ausliefern - auch wenn es sich dabei um einen eigenen Staatsbürger handelt.
Mittlerweile hat der Austausch von Polizeidaten eine neue Dimension bekommen. 2007 einigten sich die Innen- und Justizminister darauf, ein bisher zwischenstaatliches Abkommen zum Datenaustausch auf die gesamte EU zu übertragen.
Durch das Vernetzen der Polizeiregister könnten die Ermittler auf Fingerabdrücke, Gendaten und Kfz-Angaben anderer Länder zugreifen. Derzeit tauschen zehn EU-Staaten diese Informationen aus, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland.
Datenschutz-Experten kritisieren jedoch den Umgang der Union mit den persönlichen Angaben der Bürger als zu lax und fordern verbindliche Datenschutzstandards. Auch Rechtsexperten bewerten das Befördern des so genannten Prümer Vertrags zu einem EU-Abkommen als Methode des geringsten Widerstands, nationale Parlamente und das Europaparlament würden so umgangen.
Der geplante EU-Reformvertrag, dessen Zukunft derzeit unsicher ist, sieht allerdings vor, dass das Europaparlament bei der Zusammenarbeit der Polizeibehörden mit entscheidet. Die Nationalregierungen wiederum könnten neue Regeln für den gemeinsamen Kampf gegen Kriminalität einfacher verabschieden: Laut des Vertrags von Lissabon müssten entsprechende Beschlüsse nicht mehr von allen EU-Mitgliedsstaaten getroffen werden, sondern von einer Mehrheit.