Die Forderung, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß bei Neufahrzeugen von 2012 an EU-weit auf 120 Gramm pro Kilometer festzusetzen, ist bei einer Anhörung des Umweltausschusses am 4. November auf ein geteiltes Echo gestoßen. Grundlage der Expertenanhörung waren zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen ( 16/9307) und der Fraktion Die Linke ( 16/9105) anlässlich der im Dezember anstehenden Verhandlungen zwischen den EU-Regierungen und der EU-Kommission über eine europäische Verordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für Neufahrzeuge KOM (2007) 856. Um den Herstellern Planungssicherheit zu geben, fordern die beiden Fraktionen darin unter anderem, das Reduktionsziel für das Jahr 2020 auf 80 Gramm pro Kilometer festzusetzen.
Von Seiten der Forschung äußerte sich Professor Stefan Gies, Leiter des Instituts für Kraftfahrwesen an der Technischen Hochschule Aachen (RWTH), skeptisch hinsichtlich des Zeitrahmens bis zum Jahr 2020: "Ich halte das Ziel für viele der deutschen Hersteller für nicht erreichbar", sagte er und verwies darauf, dass der Verbrauch der Fahrzeuge aufgrund anderer Faktoren abweichen könne. Wie andere Experten verwies auch Thomas Schlick, der Vertreter des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) auf die Finanzkrise: "Wir brauchen eine realistische CO2-Bewertung", sagte der Geschäftsführer des Verbandes. Gleichzeitig sprach er sich gegen eine Strafabgabe beim Überschreiten von Grenzwerten aus. Hinsichtlich der Kritik an Fahrzeugen der Oberklasse, erklärte er, dass "Premium und Klimaschutz kein Widerspruch" seien - und die Oberklasse im Bereich von Forschung und Entwicklung einen wichtigen Innovationsträger darstelle. "Der Kunde ist nicht bereit, die Mehrkosten für Umweltschutz zu bezahlen", argumentiert Schlick.
Gerd Lottsiepen erklärte, dass sein Verband, der Verkehrsclub Deutschland (VCD), die Anträge unterstütze. Er schränkte jedoch ein, dass Strafzahlungen nicht, wie dies Die Linke in ihrem Antrag fordert, für die Förderung von umwelt- und sozialgerechter Mobilität verwendet werden sollten. Jürgen Hacker vom Bundesverband Emissionshandel und Klimaschutz (bvek) äußerte sich pessimistisch, dass mit den vorgeschlagenen technischen Standards die von der EU gesteckten Ziele zur Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 erreicht werden können. Das einzige umweltpolitische Instrument, das die Einhaltung absoluter Emissionsziele garantieren könne, sei ein System handelbarer Emissionsrechte, so Hacker. Werner Reh, Leiter Verkehrspolitik vom Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) wies auch auf die sozialen Aspekte des Themas hin. "Das Zeitalter des billigen Öls ist vorbei", warnte er. Ehrgeizige Klimaschutzziele seien die beste Industriepolitik und ein wichtiger Beitrag zur Förderung des Bruttoinlandsprodukts.