Im Oktober 1973 erschütterte die auf stetes Wachstum programmierte westdeutsche Gesellschaft der Ölschock. Als Folge des Jom-Kippur-Krieges zwischen Israel und den arabischen Staaten hatten die Erdöl produzierenden Länder Arabiens die Förderung drastisch gedrosselt. Binnen Tagen schoss der Ölpreis pro Barrel von drei auf fünf US-Dollar, später auf zwölf Dollar (im Jahr 2009 stieg er zeitweise auf weit über 100 Dollar). Der Bundestag reagierte schnell mit einem Energiesicherungsgesetz. Konkret erlebte die Bevölkerung die Abhängigkeit vom Öl: Für vier Sonntage des Jahres 1973 verhängte die Regierung ein totales Fahrverbot. Straßen und Autobahnen lagen verwaist da. Die Menschen sollten spüren: Es wird ernst.
Bundeskanzler Willy Brandt stimmte die Bevölkerung auf schlechte Nachrichten ein: „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Wachstumsrate statt der vermuteten drei Pluspunkte gegen null sinken wird und eine Tendenzwende bei den Preisen noch schwerer als bisher zu erreichen sein wird.”
Tatsächlich war nach dem Ölschock nichts mehr wie zuvor. Die Weltwirtschaft geriet in eine lang andauernde Krise. In der Bundesrepublik gab die Konjunktur nach, die Arbeitslosigkeit nahm zu.
Bereits ein Jahr zuvor hatte der Club of Rome – eine Vereinigung von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik aus allen Regionen der Welt – mit dem Bericht über die „Grenzen des Wachstums” für eine nachhaltige Politik geworben und aufgezeigt, dass die bisherige Art zu wirtschaften nicht unbegrenzt fortgesetzt werden kann, ohne die Menschheit zu gefährden. Der Bericht hatte weltweites Aufsehen erregt.
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Chronik „50er-Jahre bis zur Gegenwart” »
Text Dr. Sönke Petersen
Erschienen am 12. Juni 2009