Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Datenhandbuch > 20. Bundestag und Öffentlichkeit > 20.3 Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages
Stand: 31.3.2010
Die Entwicklung des Parlamentsfernsehens1 geht zurück auf die Beratungen in der Ad-hoc-Kommission Parlamentsreform in der 10. Wahlperiode (1983–1987). Auch der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hatte sich seit der 10. Wahlperiode eingehend mit Fragen des Parlamentsfernsehens unter Einbeziehung von Erfahrungen anderer Parlamente befasst, ebenso die Gemeinsame Verfassungskommission der 12. Wahlperiode. Nach ausführlichen Diskussionen im Ältestenrat und Gesprächen auf vielen Ebenen sprach er sich in seiner Sitzung vom 19. Juni 1991 (12. Wahlperiode) für den Ausbau des bundestagseigenen Fernsehens aus, wie es dann zuerst in Bonn 1995 und später aufgrund einer weiteren Entscheidung vom 30. November 1995 (13. Wahlperiode) auch in Berlin verwirklicht wurde.
Die Realisierung des Fernsehsystems in Berlin erfolgte in zwei Phasen. Die erste Phase war die Inbetriebnahme einer Übergangslösung für das Reichstagsgebäude, um die Plenarberichterstattung mit Aufnahme des parlamentarischen Betriebs in Berlin 1999 sicherzustellen. Anders als im späteren Wirkbetrieb wurden in der Übergangslösung drei manuell zu bedienende Kameras im Plenarsaal eingesetzt, die auf eine provisorische Regie im Reichstagsgebäude aufgeschaltet waren. Diese Übergangslösung war bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme des Jakob-Kaiser-Hauses im Jahr 2002 erforderlich sowie insbesondere bis zur dortigen Einrichtung der zentralen Studiotechnik im Jahr 2003.
Die Übergangslösung währte vom 19. April 1999 (Eröffnungssitzung im Reichstagsgebäude) bis zum Februar 2002. Am 20. Februar 2002 konnte die 217. Sitzung des 14. Deutschen Bundestages erstmals aus einer der neuen Regien im Jakob-Kaiser-Haus übertragen werden. Zu diesem Zeitpunkt wurden die drei manuell zu bedienenden Kameras durch acht ferngesteuerte ersetzt.
Mit der Inbetriebnahme der zentralen Studiotechnik im Jakob-Kaiser-Haus standen für die Übertragung der parlamentarischen Arbeit drei der vier Regien zur Verfügung. Regie 1 war der Plenardebattenübertragung vorbehalten. So konnte nunmehr neben der Plenarberichterstattung auch mit der Berichterstattung aus einzelnen Ausschusssitzungssälen begonnen werden.
Ebenfalls im Frühjahr 2002 ging das Fernsehstudio in Betrieb und steht seitdem für die Produktion unterschiedlicher Formate zur Verfügung. Der operative Produktionsbetrieb im Studio und an den anderen Veranstaltungsorten – insbesondere im Plenum und in den Ausschusssitzungssälen – wird von einem externen Dienstleister realisiert. Alle Sendungen werden auf einem Server aufgezeichnet. Dieser wird auch für die Sendeabwicklung des Parlamentsfernsehens genutzt. Er bietet zugleich einen direkten Zugriff auf das gespeicherte Bildmaterial. Zur Archivierung müssen alle aufgezeichneten Veranstaltungen auf MAZ-Bänder übertragen werden, um so für spätere Produktionen zur Verfügung zu stehen.
Das Parlamentsfernsehen empfangen der Deutsche Bundestag, die Bundespressekonferenz, Bundesministerien, oberste Bundesbehörden, der Bundesrat und ausgewählten Medien. Über die Verbreitung darüber hinaus informiert der Bundestag auf seiner Homepage: http://www.bundestag.de/Mediathek/parlamentstv/parlamentstv/empfang.html.
Am 3. August 2000 erteilte die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg eine Sendelizenz für das Parlamentsfernsehen. Daraufhin wurden ab November die Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages in einem Ausbaugebiet des digitalen Berliner Breitbandkabelnetzes (Kabel Deutschland, KDG) öffentlich übertragen. Zum Empfang des unverschlüsselten Programms sind ein TV-Empfangsgerät mit integriertem Digitaltuner bzw. ein Free-To-Air-Empfänger notwendig. Die technische Reichweite des Senders lag 2009 laut KDG2 in Berlin bei 1 177 142 Wohneinheiten. Die letzte Schätzung im Jahr 2007 ging von rund 10 000 tatsächlichen TV-Zuschauern pro Tag aus3..
Die weitaus größte Verbreitung findet das Parlamentsfernsehen über das Internet unter www.bundestag.de. Neben dem Livestream für Plenardebatten sowie öffentliche Ausschusssitzungen und Anhörungen stehen in einer Mediathek rund 35 000 TV-Produktionen (2010) zum Abruf bereit.
Das Parlamentsfernsehen wird im Internet mit folgenden Bandbreiten angeboten: Modem-Verbindung: 46 KBit/s, DSL-Verbindung: 514 KBit/s, Download-Funktion: 2000 KBit/s.
Unabhängig von der Verbreitung über Internet, Satellit und Kabelfernsehen ist der Deutsche Bundestag verpflichtet, die Mitschnitte des Parlamentsfernsehens für andere Rundfunkanstalten kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die Signalübergabe erfolgt im sogenannten Post-Übergaberaum im Reichstagsgebäude. Hier wird das Sendematerial für Dritte, z. B. öffentlich-rechtliche und private Rundfunkveranstalter sowie Agenturen übergeben.
1 Quellen: Bericht der Unterabteilung Parlamentarische Information über die Tätigkeit der Referate Öffentlichkeitsarbeit, Besucherdienst, Pressedokumentation, Online-Dienste, Parlamentsfernsehen zusammen mit dem Koordinator TV sowie Historische Ausstellungen, Sonderprojekte in der 14. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (Stand: Oktober 2002). Vgl. auch Simone Fühles-Ubach und Hans-Peter Neumann, Zwei Jahre Deutscher Bundestag im Internet: Konzeption, Organisation, Erfahrungen, Resonanz und Perspektiven, in: Nfd. Information – Wissenschaft und Praxis, 49. Jg. S. 205–210. Peter Mambrey, Hans-Peter Neumann und Kerstin Sieverdingbeck, Bridging the gap between parliament and citizen. The internet services of the German Bundestag, in: Parliamentary affairs. 52. Jg. H. 3. (1998) S. 480–492.
2 Kurt Tretschok, „Regulierung und Content“, der Kabel Deutschland GmbH.
3 Vgl.: „Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages“. Rechtsgutachten im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages von Prof. Dr. Hubertus Gersdorf; Universität Rostock. Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur für Kommunikationsrecht. Rostock, 24. Juni 2007.
Quelle: Text: Deutscher Bundestag, Referat Online-Dienste, Parlamentsfernsehen
Angaben für den Zeitraum bis 1994 s. Datenhandbuch 1949 – 1999, Kapitel 23.3.