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23. November 2012

"Effektivität und Effizienz" - Textarbeit zu Verbraucherschutz

Auf der Grundlage ihres rund 130 Seiten starken Entwurfs der Bestandsaufnahme haben die Mitglieder der Projektgruppe in einer rund sechsstündigen Klausurtagung die Textarbeit fortgesetzt.

Interessengeleitete Einträge?

Erneut diskutierten die Mitglieder die grundsätzliche Position und die Aufgaben einer Projekt-Enquetegruppe zum Thema Verbraucherschutz. Entzündet hatte sich die Debatte im Kapitel "Veränderungen der Verbraucherposition durch neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten" an den Ausführungen zu Informationen aus Vergleichsportalen für Produkte und Dienstleistungen. Ein Teil der Projektgruppenmitglieder vertritt dazu die Auffassung, dass es "für Verbraucherinnen und Verbraucher oft schwierig [ist], interessengeleitete Bewertungen von ehrlichen, durch andere Verbraucherinnen und Verbraucher vorgenommenen Einträgen zu unterscheiden". Unternehmen griffen inzwischen mitunter auf automatisierte Verfahren zurück, um positive Bewertungen auf Portalen einzustellen, berichtete ein Mitglied.

Nutzen und Wert von Portalen

Der andere Teil der Mitglieder warnte hingegen eindringlich davor, das neue und erfolgreiche Instrument der Bewertungsplattformen pauschal zu diskreditieren. Die Verbraucher seien im Vergleich zu früher, als es noch keine Bewertungsplattformen gab, trotz vereinzelter Fehlentwicklungen in einer deutlich besseren Position als vorher. Der Projektgruppenbericht solle keine Miesmacherei betreiben und nicht den Eindruck erwecken, dass Bewertungsportale prinzipiell abzulehnen seien. Das gleiche gelte für die Bewertungsfunktion grundsätzlich. So sei die Grundlage des Erfolgs von Online-Auktionsplattformen das Bewertungssystem, das erstaunlich gut funktioniere.

Rollenverständnis der Projektgruppe

Mehrere Mitglieder sprachen sich dafür aus, dass sich im Bericht der Projektgruppe die Kritik an Fehlentwicklungen wie interessengeleitete Einträge einerseits und die Darstellung des allgemeinen Nutzens und Mehrwerts für Verbraucher andererseits die Waage halten sollten. Stattdessen überwiege im Entwurf der Anteil mit kritischen, negativen Darstellungen. Dem widersprachen andere Projektgruppenmitglieder. Es gehöre zu den Aufgaben der Projektgruppe Verbraucherschutz, auf eine systematische Beeinflussung der Verbraucher hinzuweisen. Auch Anbieter selbst hätten, etwa vor dem Tourismusausschuss des Bundestages, auf das Problem hingewiesen. Die Angebote seriöser Anbieter fielen, auch bedingt durch die Algorithmen der Suchmaschinen, in den Suchergebnissen nach hinten und seien so für die Verbraucher schlechter auffindbar.

Zwischen "Abfeiern und Rummäkeln"

Ein Projektgruppenmitglied sagte, dass die Projektgruppe mit dieser Diskussion erneut vor der Wahl "Abfeiern oder Rummäkeln" stehe. Damit waren die Positionen eindeutig benannt. Sie sind Ausdruck eines Grundkonflikts, der immer wieder aufblitzt und sich durch die Projektgruppenarbeit zieht. Bisher ist es den Mitgliedern dennoch gelungen, sich auf konsensuale Texte zu einigen. Ob dies auch beim Entwurf zu den Vergleichsportalen möglich ist, wird sich zeigen. Sollte es dazu keine Einigung geben, behält sich die Projektgruppe – auch im Sinne von "Effektivität und Effizienz" – vor, der Enquete-Kommission später zwei Alternativtexte vorzulegen, über die diese dann beraten und abstimmen muss.

Keine Einigung zu Abmahnungen

So werden die Mitglieder voraussichtlich auch mit dem Kapitel zum Thema Abmahnungen und Verbraucherschutz – dem Kapitel 1.5 – verfahren. Dazu hatten die Mitglieder bereits in einer der vergangenen Sitzungen diskutiert. Eine Fraktion hatte einen Alternativtext vorgelegt, zu dem jetzt ein Mitglied weitreichende Streichungsvorschläge machte, mit denen sich die Autoren aber nicht einverstanden zeigten. Im Ergebnis wird das Kapitel streitig sein, hier werden der Gesamtenquete ein oder mehrere Alternativtexte vorgelegt.

Gemeinsamer Text zu Anonymität und Pseudonymität

Einigkeit gab es hingegen zum Entwurf des Kapitels 1.4, "Anonyme und pseudonyme Nutzung von Onlinediensten". Die Autoren des Textes legen kurz das Spannungsfeld zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Recht auf freie Meinungsäußerung einerseits und anderen grundrechtlich geschützten Rechtsgütern auf der anderen Seite dar. "Wie in Einzelfällen zwischen den unterschiedlich betroffenen Rechtsgütern abzuwägen ist, ist innerhalb wie außerhalb der Enquete-Kommission umstritten", fassen die Autoren zusammen.

Verbraucherorientierte Forschung

Fertigstellen konnten die Projektgruppenmitglieder auch das Kapitel 1.8 zu verbraucherorientierter Begleitforschung. "Insbesondere wirtschaftsunabhängige Forschung über das tatsächliche Verhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern liegt nur in wenigen Bereichen vor. Einen besonders blinden Fleck bildet derzeit dabei das Verbraucherverhalten im Internet und der digitalen Welt", heißt es in dem Entwurf. Hier wurde der vordere Teil des Textes auf Grundlage der Diskussion etwas gestrafft, anschließend führen die Autoren aus, welche Forschungsansätze es auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gibt.

Die Projektgruppe trifft sich das nächste Mal am 10. Dezember 2012. Auf der Tagesordnung werden dann die Handlungsempfehlungen stehen, unter Einbeziehung der Vorschläge von der Online-Beteiligungsplattform enquetebeteiligung.de.




© 2010 Deutscher Bundestag
 

Ausdruck aus dem Internet-Angebot des Deutschen Bundestages

www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Verbraucherschutz/PGVS_2012-11-23/PGVS_2012-11-23_Bericht/index.jsp

Stand: 23.11.2012