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Stand: 31.3.2010
Der in Artikel 77 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes vorgesehene Vermittlungsausschuss („ein aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuss“) hat die Aufgabe, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat über den Inhalt eines vom Bundestag beschlossenen Gesetzes durch einen Einigungsvorschlag zu vermitteln.
Bei solchen Meinungsverschiedenheiten hat der Bundesrat zu jedem Gesetzesbeschluss des Bundestages binnen drei Wochen nach dessen Eingang das Recht, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen (Art. 77 Abs. 2 Satz 1 GG). Für den Bundestag und die Bundesregierung ist hingegen das Recht, den Vermittlungsausschuss anzurufen, auf solche Gesetze beschränkt, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen (Art. 77 Abs. 2 Satz 4 GG). Bei Meinungsverschiedenheiten zu zustimmungsbedürftigen Gesetzen sind also drei Vermittlungsverfahren möglich, bevor ein solches Gesetz an der Versagung der Zustimmung durch den Bundesrat scheitert. Bei Meinungsverschiedenheiten zu einfachen Gesetzen, zu welchen eine förmliche Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich ist, kann lediglich ein Vermittlungsverfahren durchgeführt werden, das nur durch ein Anrufungsbegehren des Bundesrates ausgelöst werden kann. Das beendigte Vermittlungsverfahren ist bei den einfachen Gesetzen sogar notwendige Voraussetzung für einen vom Bundesrat (binnen zwei Wochen) zu beschließenden etwaigen Einspruch (Art. 77 Abs. 3 GG). Nur wenn der Bundestag einen vom Bundesrat beschlossenen Einspruch mit der nach Art. 77 Abs. 4 GG erforderlichen Mehrheit nicht überstimmt, ist das Gesetz gescheitert. Während also bei den zustimmungsbedürftigen Gesetzen die Versagung der Zustimmung durch den Bundesrat endgültig zum Scheitern des Zustimmungsgesetzes führen kann, hat bei den einfachen Gesetzen der erst nach abgeschlossenem Vermittlungsverfahren mögliche Einspruch des Bundesrates nur hemmende Wirkung, da der Bundestag den Einspruch überstimmen kann, so dass das vom Bundestag beschlossene Gesetz doch noch zustande kommt1.
Der Vermittlungsausschuss gibt sich eine eigene Geschäftsordnung: Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuss nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss) vom 19. April 1951 (BGBl. II S. 103), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 30. April 2003 (BGBl. I S. 677).
Das Grundgesetz (Art. 77 Abs. 2 Satz 1, 2 GG) schreibt vor, dass der Vermittlungsausschuss aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates gebildet wird, die Zusammensetzung im Einzelnen durch eine Geschäftsordnung (in diesem Fall durch die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses, kurz GOVA) geregelt wird. Dem Prinzip folgend, dass jedes Bundesland im Vermittlungsausschuss durch ein Mitglied vertreten ist, setzt er sich seit Anfang Oktober 1990 aus 32 Mitgliedern zusammen, je 16 aus Bundestag und Bundesrat.
Der Bundestag wählt seine 16 Mitglieder nach dem jeweils beschlossenen Berechnungsverfahren für die Stellenanteile der Fraktionen, so dass die Bundestagsfraktionen im Vermittlungsausschuss nach ihrer Stärke berücksichtigt sind.
1 Nach: Philipp Drodt: Die Tätigkeit des Vermittlungsausschusses in der sechsten Wahlperiode des Deutschen Bundestages, in: Bundesanzeiger, 29. Jg. (1977), Nr. 42 S. 5.
Quellen: Claus Dieter Koggel: Die Tätigkeit des Vermittlungsausschusses in der fünfzehnten Wahlperiode des Deutschen Bundestages in: Bundesanzeiger, 58. Jg. (2003), Nr. 18a. S. 1–75. – Stand der Gesetzgebung des Bundes: 12.–15. Wahlperiode, Hrsg.: Deutscher Bundestag und Bundesrat, Baden-Baden.
Angaben für den Zeitraum bis 1990 s. Datenhandbuch 1949 – 1999, Kapitel 11.9.