Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Datenhandbuch > 21. Auswärtige Beziehungen und europäische Integration
Stand: 31.3.1010
Die parlamentarischen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der Europäischen Union (EU) wurden – zuletzt auch durch den Vertrag von Lissabon – auf europäischer und nationaler Ebene kontinuierlich erweitert. Der Zusammenarbeit der nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten der EU untereinander und mit dem Europäischen Parlament kommt wachsende Bedeutung zu. Institutionalisierte Formen der Zusammenarbeit sind die Parlamentspräsidentenkonferenz (siehe dazu Kap. 24.5) und die Konferenz der Ausschüsse für Gemeinschafts- und Europaangelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union, abgekürzt COSAC. Die COSAC tritt halbjährlich auf Einladung des nationalen Parlamentes des Mitgliedstaats, der den Ratsvorsitz innehat, in der jeweiligen Hauptstadt zusammen. Die Konferenzen werden von einem Treffen der Vorsitzenden der Europaausschüsse am Beginn jeder EU-Ratspräsidentschaft vorbereitet. Bei der Vorbereitung und Durchführung der COSAC arbeiten die Parlamente der sogenannten Vorsitz-Troika eng zusammen. Diese besteht aus dem Vorsitz, dem vorausgehenden und dem nächsten Vorsitz sowie dem Europäischen Parlament.
Seit 2004 verfügt die COSAC über ein Sekretariat in Brüssel, das sich aus einem ständigen Mitglied und Mitarbeitern der Parlamente der Vorsitz-Troika zusammensetzt. Die Ergebnisse jeder COSAC werden in Schlussfolgerungen zusammengefasst. Sie verfasst außerdem Beiträge für die Institutionen der EU, welche im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Die Beschlüsse der COSAC sind für die nationalen Parlamente nicht bindend.
Die Konferenz wurde 1989 aufgrund einer Entscheidung der Parlamentspräsidenten der EU-Mitgliedstaaten gegründet. Seitdem ist sie 42 Mal zu Sitzungen zusammengetreten, davon zu einer Sondersitzung im Januar 2003. Jeder EU-Mitgliedstaat kann eine Delegation von höchstens sechs Mitgliedern seines nationalen Parlaments bzw. aus den Parlamentskammern entsenden. Zudem nehmen sechs Mitglieder des Europäischen Parlaments teil. Die Parlamente jedes Beitrittskandidatenlandes sind mit jeweils drei Mitgliedern als Beobachter zu den ordentlichen Sitzungen der COSAC eingeladen. Zudem nehmen Vertreter des Generalsekretariats des Rates der EU sowie der Europäischen Kommission als Beobachter teil. Von der Möglichkeit, Beobachter der Botschaften der Mitgliedstaaten der EU sowie Sachverständige und besondere Gäste einzuladen, wurde in jüngerer Zeit vermehrt Gebrauch gemacht, z. B. wurden Parlamentarier der Partnerstaaten der Östlichen Partnerschaft zur XLI. COSAC nach Prag eingeladen oder aufgrund der bevorstehenden Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island isländische Parlamentarier zur XLII. und XLIII. COSAC in Stockholm bzw. Madrid. Politische Schwerpunktthemen der vergangenen Treffen waren neben Fragen der Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen Parlamente und der Mitwirkung der nationalen Parlamente in EU-Angelegenheiten im Allgemeinen, die Umsetzung des Vertrags von Lissabon sowie die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Konferenz befasst sich stets mit dem jeweiligen Arbeitsprogramm der EU-Kommission. Ergänzend hierzu bilden die Schwerpunkte der jeweiligen EU-Ratspräsidentschaft regelmäßig auch die Schwerpunkte der Beratungen der COSAC.
Die COSAC arbeitet auf Grundlage einer im Jahr 2003 erneuerten Geschäftsordnung. Primärrechtlich wurde die COSAC erstmalig im Vertrag von Amsterdam von 1997 anerkannt. Hier wurde ihr u. a. das Recht eingeräumt, den EU-Institutionen Beiträge zu den Gesetzgebungstätigkeiten der Union vorzulegen.
Seit 2006 waren im Vorgriff auf Protokoll Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon die sogenannten Subsidiaritätstestläufe, von denen bis Ende 2009 insgesamt acht durchgeführt wurden, von besonderer Bedeutung für die Arbeit der COSAC. Bei diesen Testläufen sollten die Prüfrechte der nationalen Parlamente im Bereich des Subsidiaritätsgrundsatzes, probeweise zur Anwendung kommen. Auf diese Weise wurden erste Erfahrungen mit der gesetzlich vorgegebenen achtwöchigen Prüffrist und bei der Zusammenarbeit der nationalen Parlamente in diesem Bereich gesammelt. Die COSAC nahm mit dem COSAC-Sekretariat eine koordinierende Funktion wahr. Es informierte über Beginn der Prüffristen, versorgte die nationalen Parlamente mit den erforderlichen Dokumenten, evaluierte die Ergebnisse der Prüfungen in den nationalen Parlamenten und stellte sie in einem Ergebnisbericht dar.
Der Vertrag von Lissabon widmet sich in Protokoll Nr. 2, Artikel 10 der Rolle der COSAC. Danach kann sie „ jeden ihr zweckmäßig erscheinenden Beitrag“ den EU-Institutionen zur Kenntnis bringen. Ihre Aufgabe liegt zudem im „Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament“. In diesem Zusammenhang werden erstmalig auch die Fachausschüsse genannt. Zudem wird ihr ausdrücklich die Kompetenz zugestanden, „parlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen zu organisieren, insbesondere zur Erörterung von Fragen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“.
Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon 2009 hat die Diskussion über die künftige Rolle der COSAC an Bedeutung gewonnen. Sie bildete einen Schwerpunkt während der spanischen EU-Ratspräsidentschaft und damit der XLIII. COSAC in Madrid. Beraten wurde darüber, inwiefern die COSAC ein Diskussionsforum bzw. ein politisches Forum sei und inwiefern ihr (weiterhin) koordinierende Bedeutung, insbesondere im Bereich der Subsidiaritätsprüfung durch die nationalen Parlamente und bei Verfahrensfragen insgesamt, zukommen solle. Erste Weichen zur künftigen Rolle der COSAC nach dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags wurden im Beitrag und den Schlussfolgerungen der XLIII. COSAC festgehalten. Der Schwerpunkt der Arbeit der COSAC soll künftig auf politischen Diskussionen liegen, zu denen regelmäßig auch hochrangige Vertreter der EU-Institutionen eingeladen werden sollen. Der Austausch von Informationen und bewährten Praktiken soll weiter im Vordergrund der Arbeit stehen. Punktuell ist künftig auch die inhaltliche Beratung zu bestimmten EU-Rechtsetzungsakten unter Beteiligung der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments und den Vertretern der nationalen Regierungen vorgesehen. Das grundsätzliche Konferenz-Format soll erhalten bleiben. COSAC-Berichte werden künftig auf Initiative des laufenden Vorsitzes zu bestimmten, für die COSAC-relevanten Themen erarbeitet.
Lfd. Nr. | Datum und Ort der Konferenzen | Themen der Konferenzen |
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1 | 16./17. November 1989 in Paris |
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2 | 10./11.. Mai 1990 in Cork |
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3 | 1./2. Oktober 1990 in Rom |
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4 | 6./7. Mai 1991 in Luxemburg |
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5 | 4./5. November 1991 in Den Haag |
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6 | 4./5. Mai 1992 in Lissabon |
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7 | 10./11. November 1992 in London |
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8 | 3./4. Mai 1993 in Kopenhagen |
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9 | 22./23. November 1993 in Brüssel |
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10 | 9./10. Mai 1994 in Athen |
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11 | 24./25. Oktober 1994 in Bonn |
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12 | 27./28. Februar 1995 in Paris |
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13 | 7./8. November 1995 in Madrid |
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14 | 24./25. Juni 1996 in Rom |
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15 | 16. Oktober 1996 in Dublin |
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16 | 9./10. Juni 1997 in Den Haag |
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17 | 13./14. November 1997 in Luxemburg |
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18 | 18./19. Mai 1998 in London |
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19 | 23./24. November 1998 in Wien |
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20 | 30. Mai/1. Juni 1999 in Berlin |
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21 | 11./12. Oktober 1999 in Helsinki |
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22 | 30. Mai/1. Juni 2000 in Lissabon |
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23 | 16./17. Oktober 2000 in Versailles |
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24 | 20.–22. Mai 2001 in Stockholm |
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25 | 4./5. Oktober 2001 in Brüssel |
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26 | 12.–14. Mai 2002 in Madrid |
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27 | 16.–18. Oktober 2002 in Kopenhagen |
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28 | 27. Januar 2003 in Brüssel1 |
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29 | 4.–6.Mai 2003 in Athen |
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30 | 6.–7. Oktober 2003 in Rom |
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31 | 19.–20. Mai 2004 in Dublin |
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32 | 22.–23. November 2004 in Den Haag |
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33 | 17.–18. Mai 2005 in Luxemburg |
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34 | 9.–11. Oktober 2005 in London |
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35 | 22.–23. Mai 2006 in Wien |
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36 | 20.–21. November 2006 in Helsinki |
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37 | 14.–15. Mai 2007 in Berlin |
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38 | 15.–16. Oktober 2007 in Lissabon |
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39 | 7.–8. Mai 2008 in Brdo pri Kranju |
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40 | 2.–4. November 2008 in Paris |
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41 | 11.–12. Mai 2009 in Prag |
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42 | 5.–6. Oktober 2009 in Stockholm |
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43 | 31. Mai bis 1. Juni 2010 in Madrid |
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1 Sondersitzung der COSAC außerhalb des halbjährlichen Turnus mit den jeweiligen Terminen im Mai/Juni und Oktober/November.
Angaben für den Zeitraum bis 1990 s. Datenhandbuch 1949 – 1999, Kapitel 24.11.