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Schriftzug BER Berlin Brandenburg Airport auf einer Absperrung am neuen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg © picture alliance/chromorange
In der Beschreibung des Desasters rund um den Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) waren sich die Redner der Fraktionen am Freitag, 25. Mai 2012, im Bundestag einig. Den "einzig positiven Aspekt" stellte Sören Bartol (SPD) heraus: Dass mehr Zeit für die Umsetzung des Lärmschutzes gewonnen werde. Zum Auftakt des Schlagabtauschs fand Linke-Fraktionschef Dr. Gregor Gysi für die Verschiebung der Eröffnung einen knappen Satz: "Das Ganze hat Provinzniveau."
Gysi ging grundsätzlich auf die Umsetzung von Infrastruktur-Großprojekten ein. Es sei "noch nie gelungen", die Bevölkerung rechtzeitig einzubinden. Kritisch setzte er sich mit der Festlegung der neuen Flugrouten für Berlin-Brandenburg auseinander: "Etwas Irreres habe ich noch nicht erlebt." Er attackierte in diesem Zusammenhang den Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen: "Sie wohnen dort nicht, Herr Trittin. Da kann man immer eine große Klappe haben."
"Kritikwürdig", beschämend": Peter Wichtel (CDU/CSU) verwahrte sich dagegen, die Bundesregierung anzugreifen. Er verwies auf die Rolle der beiden Landesregierungen als Genehmigungsbehörden. Es sei "mehr als unglaubwürdig", dass die Regierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzek "keinerlei Ahnung haben, was ihre Verwaltungen so machen".
Die Finanzproblematik und Regressansprüche wegen der Verschiebung müssten im Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erörtert werden. Er gehe davon aus, dass Wowereit die Ausschuss-Einladung nach zwei Absagen beim dritten Mal annehme.
Sören Bartol (SPD) ging auf das "zu Recht so genannte Drama" ein — und registrierte, dass die eigentlichen Diskussionen bei der Debatte zwischen den Abgeordneten-Reihen stattfänden. Er griff Gysi an, als er an dessen Tätigkeit als Wirtschaftssenator in Berlin erinnerte. Da habe er die Möglichkeit gehabt, "was wirklich mitzugestalten".
Doch Gysi sei zeitig zurückgetreten: "Fahnenflucht ist das, was Sie können." Jetzt auf die Verschiebung "aufzuspringen", um maximale Lärmschutzforderungen durchzusetzen, das wäre nach Bartols Ansicht "wohlfeil".
Patrick Döring (FDP) vermisste bei seinem SPD-Kollegen Bartol "ein Wort zur Verantwortung". Es müsse jetzt geklärt werden: "Wer hat wann was gewusst und falsch gemacht?" Offenkundig habe es "ein Transparenzproblem gegenüber dem Aufsichtsrat" gegeben.
"Unverantwortlich" war es nach seiner Ansicht, dass die Flughafengesellschaft bis zuletzt geglaubt habe, die Brandenburger Behörden unter Druck setzen zu können. Es sei "von Anfang an ein Fehler" gewesen, dass es kein externes Controlling gegeben habe. Für Döring ist klar: "Letztendlich hat sich Deutschland unfassbar blamiert."
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) hob insbesondere auf die "aus dem Ruder gelaufenen Kosten" ab. Der Flughafen habe mal "weniger als halb so viel kosten sollen." Was mit dem Schadenersatz sei, fragte sie. Müsse der Steuerzahler nun zuschießen "für eklatantes Missmanagement"?
Für sie ist es "gaga", dass Planung und Controlling zusammengehören. Ihr könne "keiner erzählen", dass erst Ende April bekannt wurde, der Brandschutz werde nicht rechtzeitig fertiggestellt. Ein Wir-haben- nichts-gewusst akzeptiere sie nicht. Künast forderte eine "tabulose Aufklärung". Es müsse "alles auf Tisch" und gehöre "nicht in Geheimschutzräume".
Grundlage der Debatte war eine Antwort der Bundesregierung (17/8514) auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke (17/6942) zu Flugrouten und Lärmauswirkungen beim BBI. Darin hatte die Regierung erklärt, die durch neue Vorschläge erreichten Verbesserungen für verschiedene potenziell von Fluglärm betroffenen Gebiete seien unter anderem auf das intensive Engagement der betroffenen Bürger zurückzuführen.
Der Bundestag lehnte einen von der Linken eingebrachten Entwurf zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (17/9750), in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wurde, für eine Realisierung aller baulichen Lärmschutzmaßnahmen vor Eröffnung des Flughafens zu sorgen.
Ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/9740), in dem verlangt wird, die Ursachen und Verantwortlichkeiten für das Berliner Flughafendebakel lückenlos aufzuklären und Chancen für einen besseren Lärmschutz zu nutzen, wurde an die Ausschüsse überwiesen. (fla)