2.4.6.4 Frauen in der
Entwicklungszusammenarbeit
Um die Prinzipien
nachhaltiger und gendersensitiver Entwicklung tatsächlich zu
verwirklichen, ist es unerlässlich, die Folgen aller
wirtschaftlichen Strategien und Politiken für die
Lebensrealität von armen Frauen in Regionen des Südens
genau zu analysieren und vorbeugende Maßnahmen zu setzen,
damit sie nicht einer weiteren Verschlechterung ihrer
Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Dabei muss die Vielschichtigkeit
weiblicher Rollen im Auge behalten werden, also ihre produktiven
Tätigkeiten in der formellen Wirtschaft, in der
Subsistenzwirtschaft und im informellen Sektor, ihre reproduktiven
Arbeiten und Aufgaben rund um „Haushalt“ und Familie
und ihr oft sehr intensives Engagement in der Gemeinde, das in der
Regel als Erweiterung ihrer reproduktiven Tätigkeiten
angesehen wird.
Ein weiteres
Element, das immer in alle Planungen einbezogen werden muss, ist
die benachteiligte Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft,
ihr meistens fehlender Zugang zu Macht, Infrastruktur und
Ressourcen. Ohne tiefgehende Veränderungen im Bereich dieser
Zusammenhänge sind nachhaltige Entwicklung und
Armutsbekämpfung illusorisch (Neuhold 2001).
Frauenorganisationen48 oder die Beraterin von UNIFEM zur
Entwicklungsfinanzierung, Maria Floro49, weisen auf die Widersprüchlichkeit
in den Zielen der Entwicklungsfinanzierung hin. Einerseits findet
man das Bekenntnis zu einer holistischen und einer nachhaltigen,
gendersensitiven und auf Menschen ausgerichteten Entwicklung,
andererseits steht dem gegenüber die starke Fokussierung auf
die Liberalisierung der Märkte und der damit verbundene
Rückzug des Staates aus der Verantwortung für die
Sicherung sozialer Grundrechte sowie die Privatisierung
ursprünglich staatlicher Aufgaben. Dies kann zu schlagartigen
Verschlechterungen in der Einkommensverteilung führen, was
häufig Frauen besonders stark betrifft. Eine strategische
Rolle kommt hier internationalen Finanzierungsinstitutionen wie
Weltbank und Währungsfonds bei der Konzeption ihrer
Strukturanpassungsprogramme zu.
Eine andere
zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass das
Funktionieren von staatlichen Steuer systemen zunehmend von
nationalen Eliten, transnationalen Konzernen und „Vested
Interests“ der unterschiedlichsten Art beeinträchtigt
wird. Kapital- und Steuer flucht, die Errichtung von
„Offshore Zentren“ und Steueroasen, die Gründung
von steuerlich begünstigten Stiftungen und kriminelle
Praktiken wie Geldwäsche gehören zu den Phänomenen,
die zu großen Verlusten an staatlichem Vermögen
führen und die Basis für Umverteilungs- und
Sozialprogramme empfindlich verringern.
48 Wie z. B. Women in Development Europe (WIDE),
UN-Interagency Network on Women and Gender Equality Taskforce on
Gender and Financing for Development, Center for Women's Global
Leadership (CWGL), Development Alternatives for Women in a New Era
(DAWN), Women's International Coalition for Economic Justice
(WICEJ), Women Environment Development Organisation (WEDO).
49 Prof. Floro war eine der Referentinnen der
Öffentlichen Anhörung „Globalisierung und
Gender“ der Enquete-Kommission „Globalisierung der
Weltwirtschaft“ am 18. Februar 2002 im
Reichstagsgebäude.
|