*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.2.1.1    Außenhandelsorientierte Definition internationaler Wettbewerbsfähigkeit

Hier wird versucht, die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes am Außenhandelserfolg einer Volkswirtschaft zu messen, z. B. am Export, am Exportüberschuss, dem Anteil am Welthandelsvolumen oder an der so genannten Exportperformance4. Dabei treten allerdings beträchtliche Schwierigkeiten auf:

–   Exporte und Importe sagen nur bedingt etwas über die Arbeitsmarktwirkung aus. So ist z. B. trotz eines Exportdefizits ein positiver Arbeitsmarkteffekt möglich, wenn arbeitsintensive Güter exportiert und kapitalintensive Güter importiert werden. Auch der umgekehrte Fall – negativer Beschäftigungseffekt bei positiver Handelsbilanz – ist möglich.

–   Die Beteiligung eines Landes am Außenhandel hängt nicht ausschließlich von seiner Wettbewerbsfähigkeit ab, sondern zum Teil von strukturellen, vielfach auch nicht oder jedenfalls nur langfristig änderbaren Faktoren, wie z.B. von der Bevölkerungsgröße, von den natürlichen Ressourcen und von der Ausstattung mit Rohstoffen. Auch die Verbrauchsgewohnheiten können eine wichtige Rolle spielen. Ein hoher Exportanteil am Bruttoinlandsprodukt muss nicht unbedingt Ausdruck überlegener Wettbewerbsfähigkeit sein, sondern könnte auch aus einer binnenwirtschaftlichen Nachfrageschwäche resultieren; Exporterfolge können also eine Zeit lang bestehende Strukturschwächen überdecken5. Auf der anderen Seite können Handelsbilanzdefizite zwar in bestimmten Konstellationen etwas mit geringer internationaler Wettbewerbsfähigkeit zu tun haben, müssen es aber nicht unbedingt. Möglicherweise sind sie auch – wie z.B. am prominenten Beispiel der USA – der Ausdruck einer geringen Sparquote.

–   Bei der Umrechnung in eine einheitliche Währung entstehen methodische Probleme, weil die Wechselkurse zunehmend von den realen Handelsströmen unabhängig sind und somit die Aussagekraft der Wettbewerbsindikatoren getrübt werden.

–   Wählt man den Welthandelsanteil oder die Exportperformance als Indikator für Wettbewerbsfähigkeit, so    impliziert dies ein – jedenfalls für ein Industrieland wie Deutschland – problematisches wirtschaftspolitisches Ziel. Denn aus entwicklungspolitischer Sicht sind nicht steigende, sondern abnehmende relative Welthandels­ anteile der Industrieländer erwünscht. Dies muss bei insgesamt wachsendem Welthandelsvolumen keineswegs zu sinkendem Außenhandelsvolumen und damit zu Wohlstandseinbußen bei den Industrieländern führen.

Ungeachtet der Relativierungen, die mithin bei Versuchen, die Wettbewerbssituation eines Landes am Exporterfolg zu messen, angebracht sind, deuten die Kennzahlen der Exportentwicklung auf keine substanzielle Schwächung der deutschen Position im Wettbewerb hin. 4-1 stellt die Welthandelsanteile Deutschlands und anderer wichtiger Industrieländer in der Zeit von 1982 bis 1999 dar.

Danach ist der Anteil Deutschlands am Welthandelsvolumen heute in etwa so hoch wie in der ersten Hälfte der 80er Jahre, wenn auch die Spitzenwerte der Zeit von 1986 bis 1992 der Vergangenheit angehören. Der Abstieg zu Beginn der 90er Jahre kann als Folge der Wiedervereinigung gesehen werden. Überkapazitäten in Westdeutschland wurden von der Nachfrage in den Neuen Bundesländern vorübergehend ausgeglichen. Inzwischen hat sich der deutsche Anteil am Welthandel stabilisiert und scheint in den letzten Jahren sogar wie­ der zuzulegen. Das Volumen gemessen an der Bevölkerungsgröße und der Zahl der Erwerbstätigen ist bei weitem nach wie vor im internationalen Vergleich überdurchschnittlich.

Zu einem ähnlichen Ergebnis führt die Betrachtung der preisbereinigten Entwicklung der deutschen Exportleis­ tungen von 1991 bis 1999, die in 4-2 abgebildet wird6.

Lediglich zu Beginn der 90er Jahre ist der Export in Folge des Wiedervereinigungseffektes langsamer gewachsen    als das Bruttoinlandsprodukt (abnehmender Exportanteil am BIP). Seit 1995 nimmt der Exportanteil wieder zu.



4 Die Exportperformance ist ein von der OECD entwickelter Indikator, der – bezogen auf ein bestimmtes Basisjahr – das Wachstum der Exporte eines Landes ins Verhältnis zum Wachstum seiner Absatzmärkte (d. h. der Importvolumina seiner Abnehmerländer) setzt. Diese Verhältniszahlen werden für jedes einzelne Absatzland ermittelt und dann zu einem gewichteten Gesamtindex zusammengefügt.

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5 Letzteres ist z. B. die wiederholt geäußerte Auffassung des Sachverständigenrates, der die wachsenden Exporterfolge der deutschen Wirtschaft nicht als Beweis ihrer Wettbewerbsfähigkeit anerkennt, ohne freilich die vermutete Strukturschwächen an Hand quantifizierbarer Indikatoren darzulegen.

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6 Bei allen internationalen Zeitreihenvergleichen ist – abgesehen von jeweils speziellen Problem – der Vorbehalt zu machen, dass die Daten streng genommen nur vergleichbar sind, wenn die Konjunkturzyklen in den betrachteten Ländern synchron verlaufen, was aber in aller Regel nicht der Fall ist.

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Abbildung 4-1

Abbildung 4-2