7.5.4
Handlungsempfehlungen
Empfehlung
7-16 Anerkennung des Rechts auf
Grundversorgung mit sauberem Wasser104
Wasser ist ein
unersetzbares Lebensmittel und deshalb ein elementares
öffentliches Gut. Das Recht auf Wasser ist ein individuelles
Grundrecht. Die Enquete-Kommission hält die
Gewährleistung bzw. Herstellung des Zugangs zu qualitativ und
quantitativ ausreichendem Wasser für eine prioritäre
Aufgabe, die in der öffentlichen Verantwortung liegt. Die
Enquete-Kommission empfiehlt der Bundesregierung im Speziellen
darauf hinzuwirken, dass in einer ergänzenden Kommentierung
von Artikel 11 des Sozialpakts ausdrücklich festgehalten wird,
dass das Recht auf sauberes Wasser elementarer Bestandteil des
Rechts auf Nahrung ist.
Empfehlung
7-17 Den Zugang zu Wasser durch
Entwicklungszusammenarbeit verbessern
Die
Enquete–Kommission fordert die Bundesregierung auf, die
entwicklungspolitischen Anstrengungen zur Verbesserung des Zugangs
zu Trinkwasser und zur Abwasser entsorgung zu
verstärken, damit das internationale, im Millenniumsgipfel
benannte Entwicklungsziel, die Anzahl der Menschen ohne Zugang zu
sauberem Trinkwasser weltweit bis zum Jahr 2015 zu halbieren,
erreicht werden kann.
Anzustreben ist, dass
die Bundesregierung im Rahmen ihrer Entwicklungszusammenarbeit mit
weiteren Ländern so genannte 20:20-Abkommen abschließt
und dass die entsprechenden Verpflichtungen beiderseitig
eingehalten werden. Darüber wird auch der Anteil der Mittel
für soziale Grunddienste in der gesamten bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit, zu denen auch die Versorgung mit
Trinkwasser und Sanitäranlagen zählt,
steigen.
Empfehlung
7-18 Effizienz und
Qualität bei der Wasserverwendung steigern105
Die Bundesregierung
sollte für den Leitgedanken der europäischen
Wasserrahmenrichtlinie als Modell für neue
völkerrechtliche Lösungen im internationalen Wasser
management werben und interessierte Länder beim Aufbau einer
Integrierten Wasserressourcenbewirtschaftung (IWRB)
unterstützen.
Empfehlung
7-19 Grenzüberschreitende
Gewässer schützen
Die Bundesregierung
sollte den im so genannten Petersberg-Prozess begonnenen Austausch
von Erfahrungen über die Zusammenarbeit im Gewässerschutz
intensivieren und den Politikdialog und die regionale Kooperation
in der Frage der Wassernutzung insbesondere für Regionen an
grenzüberschreitenden Gewässern fördern. Sie sollte
sich für eine Weiterentwicklung der Konvention über die
nicht-schifffahrtliche Nutzung internationaler Wasserläufe
einsetzen (z. B. Aufnahme des Vorsorge- und Verursacherprinzips,
einer Schwarzen Liste von hochgefährlichen Stoffen oder der
Verpflichtung zur Durchführung von
Umweltverträglichkeitsprüfungen).
Empfehlung
7-20 Empfehlungen der World
Commission on Dams umsetzen106
Die
Enquete-Kommission unterstützt die Auffassung der
Bundesregierung, wonach ein Projektplanungsprozess, der sich nach
den Kriterien der World Commission on Dams (WCD) ausrichtet, ein
guter Weg ist, um unerwünschte ökologische, soziale,
politische aber auch wirtschaftlich negative Folgen zu vermeiden.
Wichtig für die Durchsetzung solcher Entscheidungsprozesse
wäre nicht nur die Übernahme dieser Kriterien durch die
Regierungen der Projektländer. Auch die Regierungen, die mit
Hilfe von Ausfuhrgewährleistungen die Finanzierung dieser
Projekte erst ermöglichen, sollten sich in ihren
Vergaberichtlinien an den Empfehlungen der World Commission on Dams
orientieren. Die Bundesregierung sollte sich in diesem Sinne ebenso
in der Weltbank und den regionalen Entwicklungsbanken für eine
Orientierung an der WCD aussprechen.
Empfehlung
7-21 Kosten
betriebswirtschaftlich ermitteln und Preise armutsgerecht
gestalten107
Die Preisgestaltung
muss sich einerseits danach ausrichten, dass der Grundbedarf an
Wasser von allen in Anspruch genommen werden kann, und muss
andererseits knappheitsgerecht sein, also Anreize zur Vermeidung
von Wasserverschwendung geben, z.B. durch progressive
Preisgestaltung. Preise, die die vollen Kosten decken, sind auf
absehbare Zeit von breiten Bevölkerungsschichten nicht zu
tragen. Hier muss ein Ausgleich stattfinden, ob z.B. durch ein
kostenloses Grundkontingent oder durch pauschale Transfers muss
sicherlich innerhalb der einzelnen Länder anhand der
vorhandenen Traditionen und Diskussionen entschieden
werden.108
Empfehlung
7-22 Beteiligung der
Betroffenen sicherstellen
Die Planung von
Wasserversorgung sollte grundsätzlich auf einem
gemeinschaftlichen, partizipativen Ansatz beruhen, d. h.
Planer(-innen), Nutzer(-innen), wirtschaftlich Interessierte und
Entscheider(-innen) sollten gleichermaßen beteiligt werden.
Wichtig ist, dass insbesondere die Frauen, die in vielen
Gesellschaften immer noch für die Wasserbeschaffung
zuständig sind, in die Planungsprozesse mit einbezogen werden.
Die Enquete-Kommission empfiehlt eine an das Partizipationsniveau
der JSA-Guidelines angelehnte Qualität zivilgesellschaftlicher
Beteiligung.
104 In Kapitel 11„Global
Governance“ wurde die Forderung nach Einführung eines
Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte zur Einführung
eines Individualbeschwerdeverfahrens aufgenommen. Vgl. hierzu auch
das abweichende Minderheitenvotum der CDU/ CSU-Fraktion in Kapitel 11.
105 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum
der CDU/ CSU-Fraktion in Kapitel
11.
106 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum
der CDU/ CSU-Fraktion in Kapitel
11.
107 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum
der CDU/ CSU-Fraktion in Kapitel
11.
108 Während Chile für
„Bedürftige“ Sondertarife und Bezugsscheine
eingeführt hat, wird dies in Südafrika wegen der
Stigmatisierung und des Nachweisproblems abgelehnt, und auf eine
kostenlose Grundversorgung abgehoben; die Kosten werden teilweise
auf Großverbraucher umgelegt.
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