*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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11.3.2.2     Ergänzende Handlungs­ empfehlungen: Stabilisierung der Wechselkurse und Demokratisierung der globalen Finanzinstitutionen

11.3.2.2.1  Stabilisierung der Währungs­ beziehungen: Globale Zielzonen und regionale Währungssysteme

Empfehlung

Die PDS-Arbeitsgruppe fordert den Bundestag und die Bundesregierung auf, sich auf internationaler Ebene für die Einführung von Zielzonen für die drei großen Währungen einzusetzen und den Aufbau regionaler Währungskooperationen nachdrücklich zu unterstützen.

Gegenüber der Währungsspekulation ist weder die völlige Freigabe der Wechselkurse noch die vollständige Bindung an eine Leitwährung angebracht. Sinnvoll ist vielmehr eine Reform der internationalen Währungsbeziehungen auf zwei Ebenen. Auf der ersten sollen regionale Währungssysteme entwickelt werden, in denen nicht nur feste Wechselkurszielzonen mit flexiblen Anpassungsmöglichkeiten für die Leitkurse festgelegt sind, sondern auch eine intensive wirtschaftspolitische Zusammenarbeit erfolgt. Anders als im Europäischen Währungssystem sollte diese Kooperation sich allerdings nicht nur auf monetäre Konvergenz, sondern auch auf realökonomische Ziele wie Beschäftigung, Einkommen und sozialen Zusammenhalt richten. Auf der zweiten Ebene sollte ein Management der Wechselkurse zwischen den Leitwährungen eingeführt werden, das mit fallweise koordinierten Interventionen beginnt und mittelfristig zur Einrichtung von Zielzonen führt.

Zur Vermeidung spekulativer Attacken müssen starke kurzfristige Schwankungen der Wechselkurse ebenso wie ihre starre Fixierung ohne Rücksicht auf die Entwicklung ökonomischer Grundlagen vermieden werden. Besonders geeignet hierfür ist die Vereinbarung von Leitkursen mit tolerierten Abweichungen (sog. Zielzonen oder target zones). Wenn die Marktkurse den Zielkorridor zu verlassen drohen, greifen die Notenbanken und Regierungen der betroffenen Länder und der IWF durch gegensteuernde Interventionen auf den Devisenmärkten ein. Ein solches System kann allerdings nur mit politischer Flexibilität funktionieren. Sie lässt sich herstellen, indem die Zielzonen für unterschiedliche Währungen (je nach Grad der bestehenden wirtschaftspolitischen Kooperation zwischen den beteiligten Ländern) unterschiedlich definiert werden, regelmäßige Überprüfungen und undramatische Anpassungen der Leitkurse vorgenommen werden und die Interventionspflicht abgestuft oder begrenzt wird. Diese Flexibilität vermindert den Anreiz zur Spekulation und erhöht zugleich den Anreiz zur wirtschaftlichen Kooperation.

11.3.2.2.2  Demokratisierung des IWF

Empfehlung

Die PDS-Arbeitsgruppe fordert die Bundesregierung auf, sich nachdrücklich für die Demokratisierung des IWF, und hier insbesondere für eine Neuverteilung der Stimmrechte zugunsten der Entwicklungsländer, einzusetzen.

Wir begrüßen, dass diese von uns bereits im Zwischenbericht aufgestellte Forderung jetzt auch Eingang in die Handlungsempfehlung 2.12 der Mehrheit gefunden hat. Gegenwärtig sind IWF und Weltbank Einrichtungen, die von den Industrieländern dominiert werden. Das Stimmrecht der 184 Mitgliedsländer des IWF richtet sich allein nach ihrer ökonomischen Stärke. Mit 17,3 Prozent der Stimmen können die USA angesichts einer notwendigen Stimmenmehrheit von 85 Prozent für wesentliche Entscheidungen jede grundlegende Reform blockieren. Eine solche Verteilung der Stimmrechte ist für eine Institution, die als Sonderorganisation der Vereinten Nationen globale Verantwortung trägt, unvertretbar.

Zur Konkretisierung der allgemeinen Forderung nach einer Demokratisierung des IWF wiederholen wir folgenden, bereits im Zwischenbericht entwickelten Vorschlag:

Eine demokratische Neuordnung der Stimmrechte im IWF sollte die ökonomische Potenz eines Landes nicht ignorieren, aber auch nicht zum alleinigen Maßstab machen. Daneben sollte auch die Zahl der Menschen eine Rolle spielen, die in einem Land leben. Darüber hinaus wird hier vorgeschlagen, zusätzlich zu diesen beiden Kriterien die Fortschritte bei der qualitativen Entwicklung zu berücksichtigen. Sie lässt sich ansatzweise mit Hilfe des Index der menschlichen Entwicklung darstellen, in dem neben dem Prokopfeinkommen auch qualitative Kriterien wie Gesundheit und Bildung zu Buche schlagen. Wenn die relative Position der Mitgliedsländer bei diesen drei Bezugsgrößen jeweils zu einem Drittel gewichtet wird, ergibt sich folgende Neuverteilung der Stimmrechte:

   Durch eine solche Stimmrechtsreform würden die vier bevölkerungsreichsten Entwicklungsländer in die Gruppe der zehn Länder mit dem größten Stimmrecht aufrücken. Insgesamt würde die Neugewichtung zu einer erheblich gleichmäßigeren Verteilung von Stimmen und Einfluss führen und die gegenwärtige drastische Dominanz der Industrieländer (allein 45 Prozent der Stimmen für die G 7 Länder!) beenden. In Verbindung mit einer Senkung der Mindestmehrheit bei wesentlichen Entscheidungen von 85 Prozent auf 75 Prozent ergibt sich eine Struktur, die Majorisierungen oder Blockierungen erschwert und zum Versuch zwingt, Verständigung und Ausgleich herbeizuführen.




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Tabelle 11-1