*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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   11.4.2     Fairness und Gerechtigkeit als Voraussetzung einer nachhaltigen Globalisierung

Die Probleme der Entwicklungs- (und Transformations-) länder stehen in engem Wirkungszusammenhang mit der Gefährdung globaler öffentlicher Güter wie Frieden soziale Sicherheit, Schutz der natürlichen Ressourcen sowie wirtschaftliche Entwicklung. Daher ist die Nord-Süd (Wirtschafts-)Politik notwendigerweise auch ein zentrales Thema der Globalisierung – zumal aus der Perspektive von Nachhaltigkeit i.S. einer fairen Berücksichtigung der Interessen heutiger und künftiger Generationen auf der Erde.

Exemplarisch möchte ich dieser für mich in der Kommission vorzeitig abgebrochenen Diskussion an den Empfehlungen: Verbesserung des Marktzugangs für Entwicklungsländer (3-8), Antidumping (3-9) und Special and Differential Treatment (3-10) zur Nord-Süd Handelspolitik nachgehen. Diese Empfehlungen können isoliert den Eindruck erwecken, dass die Kommission eine Fortführung der für viele Entwicklungsländer im OECD Vergleich durchaus beispielhaften EU Marktöffnungspolitik5 nicht nur als eine notwendige Bedingung für einen allmählichen Aufholprozess des Südens ansehen könnte. Denn die traditionelle Freihandelssicht sieht in dem Zulassen einer Ressourcenallokation entsprechend den komparativen Kostenvorteilen unter den nachstehenden Vo­ raussetzungen sogar eine hinreichende Bedingung für einen Aufholprozess. Undemokratische nicht partizipative und nicht transparente Regierungsformen, wie sie die Mehrheit der Entwicklungsländer prägen, sind ein Haupt­ hindernis für Entwicklung6. Von gleich großer Bedeutung wie die innere „good governance“ sind aber die globalen Rahmenbedingungen wie sie in der Nachkriegszeit im wesentlichen nach den Interessen der wenigen reichen Länder (rule maker) geschaffen wurden und heute für alle Länder (rule taker) gelten. Damit hat sich die Kommission ausführlich befasst (s. Kapitel 11.4.2.1).

Von den meisten Menschen wird der absolute Abstand in Einkommen und Lebenschancen zwischen Nord und Süd und die unveränderte Zahl absolut armer Menschen als besonders großer Skandal wahrgenommen. Die meisten Untersuchungen deuten zudem auf weiter zunehmende Unterschiede. Bedeutsam sind ebenso im Globalisierungsprozess auftretende zunehmende Differenzierungsprozesse innerhalb der einzelnen Länder und auch zwischen Entwicklungsländern. Die den diplomatischen Usancen entsprechende Einteilung in Nord (G 7, OECD) und Süd (G77 und China) wird der Realität keineswegs mehr gerecht. Die reichen Ölländer, Schwellenländer oder auch die osteuropäischen Transformationsländer ebenso wie China haben sehr wenig mit den in UN-Kategorien 49 ärmsten Entwicklungsländern gemeinsam. Schätzungen zufolge leben derzeit 80 Prozent der Gewinner der Globalisierung „im Norden“ und immerhin 20 Prozent mit einem dem westlichen Lebensstandard vergleichbaren Lebensstandard in Entwicklungsländern – alleine in Indien über 50 Mio. Zusammen umfassen sie etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung. Eine Minderheit im Norden und die große Mehrheit im Süden – 40 Prozent der Menschen leben in den ärmsten Ländern, deren Welthandelsanteil beträgt 3 Prozent – hat aus der Globalisierung noch keinen Vorteil ziehen können und keine Chance sie mitzugestalten.



5 Hier sind die zahlreichen Präferenzabkommen bis hin zur jüngsten EBA Initiative ebenso wie der weitgehende Verzicht der EU auf das Antidumping Instrument zu nennen. Zu einer kritische Sicht – hinsichtlich der unzureichenden Öffnung im Agrarsektor – s. Windfuhr (2002: 82ff.).

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6 Sen (2002: 180ff.).

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