*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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2.3.5       Globale Finanzmärkte und Frauen: Mikrofinanzierung

Mikrofinanzierung ist ein zunehmend wichtiges Instrument des globalen Finanzsystems, insbesondere angesichts der – wie wir gesehen haben – unzureichenden Kreditversorgung durch formelle Finanzinstitute in vielen Entwicklungs- und selbst in Schwellenländern. Voraussetzung der Mikrofinanzierung sind stabile, leistungsfähige lokale Finanzsysteme für nachhaltig erfolgreiche Entwicklungsprozesse. Für Mikrofinanzinstitutionen gelten wie für „normale Banken“ ordnungspolitische und bankaufsichtliche Grundanforderungen, die es den Ins­ tituten möglich machen, Kleinst- und Kleinbetriebs­ finanzierungen überwiegend in Entwicklungsländern zu gewähren (z.B. als NGO, Sparkasse, Spar- und Kre­ ­ ditgenossenschaft etc.). So war es z.B. in Bolivien ein schwieriger Prozess, die Verabschiedung einer auf Mikrofinanzinstitutionen zugeschnittene Ergänzung der lokalen Bankengesetze zu erreichen und somit Wucherzinsen zu vermeiden.

Die adäquate Beteiligung von Männern und Frauen an Programmen der Mikrofinanzierung, d.h. an der Bereitstellung von Leistungen für Sparen und Kredit, ist ein zentraler Anspruch von Entwicklungshilfe. So werden in der Entwicklungszusammenarbeit z.B. Programme unterstützt, die sich überwiegend an Frauen richten. Diese liegen im allgemeinen im Kleinstgewerbe, Ackerbau und Landwirtschaft; auch kurzfristige Handelskredite werden nachgefragt.

Die bisherigen Erfolge, Frauen stärker zu beteiligen, sind nicht zufriedenstellend. Gravierende Probleme gibt es auf der Nachfrage- sowie der Angebotsseite. Auf der Nachfrageseite spielen oft kulturelle und religiöse Gesichtspunkte eine Rolle und verhindern Frauen den Zugang zu ökonomischen Aktivitäten. Die Ursachen dieses Marktzugangsproblems sind eng verbunden mit den viel komplexeren Aspekten der gesellschaftlichen Machtverteilung von Arbeit, häuslicher Rollenverteilung und Vermögensbildung zwischen Männern und Frauen in den jeweiligen Ländern.

Hinzu kommt das Analphabetentum in Entwicklungs­ ländern als geschlechtsspezifisches Phänomen. Nicht Schreiben und Lesen können ist eine besondere Hemmschwelle für Frauen, die formalen Kriterien eines Finanzkredits zu erfüllen. Auf der Angebotsseite ist die Forderung nach Eigenkapitalbeteiligung für die Kreditgewährung ein weiteres Hindernis. Die übliche Forderung der Kreditinstitute nach einer gesicherten Schuldverschreibung („Collateral“) ist das meist zitierte Hindernis, da Frauen in vielen Ländern kein Recht auf Grundeigentum haben. Zu erwähnen ist auch die weitverbreitete Forderung einer Mitunterzeichnung des Mannes oder des Vaters, die die spezifische Abhängigkeit von Frauen deutlich macht.

Dennoch gibt es Möglichkeiten, um Frauen Zugang zu Kredit und Finanzierung zu erleichtern. Das Besondere der Mikrokredite (z.B. von der Grameenbank oder SEWA) besteht darin, dass die Gruppenhaftung an die Stelle von Schuldverschreibungen oder hypothekarischer    Besicherung von Krediten tritt. Letzteres ist schon deshalb schwierig, weil Eigentum entweder nicht vorhanden oder die Rechte unklar sind. Dies ist der Hauptgrund, weshalb besondere Programme von Mikrokrediten für Frauen wichtig sind.

Wenn die Bedeutung von Finanzmärkten in Entwicklungsländern und Industrieländern für Frauen diskutiert werden, dürfen makroökonomische Aspekte nicht aus­ geklammert werden. Es ist zu begrüßen, dass in einigen Ländern bereits sog. Gender-sensible Budgets erarbeitet werden, in denen die Struktur des Staatshaushaltes und seine Veränderung hinsichtlich der Auswirkungen auf verschiedene Gruppen und Klassen von Männern und Frauen erfasst und bewertet werden.




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