2.3.5
Globale Finanzmärkte und Frauen: Mikrofinanzierung
Mikrofinanzierung ist ein zunehmend wichtiges
Instrument des globalen Finanzsystems, insbesondere angesichts der
– wie wir gesehen haben – unzureichenden
Kreditversorgung durch formelle Finanzinstitute in vielen
Entwicklungs- und selbst in Schwellenländern. Voraussetzung
der Mikrofinanzierung sind stabile, leistungsfähige lokale
Finanzsysteme für nachhaltig erfolgreiche Entwicklungsprozesse. Für
Mikrofinanzinstitutionen gelten wie für „normale
Banken“ ordnungspolitische und bankaufsichtliche
Grundanforderungen, die es den Ins tituten möglich
machen, Kleinst- und Kleinbetriebs finanzierungen
überwiegend in Entwicklungsländern zu gewähren (z.B.
als NGO, Sparkasse, Spar- und Kre ditgenossenschaft
etc.). So war es z.B. in Bolivien ein schwieriger Prozess,
die Verabschiedung einer auf Mikrofinanzinstitutionen
zugeschnittene Ergänzung der lokalen Bankengesetze zu
erreichen und somit Wucherzinsen zu vermeiden.
Die adäquate Beteiligung von
Männern und Frauen an Programmen der Mikrofinanzierung, d.h.
an der Bereitstellung von Leistungen für Sparen und Kredit,
ist ein zentraler Anspruch von Entwicklungshilfe. So werden in der
Entwicklungszusammenarbeit z.B. Programme unterstützt, die
sich überwiegend an Frauen richten. Diese liegen im
allgemeinen im Kleinstgewerbe, Ackerbau und Landwirtschaft; auch
kurzfristige Handelskredite werden nachgefragt.
Die bisherigen Erfolge, Frauen stärker
zu beteiligen, sind nicht zufriedenstellend. Gravierende Probleme
gibt es auf der Nachfrage- sowie der Angebotsseite. Auf der
Nachfrageseite spielen oft kulturelle und religiöse
Gesichtspunkte eine Rolle und verhindern Frauen den Zugang zu
ökonomischen Aktivitäten. Die Ursachen dieses
Marktzugangsproblems sind eng verbunden mit den viel komplexeren
Aspekten der gesellschaftlichen Machtverteilung von Arbeit,
häuslicher Rollenverteilung und Vermögensbildung zwischen
Männern und Frauen in den jeweiligen Ländern.
Hinzu kommt das Analphabetentum in
Entwicklungs ländern als geschlechtsspezifisches
Phänomen. Nicht Schreiben und Lesen können ist eine
besondere Hemmschwelle für Frauen, die formalen Kriterien
eines Finanzkredits zu erfüllen. Auf der Angebotsseite ist die
Forderung nach Eigenkapitalbeteiligung für die
Kreditgewährung ein weiteres Hindernis. Die übliche
Forderung der Kreditinstitute nach einer gesicherten
Schuldverschreibung („Collateral“) ist das meist
zitierte Hindernis, da Frauen in vielen Ländern kein Recht auf
Grundeigentum haben. Zu erwähnen ist auch die weitverbreitete
Forderung einer Mitunterzeichnung des Mannes oder des Vaters, die
die spezifische Abhängigkeit von Frauen deutlich macht.
Dennoch gibt es Möglichkeiten, um Frauen
Zugang zu Kredit und Finanzierung zu erleichtern. Das Besondere der
Mikrokredite (z.B. von der Grameenbank oder SEWA) besteht darin,
dass die Gruppenhaftung an die Stelle von Schuldverschreibungen
oder hypothekarischer Besicherung von Krediten tritt. Letzteres ist schon
deshalb schwierig, weil Eigentum entweder nicht vorhanden oder die
Rechte unklar sind. Dies ist der Hauptgrund, weshalb besondere
Programme von Mikrokrediten für Frauen wichtig sind.
Wenn die Bedeutung von Finanzmärkten in
Entwicklungsländern und Industrieländern für Frauen
diskutiert werden, dürfen makroökonomische Aspekte nicht
aus geklammert werden. Es ist zu begrüßen, dass in
einigen Ländern bereits sog. Gender-sensible Budgets
erarbeitet werden, in denen die Struktur des Staatshaushaltes und
seine Veränderung hinsichtlich der Auswirkungen auf
verschiedene Gruppen und Klassen von Männern und Frauen
erfasst und bewertet werden.
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