3.1.7.2
Korruptionsbekämpfung
Am Anfang einer effektiven
Bekämpfungsstrategie muss eine gründliche Analyse der
Ursachen von Korruption stehen. Korruption ist nicht primär
Folge eines moralischen Versagens Einzelner, sondern in der Regel
strukturell verursacht: Sie tritt insbesondere dort auf, wo
Vorhaben staatlicher Autorisierungen bedürfen, wo die
Steuergesetzgebung kompliziert und unklar ist, wo öffentliche
Amtsträger große diskretionäre
Handlungsspielräume bei der Vergabe öffentlicher
Aufträge genießen und wo politische Parteien auf
Unterstützung Dritter angewiesen sind.26
Korruption lohnt sich, wenn die Gewinne hoch,
das Risiko entdeckt und bestraft zu werden aber gering sind.
Reformen müssen dafür sorgen, dass sich dieses
Verhältnis umkehrt. Wichtiger noch als nachträgliche
Sanktionen sind daher Maßnahmen, die die Gelegenheiten, andere
zu korrumpieren, im Vorfeld minimieren und die Wahrscheinlichkeit
entdeckt zu werden, maximieren.
Nachhaltige Anti-Korruptionsreformen
dürfen sich nicht allein auf die Verabschiedung neuer Gesetze
beschränken, sondern erfordern den Aus- bzw. Aufbau eines
leistungsfähigen Integritätssystems.27 Hierzu müssen Parlament, Verwaltung,
Medien, Kontrollinstitutionen wie Rechnungshöfe und
Anti-Korruptionsbehörden, Justiz, Privatsektor und
Zivilgesellschaft ein Umfeld schaffen können, in dem
Korruption nicht gedeiht. Auch die internationale Ebene muss
einbezogen werden, da das Problem nicht an nationalstaatlichen
Grenzen Halt macht.
Das „Zauberwort“ der
Korruptionsbekämpfung lautet deshalb „Transparenz“
(Florini 1999). Anders als bei Delikten wie Diebstahl oder
Körperverletzung hat ein Korruptionsopfer gewöhnlich
keine Kenntnis, dass es Opfer wurde. Die in eine korrumpierte
Transaktion eingebundenen Parteien werden alles versuchen, um ihr
Tun zu verschleiern. Für Außenstehende hat es den
Anschein, es sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Dies
fällt umso leichter, je intransparenter Abläufe gestaltet
sind. Reformen müssen in den Bereichen Verwaltung, Politik und
Wirtschaft stattfinden.
Auch der Privatsektor selbst ist
aufgefordert, gegen Korruption zwischen privaten Unternehmen und
gegenüber der öffentlichen Hand vorzugehen. Hier sind
unternehmensinterne Strukturen zu schaffen, die korruptes Verhalten
von Angestellten verhindern. Die Unternehmensführung sollte
öffentlich und glaubhaft versichern, dass ihr Unternehmen
Korruption nicht als legitime Geschäfts praktik
betrachtet. Im Sinne der Abschreckung ist auch über die
Einführung der Strafbarkeit juristischer Personen
nachzudenken. In den USA gibt es das nachahmenswerte Modell,
Unternehmen eine Strafminderung zuzugestehen, wenn sie glaubhaft
machen können, dass sie, etwa durch interne Schulung der
Mitarbeiter und Abfassung und Durchsetzung von Verhaltenskodizes,
ernsthaft bemüht waren, Korruption zu vermeiden. Zur
präventiven Abschreckung sollten Erträge, die durch
korrumpierte Geschäfte entstanden sind, beschlagnahmt und
Schadensersatz gefordert werden können.
Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
sind auch auf internationaler Ebene zu treffen. Mit dem
Inkrafttreten der „OECD Konvention über die
Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger
im internationalen Wirtschaftsverkehr“ am 15.2.1999 ist eine
wichtige Lücke im internationalen Regelwerk geschlossen worden
– die Strafbarkeit der Bestechung auch ausländischer
Amtsträger (OECD 2000j). Der Erfolg dieser Konvention wird
letztendlich durch die Umsetzung der Konvention in nationales Recht
durch die 35 Signatarstaaten bestimmt. Ein zweistufiges Monitoring-Verfahren, zu dem auch die
Veröffentlichung der Ergebnisse gehört, soll dies
sicherstellen. Gleiches gilt für die
„Inter-Amerikanische Konvention gegen die Korruption“,
die bereits 1996 im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten
(OAS) verabschiedet wurde. Gegenwärtig wird auch auf UN-Ebene
über eine Konvention zur Korruptionsbekämpfung
verhandelt. Die Weltbank hat Korruptionsbekämpfung bereits in
ihr Mandat aufgenommen (Weltbank 1997, Ackermann 1997). In der WTO
wird das Thema bislang nur im Rahmen des freiwilligen
„Government Procurement Agreement“ angesprochen.
26 Vgl. Tanzi (1998a: 9ff.); dort auch weitere,
insbesondere indirekte Faktoren, die Korruption
begünstigen.
27 Dieser Begriff wurde von Transparency International
(TI), einer internationalen Antikorrupitonsorganisation
geprägt.
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