*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

 zurück weiter  Kapiteldownload  Übersicht 


3.3.3.6       Forderungen der Mitglieder zu den GATS-Verhandlungen

Im Vorfeld der Bestandsaufnahme für die neue GATS-Verhandlungsrunde unterbreiteten die EU, die USA und andere Staaten Vorschläge für eine grundlegende Änderung des GATS-Liberalisierungskonzepts. Der „Bottom-Up“-Ansatz soll teilweise überwunden werden. Stattdessen wurde ein Negativlisten-Ansatz, die Anwendung sektorübergreifender horizontaler Formeln oder die Liberalisierung größerer Cluster verwandter Sektoren vorgeschlagen. Entwicklungsländer optierten mehrheitlich für die Beibehaltung der flexiblen Struktur des GATS.

Die EU legte Verhandlungsvorschläge für die Freien Berufe, für unternehmensbezogene Dienstleistungen, Telekommunikation, Baudienstleistungen, Vertrieb, Umweltdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Tourismus und Verkehr vor. Die Bundesregierung nennt als Ziele für die GATS-Verhandlungen: Erstens eine ausgewogene und insgesamt höhere Liberalisierungsverpflichtungen aller WTO-Mitglieder v. a. bei Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Handel. Zweitens die Ausweitung von Liberalisierungszusagen in der Erbringungsart 3 (kommerzielle Präsenz), die Klärung offener Fragen und die Herstellung verstärkter Rechtssicherheit beim elektronischen Handel. Außerdem will sie eine verstärkte Beteiligung der Entwicklungsländer am weltweiten Dienstleis­ tungshandel erreichen. Die Bundesregierung verweist darauf, dass die GATS-Erbringungsart 3 nur einen Teilbereich des Investitionsschutzes umfasst und daher ein umfassendes multilaterales Abkommen angestrebt werde (Regelungen zum Enteignungsschutz, zu Entschädigungen und Gewinntransfer). Befürchtungen, die Leistungen der Daseinsvorsorge könnten unter Liberalisierungsdruck gesetzt werden, hält sie für „im Wesentlichen unbegründet“ (Bundesregierung 2001a). Allerdings wird eingeräumt, dass diese Dienste zum Regelungsumfang des GATS gehören, sofern parallel privatisierte Dienste am Markt angeboten werden. Inwieweit für Dienste der Daseinsvorsorge Liberalisierungsverpflichtungen übernommen werden, bleibe jedoch der Entscheidung jedes WTO-Mitglieds überlassen.

Ebenso wie die EU übermittelten die USA eine Reihe sektoraler Verhandlungsvorschläge für die erste Bestandsaufnahme der Verhandlungen. Die USA konzentrieren sich auf wenige Bereiche. So wird auf eine verstärkte Teilnahme weiterer Länder an den plurilateralen Abkommen über Basistelekommunikation und Finanzdienstleistungen gedrungen. Einen weiteren Schwerpunkt legen die USA auf den elektronischen Handel, der für die grenzüberschreitende Erbringung von Diensten von zunehmender Bedeutung ist (Esserman 1999).

Die Positionen der Entwicklungsländer reichen von Befürwortern weiterer Dienstleistungsliberalisierung über verhaltene Zustimmung bis zur Ablehnung weiterer Verpflichtungen. Zumeist bringen sie aber sowohl Interessen an einer dienstleistungsinduzierten Diversifizierung ihrer Exportpalette als auch nach dem Schutz ihrer noch nicht wettbewerbsfähigen Sektoren zum Ausdruck. Sie plädieren für die Beibehaltung der flexiblen Struktur des GATS und monieren, dass im GATS keine Sonderbehandlung armer Länder vorgesehen ist. Daneben fordern Entwicklungsländer eine verbindliche Regelung über die zeitlich befristete Rücknahme von Liberalisierungsverpflichtungen bei Notständen (Mashayekhi 2000).




 zurück weiter  Top  Übersicht 


Volltextsuche