3.3.3.5 Auswirkungen der
Liberalisierung
Mit
Liberalisierung des Dienstleistungshandels werden häufig
optimistische Erwartungen bezüglich Wettbewerbsfähigkeit,
Beschäftigungswirkungen, Preissenkungen oder verbesserter
Service-Qualität verknüpft. Studien hierüber
offenbaren jedoch ein ambivalentes Bild. Die EU-Kommission legte
eine Bewertung der Binnenmarktliberalisierung von
Netzwerkindustrien vor, welche Leistungen der Daseinsvorsorge
erbringen (Europäische Kom mission 2001a). Im
Telekommunikationssektor, welcher in den EU-Staaten seit 1998
liberalisiert ist, sind die Marktanteile der etablierten Betriebe
immer noch hoch, jedoch hat sich die Zahl der Anbieter
vergrößert. Die Liberalisierung hat Fusionen und
Übernahmen im Telekommunikationsmarkt stimuliert, wobei die
meisten im Inland stattfanden. Positiv beurteilt die Kommission die
Beschäftigungswirkungen der Liberalisierung. So habe es mit
Ausnahme von Belgien und Schweden in allen EU-Staaten zwischen 1996
und 2000 einen Beschäftigungsanstieg im
Telekommunikationssektor gegeben, was allerdings nicht ausnahmslos
auf die Liberalisierung zurückgeführt werden kann.
Nach Angaben der
EU-Kommission hat es im Elektrizitäts- und Gassektor in der
Zeit von 1990 bis 1995 einen Arbeitsplatzverlust von 14 bis 17
Prozent gegeben, weitere 25 Prozent scheinen in den nächsten
fünf Jahren gefährdet. Anders als in der EU führte
die Liberalisierung des Telekommunikationssektors in anderen
Ländern auch zu deutlichen Preissteigerungen (Consumers
International 2001). Zu Beschäftigungseffekten,
veränderten Qualifikationsanforderungen,
wirtschaftsstrukturellen oder ökologischen Wirkungen der
Liberalisierung liegen insgesamt nur wenige Erkenntnisse vor. Auch
das WTO-Sekretariat stellt fest, dass die Forschung zu den
Liberalisierungswirkungen noch am Anfang steht (WTO 1998b).
3.3.3.5.1 Liberalisierungseffekte in
Deutschland
WTO Angaben zufolge belegt Deutschland 1999
bei den Dienstleistungsexporten mit 79,3 Milliarden US-Dollar den
vierten Rang, bei den Importen den zweiten Rang. Das Defizit in der
Dienstleistungsbilanz vermag Deutschland durch die traditionell
hohen Überschüsse beim Güterhandel mehr als
auszugleichen. Das größte und entscheidende Gewicht in
der deutschen Dienstleistungsbilanz hat der Reiseverkehr. Das
Defizit hierbei kann jedoch unmöglich als Beleg für
Wettbewerbsschwäche interpretiert werden. Der zweitwichtigste
Bereich sind die Transportleistungen, die wiederum eng mit dem
Warenhandel verknüpft sind. Die Einnahmen aus
Transportleistungen für ausländische Kunden machten ca.
ein Viertel der Dienstleis tungsumsätze aus (Deutsche
Bundesbank 2000a). Besondere Aufmerksamkeit wird den
verschiedenen technischen Dienstleistungen geschenkt, dem Patent-
und Lizenzverkehr mit dem Ausland, den grenzüberschreitenden
Zahlungen für Forschung und Entwicklung sowie den Ingenieur-
und Datenverarbeitungsleistungen. Seit Mitte der 80er Jahre weist
die deutsche Dienstleistungsbilanz in diesen Bereichen Defizite
auf. Auch bei den in ihrer Bedeutung zunehmenden
Kommunikationsdienstleistungen ist Deutschland stärker als
Nachfrager denn als Anbieter aufgetreten.
3.3.3.5.2 Zielregionen deutscher
Dienstleistungs exporte
Rund die Hälfte der deutschen
Dienstleistungsexporte gehen in die Länder der EU, ein knappes
Drittel in Indus- trie länder außerhalb der EU. Die
Staaten Mittel- und Osteuropas sowie die Entwicklungsländer nehmen
rund 18 Prozent der Service-Exporte auf. 56 Prozent der
Dienstleistungsimporte stammen aus der EU, 25 Prozent aus den
übrigen Industrieländern und wiederum 18Prozent aus
Reform- und Entwicklungsländern (Lahmann, Gordaliza 2001).
3.3.3.5.3 Ausländische
Direktinvestitionen
Für viele Service-Unternehmen ist die
Niederlassung im Ausland eine notwendige Voraussetzung zur
Markterschließung. Dies gilt besonders für Banken,
Versicherungen und Anbieter unternehmensbezogener Dienste. Nach
Angaben von UNCTAD wuchsen die ausländischen
Direktinvestitionen bis 1999 auf einen Wert von 800 Milliarden
US-Dollar (UNCTAD 2001a) an. Sie fließen zu mehr als 50
Prozent in die Dienstleistungsindustrie. Im Jahr 1999 hielten
deutsche Unternehmen Direktinvestitionen im Ausland mit einem
Gesamtwert von 405 Milliarden Euro, davon 213 Milliarden Euro in
Dienstleis tungssektoren (Deutsche Bundesbank 2001e: 40).
3.3.3.5.4 Vorleistungen für die
Güterproduktion
Da die Datenlage zur Analyse der
Exportorientierung von deutschen Dienstleistungen mangelhaft ist,
sind in den letzten Jahren Studien vergeben worden, die versuchen,
den Stand und das Potenzial für Dienstleistungen zu
analysieren. Weit größer ist das Gewicht der
Dienstleistungen, die als Vorleistungsbezüge in der
Warenausfuhr enthalten sind. Laut der DIW Input-Output-Berechnung
haben Dienstleistungen “an der von der deutschen Ausfuhr
erzeugten Wertschöpfung einen Anteil von 41 Prozent; bei der
damit verbundenen Beschäftigung sind es gut 36 Prozent und bei
der Bruttoproduktion gut 30 Prozent” (Schultz, Weise, 2000:
31). Obgleich die Dienstleis tungsbilanz einen negativen
Saldo zu verzeichnen hat, kann es dennoch sein, dass in den Jahren
mit einem hohen Überschuss im Warenhandel die deutschen
Unternehmen mit Dienstleistungen einen Überschuss im
Außenhandel erzielt haben (Stille 2000: 9).
3.3.3.5.5 Deutsche
Wettbewerbsposition
Die Stärke der deutschen Industrie wird
umgekehrt auch als ein Grund für die relative Schwäche
der Position v.a. bei den unternehmensnahen und technischen
Dienstleis tungen angesehen. Die enge Verbundenheit von
Dienstleistungen mit der industriellen Exportwirtschaft stellt beim
Trend zur Spezialisierung und Ausgliederung unternehmensnaher
Dienstleistungen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den auf
den spezialisierten Märkten bereits etablierten Unternehmen
dar (Schultz, Weise 2000: 36, Baethge u. a. 1999: 17). Entsprechend
gering werden die Exportchancen für deutsche unternehmensnahe
Dienst leister bei weiteren Liberalisierungen dieser
Märkte eingeschätzt. Eine Untersuchung des DIW kommt zu
dem Schluss: „die Vermutung, dass deutsche
Beratungsgesellschaften bei ausgewählten Wissens- und
Hochtechnikdienstleistungen einen Wettbewerbsvorsprung haben, der
zunehmende Dienstleistungsexporte in die westlichen
Industrieländer der EU erwarten lässt, hat sich in der
Befragung nicht bestätigt“ (Gornig, von Einem 2000: 70,
Stille 2000: 16). Aufgrund der in Branchen unterschiedlichen
Wettbewerbsposition der Dienstleister ist fraglich, ob die deutsche
Dienstleistungsbranche insgesamt von weiteren Liberalisierungen der
Märkte profitiert.
3.3.3.5.6 Beschäftigungseffekte der
Liberalisierung
Heute macht der Dienstleistungsbereich ca. 64
Prozent der Beschäftigung in Deutschland aus. Es fehlen aber
Studien über die Auswirkungen des internationalen
Dienstleistungshandels (Barth 1998: 43). Einige Einsichten liefern
allerdings die vom DIW vorgenommenen Input-Output-Rechnungen zur
Exportorientierung der Dienstleistungsbeschäftigung (Schultz,
Weise 2000). Während die Zahl der von der Ausfuhr
abhängigen Warenproduzenten konstant geblieben ist, stieg die
Zahl der für die Ausfuhr tätigen Dienstleister seit den
80er Jahre beständig an. Beschäftigungsfolgen der
Dienstleistungseinfuhr sind bislang unzureichend untersucht worden.
Neben den gesamtwirtschaftlich positiven Auswirkungen der Einfuhr
günstiger Dienstleistungen wäre zu analysieren, inwiefern
es in den einzelnen Sektoren zu Verdrängungen heimischer
Beschäftigung kam. Für Deutschland wird außerdem
festgestellt, dass Prognosen über die Beschäftigung in
der Medien-, Informations- und Kommunikationswirtschaft spezifische
Risiken außer Acht lassen (Baethge u. a. 1999: 8ff.). Es wird
vermutet, dass mit einer weiteren Handelsliberalisierung in diesem
Bereich die Wettbewerbsvorteile von Niedriglohnanbietern,
insbesondere bei intensiverer Nutzung des elektronischen Handels,
steigen können.
Während der Dienstleistungssektor bis in
die 80er Jahre den Beschäftigungsabbau in anderen Bereichen
mehr als ausgleichen konnte, gelingt dies seitdem nicht mehr
(Zimmermann 2000: 78). Auch Dienstleistungen sind vor
Rationalisierung nicht sicher, so dass sich insbesondere die
Beschäftigungsaussichten für Geringqualifizierte
verschlechtern. Die Zunahme flexibilisierter Erwerbsstrukturen wie
Teilzeitarbeit, geringfügige oder befristete
Beschäftigung, Mehrfachbeschäftigung und
Scheinselbst ständigkeit ist hier besonders
ausgeprägt (Baethge u.a. 1999: 4ff.).43
3.3.3.5.7 Zukünftige Auswirkungen
der GATS-Liberalisierung
Für Deutschland stellt sich die Frage,
inwieweit die zukünftige GATS-Liberalisierung auf die
nationale Regulierungsebene durchgreifen kann, insbesondere vor dem
Hintergrund der weit vorangeschrittenen europäischen
Binnenmarktliberalisierung.
GATS eröffnet Exporteuren außerhalb
der EU Zugangsmöglichkeiten zum europäischen Markt. Nicht
oder nur teilweise liberalisierte Bereiche können durch
Drittstaaten herausgefordert werden – so geschehen
während der GATS-Verhandlungen über Mindestquoten
europäischer Länder für heimische Medienprodukte.
Die EU übernahm damals keine Verpflichtungen, was z.B. die
Filmförderung oder die Länderkompetenzen bei der
Rundfunkgesetzgebung absichert. Die mögliche Marktöffnung
für Bildungsdienstleistungen kann ebenfalls unabhängig
von Binnenmarktbestimmungen erfolgen. In der EU sind
Grundfreiheiten und Wettbewerbsregeln nicht auf staatliche
Bildungssysteme anwendbar, solange die Erbringung der
Bildungsdienstleistungen keinem wirtschaftlichen Zweck folgt
(Europäische Kommission 2000b: 13). Das heißt, dass es
den EU-Mitgliedern nicht möglich ist, verstärkt private
Anbieter z.B. der Erwachsenenbildung oder der beruflichen
Weiterqualifizierung aus Drittstaaten auf den Markt zu lassen.
Die multilaterale Ebene des GATS kann durch
nationale Akteure strategisch eingesetzt werden, um nationale
Regelungen herauszufordern. Die Forderungen deutscher,
europäischer, US-amerikanischer und japanischer
Dienstleistungskonzerne zu grenzüberschreitenden
Personen bewegungen gleichen sich weitgehend. Dabei
können sich Dienstleistungsunternehmen sämtlicher
Regu lie rungs ebenen bedienen. Zudem kann
ein auf nationaler und EU-Ebene nicht lösbarer
Interessenkonflikt, z.B. regierungsseitige Wünsche zur
Lockerung bestehender Arbeitsnormen, durch das Eingehen
entsprechender Liberalisierungsverpflichtungen im Rahmen des GATS
„gelöst“ werden.
GATS und die Dienstleistungsliberalisierung
der EU können als sich ergänzende Liberalisierungsebenen
verstanden werden. So können Lücken bei der
Binnenmarktliberalisierung über den Weg der GATS-Verhandlungen
unter Druck geraten. Etwaige nationale Forderungen nach
Rücknahme von Liberalisierungen können durch Verweis auf
GATS-Verpflichtungen abgewiesen werden. Eine wesentliche Funktion
dieses Abkommens wird daher auch darin gesehen,
Liberalisierungsfortschritte, die auf bilateraler oder regionaler
Ebene erzielt wurden, zu multilateralisieren. Die Wiedergewinnung
staatlicher Regelungskompetenzen ist nach erfolgter Festschreibung
im Prinzip nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Das GATS-Konzept der
fortschreitenden Liberalisierung sieht eine sukzessive Ausweitung
von Marktöffnungsverpflichtungen vor.
Wie das European
Services Forum im Zusammenhang der grenzüberschreitenden
Personenbewegungen feststellte, könnten entsprechende
Regelungen wechselseitige Überprüfungsprozesse (sog.
„Peer-Pressures“) zwischen den WTO-Mitgliedern
vorschreiben, die letztlich innenpolitische
Handlungsspielräume begrenzen können. Ein erster Schritt
wurde mit den Länderlisten spezifischer Verpflichtungen
geschaffen. Diese legen das nationale Außenhandelsregime
offen. Wird das Außenhandelsregime durch
Gesetzesnovellierungen restriktiver ausgestaltet, liegt ein
völkerrechtlicher Verstoß vor (Koehler 1999: 236). Hinzu
kommen die Notifizierungsanforderungen des GATS, die dazu
führen können, dass nationale Regelungen schon im
Entwurfsstadium mit interessierten WTO-Mitgliedern diskutiert
werden müssten. Zweifelhaft ist, ob Restriktionen für die
nationale Regulierungsebene durch spezifische Schutzmechanismen
verhindert werden können. Ob von Gewerkschaften geforderte
Schutzklauseln bei Markt- oder Arbeitsmarktstörungen im
Konfliktfall angewendet würde, hängt von Bedingungen ab.
Zudem verlangt die nationale Anwendung einer Schutzklausel das
Einvernehmen mit den EU-Staaten. Für die EU-Mitgliedstaaten
kommt als Problem hinzu, dass sich die hohe
Binnenmarktliberalisierung mancher Sektoren in den
GATS-Verhandlungen als Risiko erweisen kann. Wenn die Kommission
mit Verweis auf eigene Liberalisierungsfortschritte hohe
Forderungen an Drittstaaten stellt, werden diese weitreichende
Begehrlichkeiten gegenüber der EU formulieren. Ferner stellt
das GATS einen Rahmen dar, der auch bi- und plurilaterale Abkommen
ermöglicht. Plurilaterale Abkommen zu Basistelekommunikation
und Finanzdienstleistungen wurden v.a. von wettbewerbsstarken
Ländern vorangetrieben.
3.3.3.5.8 Folgen der Dienstleistungs
liberalisierung in Entwicklungsländern
Vorbehalte der
Entwicklungsländer gegenüber einer forcierten
Dienstleistungsliberalisierung bedeuten keineswegs, dass sie nicht
auch Chancen mit diesem Bereich verbinden. So wünschen sie
sich ebenfalls bessere Marktzugangsmöglichkeiten. Jedoch
artikulieren sie das Interesse, ihre inländischen Anbieter vor
zu starker Konkurrenz aus dem Norden zu schützen. Daher ist
ihre Haltung durch einen differenzierten Ansatz geprägt, der
ebenso Exportchancen wie auch den Schutz nicht
wettbewerbsfähiger Anbieter beinhaltet.
3.3.3.5.9 Exportchancen
Für viele
Länder stellt der Service-Bereich eine der wenigen
Möglichkeiten dar, ihre Exportpalette zu diversifizieren.
Potenzielle Exportchancen werden den Ländern des Südens
v.a. in sechs Service-Bereichen attestiert, in denen ihre
Wettbewerbsvorteile jedoch häufig von der Möglichkeit
grenzüberschreitender Arbeitskräftebewegungen bestimmt
werden (UNCTAD 1999):
– Professionelle und
Unternehmensdienstleistungen, v.a. im EDV- und
Back-Office-Bereich;
– Gesundheitsdienstleistungen;
– Tourismus;
– Bauwesen;
– Audiovisuelle Dienstleistungen und
– Transport.
Im EDV- und
Back-Office-Bereich geht man von einer geringen Zahl potenzieller
Anbieter auf Seiten von Entwicklungsländern ausgegangen.
Daneben sind Industrie länder nur geringe
Marktöffnungsverpflichtungen bei Gesundheitsdiensten
eingegangen. Im Bauwesen sind mehr Verpflichtungen bei der
Niederlassungsfreiheit (Mode 3) eingegangen worden als bei der
für Entwicklungsländer besonders relevanten Erbringsart
4, den befristeten Arbeitsaufenthalten im Ausland. Was den
Seetransport angeht, profitieren sie von der Praxis des Ausflaggens
(WTO 1999, UNCTAD 1999).
Weitere Marktzugangshindernisse legen sich
Dienstleis tungsanbietern aus dem Süden durch die
subventionierten Konkurrenten aus dem Norden in den Weg. So
können sie nicht mit Baufirmen konkurrieren, die durch
Exportfördermaßnahmen und Ausfallbürgschaften
subventioniert werden. Desweiteren gelten preisbasierte
Maßnahmen als Zutrittsbarrieren, wie Visa-, Lande-,
Lizenzgebühren, Hafensteuern etc. Hinzu kommen technische
Standards, mangelnder Zugang zu Informations- und
Vertriebskanälen, kaum Zugang zu öffentlichen
Aufträgen und fehlende Möglichkeiten, die
Finanzierungspakete für größere Projekte
mitzuliefern (UNCTAD 1999). Bei den grenzüberschreitenden
Bewegungen natürlicher Personen (Mode 4) sind kaum
Zugeständnisse gemacht worden. Die Beschränkungen der
Erbringungsart 4 können in Form restriktiver Visa- oder
Lizenzauflagen und mangelnder Anerkennung von Berufsqualifikationen
auftreten. Hierbei ist auch die Frage des „Brain Drain“
zu berücksichtigen, welcher besonders bei qualifizierten
Arbeitskräften auftreten kann.
3.3.3.5.10 Risiken der
Marktöffnung
Die Öffnung
der Märkte für ausländische Dienstleistungen bringt
spezifische ökonomische, soziale und ökologische Risiken
mit sich. Im Mittelpunkt stehen Befürchtungen, den Einfluss
auf bestimmte öffentliche Versorgungsleis tungen zu
verlieren. Ferner bestehen starke Vorbehalte hinsichtlich einer
Liberalisierung der öffentlichen Auftragsvergabe. Anders als
im GATT sind keine Sonder behandlung für arme
Länder enthalten. Es gibt keine verbindlichen Regelungen
über die zeitlich befristete Rücknahme von
Liberalisierungsverpflichtungen in Notlagen. Zwar schreibt Artikel
X Verhandlungen zu Notstandsmaßnahmen vor, bis heute ist es zu
keiner Einigung gekommen (WTO Reporter 2000).
Künftig
relevant wird der mögliche Druck auf staatliche Regulierungen
(v.a. Artikel VI). Die in Verhandlungen u.U. geforderten
Beschränkungen für innerstaatliche Regulierungen lassen
sich möglicherweise nur bei schon vorhandenen regulatorischen
Strukturen und Kompetenzen abwehren. Die Erbringungsart 3
(„Mode“ 3) verlangt spezifische inländische
Auflagen, um die ausländischen Direktinvestitionen in
entwicklungsförderliche Bahnen zu lenken. Dazu gehören
Bestimmungen zur Höhe ausländischer Beteiligungen,
Einstellungsquoten einheimischer Arbeitskräfte, zur Verwendung
inländischer Vorprodukte, zur Einhaltung bestimmter Gesetze
zum Arbeits- oder Umweltschutz sowie Handels- und
Zahlungsbilanzauflagen. Letztere sollen sicherstellen, dass keine
außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte durch hohe Importe oder
hohe Devisenausgaben entstehen. Die Befürchtung der
Entwicklungsländer ist, dass nach dem gescheiterten
Multilateralen Abkommen über Investitionen, mit dem GATS ein
weiterer Versuch unternommen wird, global verbindliche Regelungen
zugunsten von Investoren zu etablieren, die die nationale
Investitionslenkung unterminieren (Hochuli 2000).
43 Vgl. hierzu auch Kapitel
3.1.4.
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