3.3.4.4 Abbau des
Ungleichgewichts zwischen Industrieländern,
Entwicklungsländern und „small states“
Bei Abstimmungen
in der WTO hat jedes Mitgliedsland nur eine Stimme („One
Country, One Vote“). Diese Stimmengleichheit ist jedoch nicht
identisch mit gleichen Möglichkeiten der Einflussnahme
zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Generell kann man
feststellen, dass die Entwicklungsländer trotz ihres
zahlenmäßigen Gewichts nicht über den entsprechenden
Einfluss und die Partizipationsmöglichkeiten der
Industrieländer verfügen. Während viele Delegationen
aus Industrieländern auf die Expertise oft dutzender
mitgereister Spezialisten aus Ministerien usw. zurückgreifen
können, beschränken sich die Delegationen ärmerer
Länder oft auf wenige Personen, die weder die ganze
Themenvielfalt abdecken, noch omnipräsent sein können.
Oft fehlt es den meisten Entwicklungsländern schon an den
Möglichkeiten, sich vor den Verhandlungen abzustimmen. Das
Machtungleichgewicht tritt insbesondere während des Prozesses
der Entscheidungsfindung innerhalb der WTO zutage.
Deshalb wurde in
der Enquete-Kommission der Vorschlag diskutiert, die informellen
Konsultationen während WTO-Verhandlungen zu formalisieren.
Bemängelt wird seitens der Entwicklungsländer ihre mangelnde
Berücksichtigung und fehlende Möglichkeiten zur
Einflussnahme bei informellen sog. „Green-Room-Discussions“. Diese
„green-rooms“ wurden von der Verhandlungsführung
zum ersten Mal auf der WTO-Ministerkonferenz von Seattle
„geöffnet“, um den wichtigsten Handelsnationen und
einigen strategisch wichtigen Entwicklungsländern ein Forum
zum informellen Vorabaustausch zu bieten. Das Gros der
Entwicklungsländer blieb durch diese Verhandlungsweise im
Prozess der Entscheidungsfindung außen vor. Diese mangelnde
Möglichkeit der Einflussnahme der meisten
Entwicklungsländer auf der Konferenz in Seattle wird unter
anderem auch für deren Scheitern mitverantwortlich
gemacht.
Auf der Ministerkonferenz in Doha hat sich
jedoch he rausgestellt, dass man formelle und informelle
Konsultationen miteinander verbinden kann. Dort hat man sich auf
ein neues Verhandlungsverfahren geeinigt. Im größten
Verhandlungssaal kann jedes Mitglied seine grundsätzliche
Position darlegen. Ausschüsse mit Vermittlern zu insgesamt
sechs Themen bilden die zweite Ebene der Verhandlungen. In
Unterausschüssen versuchen die Vermittler, unterschiedliche,
nicht-konsensfähige Positionen nicht entstehen zu lassen. Die
in den Unterausschüssen formulierten Kompromisse werden dann
den jeweiligen Ausschüssen zur Abstimmung vorgelegt. In Doha
herrschte deshalb über die unterschiedlichen Positionen immer
Klarheit.
Die
Enquete-Kommission spricht sich deshalb dafür aus, hieraus ein
Verhandlungsmuster für zukünftige Konsultationen zu
gewinnen. Allerdings existiert in der Kommission auch die Meinung,
es sei kontraproduktiv, das Verfahren über informelle
Konsultationen „zu regulieren“. Solche Art
Formalisierung informeller Kontakte läuft Gefahr, die
Sondierung im Vorfeld zu gefährden und führt leicht zu
ganz intransparenten diplomatischen Ausweichmanövern.
Möglicherweise würde mit einer derartigen Regulierung das
Gegenteil dessen erreicht werden, was zunächst angestrebt
wurde.
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