*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

 zurück weiter  Kapiteldownload  Übersicht 


3.3.4.4    Abbau des Ungleichgewichts zwischen Industrieländern, Entwicklungsländern und „small states“

Bei Abstimmungen in der WTO hat jedes Mitgliedsland nur eine Stimme („One Country, One Vote“). Diese Stimmengleichheit ist jedoch nicht identisch mit gleichen Möglichkeiten der Einflussnahme zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Generell kann man feststellen, dass die Entwicklungsländer trotz ihres zahlenmäßigen Gewichts nicht über den entsprechenden Einfluss und die Partizipationsmöglichkeiten der Industrieländer verfügen. Während viele Delegationen aus Industrieländern auf die Expertise oft dutzender mitgereister Spezialisten aus Ministerien usw. zurückgreifen können, beschränken sich die Delegationen ärmerer Länder oft auf wenige Personen, die weder die ganze Themenvielfalt abdecken, noch omnipräsent sein können. Oft fehlt es den meisten Entwicklungsländern schon an den Möglichkeiten, sich vor den Verhandlungen abzustimmen. Das Machtungleichgewicht tritt insbesondere während des Prozesses der Entscheidungsfindung innerhalb der WTO zutage.

Deshalb wurde in der Enquete-Kommission der Vorschlag diskutiert, die informellen Konsultationen während WTO-Verhandlungen zu formalisieren. Bemängelt wird seitens    der Entwicklungsländer ihre mangelnde Berücksichtigung und fehlende Möglichkeiten zur Einflussnahme bei informellen sog. „Green-Room-Discussions“. Diese „green-rooms“ wurden von der Verhandlungsführung zum ersten Mal auf der WTO-Ministerkonferenz von Seattle „geöffnet“, um den wichtigsten Handelsnationen und einigen strategisch wichtigen Entwicklungsländern ein Forum zum informellen Vorabaustausch zu bieten. Das Gros der Entwicklungsländer blieb durch diese Verhandlungsweise im Prozess der Entscheidungsfindung außen vor. Diese mangelnde Möglichkeit der Einflussnahme der meisten Entwicklungsländer auf der Konferenz in Seattle wird unter anderem auch für deren Scheitern mitverantwortlich gemacht.

Auf der Ministerkonferenz in Doha hat sich jedoch he­ rausgestellt, dass man formelle und informelle Konsultationen miteinander verbinden kann. Dort hat man sich auf ein neues Verhandlungsverfahren geeinigt. Im größten Verhandlungssaal kann jedes Mitglied seine grundsätzliche Position darlegen. Ausschüsse mit Vermittlern zu insgesamt sechs Themen bilden die zweite Ebene der Verhandlungen. In Unterausschüssen versuchen die Vermittler, unterschiedliche, nicht-konsensfähige Positionen nicht entstehen zu lassen. Die in den Unterausschüssen formulierten Kompromisse werden dann den jeweiligen Ausschüssen zur Abstimmung vorgelegt. In Doha herrschte deshalb über die unterschiedlichen Positionen immer Klarheit.

Die Enquete-Kommission spricht sich deshalb dafür aus, hieraus ein Verhandlungsmuster für zukünftige Konsultationen zu gewinnen. Allerdings existiert in der Kommission auch die Meinung, es sei kontraproduktiv, das Verfahren über informelle Konsultationen „zu regulieren“. Solche Art Formalisierung informeller Kontakte läuft Gefahr, die Sondierung im Vorfeld zu gefährden und führt leicht zu ganz intransparenten diplomatischen Ausweichmanövern. Möglicherweise würde mit einer derartigen Regulierung das Gegenteil dessen erreicht werden, was zunächst angestrebt wurde.




 zurück weiter  Top  Übersicht 


Volltextsuche