3.4.1
Zunehmende grenzüberschreitende
Unternehmenskonzentrationen
Weltweit sind die
Fusionsaktivitäten seit Mitte der neunziger Jahre stark
angestiegen. Besonderes Merkmal der aktuellen Fusionswelle ist die
vergleichsweise hohe Zahl von Zusammenschlüssen zwischen
Großunternehmen (Megafusionen). Grenzüberschreitende
Übernahmen und Fusionen sind auch Gründe für die
starke Zunahme weltweiter Direktinvestitionen (s. 3.4). Etwa
90Prozent der Direktinvestitionen der Industrieländer werden
von ihren multinationalen Unternehmen vorgenommen.
Weltweit hat sich in den neunziger Jahren die
Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse fast verdreifacht und
ihr Wert verachtfacht: Zwischen 1990 und 1999 ist die Zahl der
Fusionen weltweit von rund 9000 auf fast 25000 gestiegen, ihr Wert
hat sich von 290 auf 2 380 Milliarden US-Dollar erhöht
(Kleinert, Klodt 2000). Die Bedeutung von Megafusionen ist sehr
hoch: ihr wertmäßiger Anteil am weltweiten
Transaktionsvolumen stieg von 8 Prozent im Jahr 1997 auf 23 Prozent
im Jahr 1998.
Allerdings zeichnet sich angesichts der
momentanen Wirtschaftslage eine Pause ab: Die Zahl der
Zusammenschlüsse ging nach einer Meldung der KPMG Corporate
Finance Deutschland im ersten Halbjahr 2001 weltweit um 35 Prozent
zurück; der Wert der Transaktionen sank um 58 Prozent
gegenüber dem Vorjahr. Den stärksten Rückgang gab es
in Westeuropa mit einer Minderung des Gesamttransaktionsvolumens
von 63Prozent; in den USA reduzierte sich der Wert um 51Prozent. Im
asiatisch-pazifischen Raum war ein Rückgang um 19 Prozent zu
verzeichnen (Handelsblatt 25.6.2001).
Die wettbewerbspolitische Relevanz von
Zusammenschlüssen bemisst sich danach, ob und inwieweit die
fusionierenden Unternehmen in aktueller oder potentieller
Konkurrenz stehen oder ob sie auf verschiedenen Märkten
tätig sind. Insbesondere bei Zusammenschlüssen von
Wettbewerbern (horizontalen Fusionen) ist die Gefahr von
Wettbewerbsbeschränkungen groß. Darum handelt es sich
derzeit beim größten Teil der
Konzentrationsvorgänge. In den von der EU-Kommission
geprüften Fusionen gehörten im Jahr 1999 über 80
Prozent der Unternehmen der gleichen Branche an.
Fusionsgründe: Vorrangig geht es
den Unternehmen um weltweite Präsenz, das Erschließen
neuer Märkte und neuen Wissens, die Verstärkung der
Marktstellung, das Optimieren von Produktionskapazitäten und
die Reduktion von Transport-, Informations- und
Kommunikationskosten. Dabei konzentrieren sie sich heutzutage auf
ihre sogenannten Kernkompetenzen. Verkauf oder Stillegung von
Unternehmensbereichen, denen in diesem Sinne keine strategische
Bedeutung zukommt, sind oft die Folgen dieses Prozesses. Eine
andere Folge ist Outsourcing: Eigene Produktion und hausinterne
Dienstleis tungen werden ausgegliedert und entsprechende
Leistungen auf dem Markt hinzugekauft. Eine dritte Folge ist die
sich daraus logisch ergebende Präferenz für horizontale
Zusammenschlüsse. Sie ermöglichen die Konzentration von
Wertschöpfungsaktivitäten auf eine kleinere Zahl
größerer Standorte und damit eine bessere Nutzung von
Economies of Scale. Transnationale Netzwerke werden
aufgebaut und die Produktion auf bestimmte Standorte konzentriert
(Dörrenbächer und Wortmann 2000; Kisker 2001;
Dörrenbächer, Plehwe 2000; Hassel u.a. 2000).
Begleitet wurde
dieser Prozess von einem Boom auf den Aktienmärkten sowie der
Möglichkeit, Aktien als Akquisitionswährung einzusetzen.
Fusionen sind jedoch keineswegs immer vom Erfolg gekrönt.
Internationale Studien belegen, dass sich in höchstens der
Hälfte der Fälle die erhofften Gewinnsteigerungen realisieren lassen
(Monopolkommission 2000: 416).49
49 Die Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers hat
festgestellt, dass mehr als 80 Prozent der Unternehmen nicht einmal
die Kapitalkosten der Fusion erwirtschaften und dass rund ein
Drittel der gekauften Betriebe auch wieder verkauft werden.
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