4.7.1.4 Die Fiskalpolitik
Auf dem Dubliner und dem Amsterdamer Gipfel
1996 und 1997 wurde auf deutsche Initiative hin der
Stabilitäts- und Wachstumspakt beschlossen, der Regeln
für die Fiskalpolitik der Mitgliedsländer vorschreibt.
Die Mitgliedsländer werden verpflichtet, einen ausgeglichenen
Haushalt oder sogar Überschüsse zu erreichen. Dabei wird
angenommen, dass ein im Durchschnitt eines Konjunkturzyklus
bestehender Haushaltsausgleich oder Haushaltsüberschuss per se
positiv zu beurteilen ist. Befürchtet wird andernfalls, dass
Budgetdefizite einzelner Mitgliedsstaaten Inflation und
Zinssteigerungen insgesamt in der Union auslösen können.
In der Wirtschaftswissenschaft ist das Ziel eines ausgeglichenen
Budgets seit langem vielfach kritisiert worden. Repräsentativ
für die in Deutschland vorherrschende – wenn auch
keineswegs unumstrittene – Meinung dürfte die Auffassung
des Sachverständigenrates zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) sein, der konjunktur- und
investitionsorientierte Staatsverschuldung für legitim
hält und lediglich „strukturelle“ Defizite
reduzieren möchte. Der SVR hält im übrigen die
fiskalischen Referenzwerte des Stabilitätspaktes für
„wissenschaftlich nicht begründbar“, jedoch
politisch für praktikabel, weil sie
Konsolidierungsbemühungen ausgelöst hätten
(Sachverständigenrat 2001: Ziffer 28 der Kurzfassung).
Insoweit existieren in der EU aus schließlich Regeln
für die Fiskalpolitik mit dem Ziel, die öffentlichen
Haushalte zu konsolidieren. Eine Koordination zur
tatsächlichen Nutzung automatischer Stabilisatoren oder,
darüber hinausgehend, eine anti-zyklische Finanzpolitik, ist
nicht vorgesehen.
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