*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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   5.2.1.2    Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung

In diesem Abschnitt wird eine Auswahl bereits existierender Maßnahmen und Programme erläutert.

5.2.1.2.1  Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern

Um die digitale Kluft zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern zu verringern, wurden bereits eine Reihe von Programmen und Maßnahmen entwickelt und mit ihrer Durchsetzung begonnen. Zu erwähnen ist hier insbesondere die von den G8-Staaten zusammen mit neun Vertretern aus Entwicklungsländern gebildete Digital Opportunity Task Force (DOT Force) in Okinawa im Juli 2000. Auf Vorschlag Japans wurde die „Okinawa Charter on Global Information Society“ verabschiedet, die das „Prinzip Inklusion“ propagierte: „Alle Menschen, überall auf der Welt sollten in der Lage sein, an den Errungenschaften der globalen Informationsgesellschaft teilzuhaben, niemand darf ausgeschlossen werden“. Im Gefolge des Okinawa-Gipfels nahm die G8-Digital Opportunity Task Force ihre Arbeit auf, die im Mai 2001 ihren ab­ schließenden Bericht mit einem neun Punkte umfassenden Aktionsplan8 vorlegte, der wiederum von den Staats- und Regierungschefs im Juli 2001 in Genua beschlossen worden ist (Sommer 2001: 30ff).

Des Weiteren gibt es die UN Information and Communication Technology (ICT) Task Force, deren Mitglieder sich ähnlich wie die DOT Force zusammensetzen.

Auch die Weltbank finanziert seit 1995 im Rahmen ihres Programms „Infodev“ innovative Projekte, die der Nutzung der IKT zu Gunsten der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dienen (Stamm 2001: 3).

Im Rahmen der UN spielt die Internationale Fernmeldeunion (ITU) für die Telekommunikation eine zentrale Rolle: Sie befasst sich u. a. mit Normen für die Verwaltung des Frequenzspektrums, Regulierungsfragen des Telekommunikationssektors und Abrechnungssätzen. Das Amt für Telekommunikationsentwicklung der ITU bietet den Entwicklungsländern unter ihren Mitgliedern technische Unterstützung. Die ITU koordiniert die Vorbereitungen für den bevorstehende UN-Gipfel zur Informationsgesellschaft, der in zwei Phasen verlaufen soll, einer ersten 2003 in Genf und einer zweiten 2005 in Tunis.

Mehrere andere internationale Organisationen widmen sich im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs Aspekten der IKT. So schloss z. B. die WTO 1997 ein Übereinkommen über Telekommunikationsdienste ab, mit dem die Märkte für Investitionen geöffnet und vorwettbewerbliche Regulierungsrahmen in einer Reihe von Ländern eingeführt wurden.

Am 5. Februar 2002 wurde in New York die Global Digital Opportunity Initiative (GDOI) gegründet: Zusammen mit Unternehmen aus dem privaten Sektor und nicht-gewinnorientierten Einrichtungen werden die Markle Foundation und UNDP in dieser Initiative nahezu zwölf Entwicklungsländern bei der Einrichtung von digitalen Techniken helfen, um das Gesundheitswesen, die Bildung und allgemeine wirtschaftliche Möglichkeiten zu verbessern sowie die Armut zu verringern. Die Initiative basiert auf der Anerkennung der wachsenden Abhängigkeit der Länder und der Notwendigkeit, Entwicklungsländer als volle Teilnehmer in die zunehmend vernetzte Wirtschaft und Gesellschaft einzubeziehen.

Geschlechtsspezifische Ansätze zur Überwindung der digitalen Spaltung in Entwicklungsländern

1995 erschien mit „Missing Links“ (UNCSTD-GWG 1995) die erste größere Studie zu den Verbindungen von IKT und Gender in Entwicklungsländern, in der ein großes Potenzial der IKT zur Stärkung der Rolle der Frau im Entwicklungsprozess formuliert wurde. In der Pekinger „Platform for Action“ wurden Hinweise für eine Verbesserung des Zugangs von Frauen zu Medien, Telekommunikation und neuen Informationstechniken gegeben.

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen betont, dass es auf Grund des großen Potenzials neuer IKT wichtig ist, gerade in diesem relativ frühen Entwicklungsstadium innovative Strategien zur Beseitigung von Hindernissen für Frauen zu entwickeln und diese in die Gestaltung einzubeziehen.

Die „ITU Task Force on Gender Issues“ wurde 1998 gegründet, um den gleichberechtigten Zugang von Frauen zu IKT und Gleichberechtigung innerhalb des IT-Sektors durchzusetzen.

Das „United Nations International Research and Training Institut for the Advancement of Women“ (INSTRAW) betont, dass der „Gender Gap“ im Umgang mit IKT zukünftig eine der größten Ursachen für Geschlechterungleichheit und eins der größten Hindernisse für die Durchsetzung einer Gender-Perspektive in der Entwicklung sein wird.

Im Bereich der Unterstützung von Frauenorganisationen fördert die Accociation for Progressive Communications (APC) schon seit einigen Jahren die Vernetzung und Schulung von Frauenorganisationen (UN 2000: 96). Das UNESCO-Projekt „Women on the Net“ unterstützt Fraueninitiativen in Afrika bei der Nutzung von IKT als    Mittel zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Partizipation. Bei der Unterstützung von Produzentinnen und Unternehmerinnen bei der Erschließung neuer Märkte und verbesserter Vermarktung können IKT marginalisierten Gruppen neue Informationsmöglichkeiten über Marktchancen geben. So förderte das Infodev-Programm der Weltbank im letzten Jahr die Ausstattung von Kleinunternehmerinnen-Initiativen mit Mobiltelefonen in Indien, was auch positive Auswirkungen auf den sozialen Status der Zielgruppe hat. Auch in Afrika gab es mehrere Projekte, die sich an Kleinstunternehmerinnen wandten. Die rasante Entwicklung der neuen IKT erfordert weltweite Anstrengungen, um zu verhindern, dass die ungleiche Teilhabe an Informations-, Partizipations- und Beschäftigungsmöglichkeiten zunimmt. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit hat die Förderung von IKT in der Vergangenheit allerdings keine große Rolle gespielt. Zur Zeit werden Projekte in diesem Bereich (inkl. Medien) mit einem Gesamtvolumen von 260 Millionen DM gefördert, weitere Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen DM sind geplant bzw. zugesagt. Das Gesamtvolumen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit betrug im Jahre 2000 6,3 Milliarden DM (Goldmann 2002: 50). Schwerpunkte der Projekte sind die Verbesserung der Infrastruktur in ländlichen Gebieten, der Aufbau fachbezogener Informationssysteme und der Bildungsbereich. Eine vom BMWi im Zusammenhang des „Genua-Aktionsplans G8 DOT Force“ veröffentlichte Übersicht der deutschen Aktivitäten (Projekte und Initiativen der Bundesregierung, der Wirtschaft und von NGOs) zur Überwindung der globalen „digitalen Kluft“ weist keine Projekte auf, die einen expliziten Gender-Bezug haben. Obwohl längst bekannt ist, dass die Nichtbeachtung der zentralen Rolle von Frauen im Entwicklungsprozess negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeit und Erfolg von Programmen hat, fehlt es im IuK-Bereich bisher an entsprechenden Konsequenzen sowohl von deutschen als auch von europäischen Entwicklungsinstitutionen (Goldmann 2002: 46–49).

5.2.1.2.2  Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung innerhalb der Industrieländer

Umfassende Teilhabe an den neuen Medien gehört zu den Kernzielen der europäischen IKT-Politik.

Im September 1999 hat das Ministerkomitee des Europarats eine Empfehlung verabschiedet, die unverbindliche Grundsätze und politische Möglichkeiten aufzeigt, um eine allgemeine Grundversorgung mit neuen Kommunikations- und Informationsdiensten zu einem gewissen Mindeststandard zu etablieren9. Hierzu gehört insbesondere die Schaffung und Pflege von „Public Access Points“, die an bestimmten zentralen Stellen die Nutzung neuer Medien durch die Allgemeinheit ermöglichen.

Ein strategisches Politikprogramm ist der europäische Aktionsplan „E-Europe – eine Informationsgesellschaft für alle“, welches im Dezember 1999 von der EU-Kommission auf den Weg gebracht und auf dem EU-Gipfel Ende März 2000 in Lissabon vom Europäischen Rat beschlossen worden ist. Es forciert vehement die Entwicklung eines „Europas der Innovation und des Wissens“, um so schnell wie möglich den Rückstand zu den Vereinigten Staaten auf dem Gebiet der multimedialen Techniken abzubauen10. E-Europe soll die Verbreitung digitaler Techniken in ganz Europa beschleunigen und sicherstellen, dass alle Europäer das nötige Wissen besitzen, um neue Medien erfolgreich für sich zu nutzen. Die EU-Kommission hat dazu einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, der unter anderem die umfassende Einführung des Internets und multimedialer Werkzeuge im Bildungswesen, die Verbilligung des Internetzugangs durch Intensivierung von Wettbewerb, die Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs und von E-Government, aber auch Ansätze wie die Berücksichtigung der Bedürfnisse Behinderter bei der Entwicklung der Informationsgesellschaft und die Gesundheitsfürsorge über das Netz enthält. Die wichtigste Forderung im E-Europe Benchmarking-Bericht vom 5. Februar 2002 ist die weitere Steigerung der Internetnutzung durch die Bevölkerung, um gesellschaftliche und wirtschaftliche Chancen der Wissensgesellschaft in Zukunft optimal nutzen zu können.

5.2.1.2.3  Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung innerhalb Deutschlands

Die Bundesregierung hat bereits Programme und Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung in Deutschland verabschiedet und mit ihrer Umsetzung begonnen. Mit dem im Jahr 2000 begonnenen Aktionsprogramm der Bundesregierung „Innovation und Ar­ ­ beitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21.Jahrhunderts“ sollten bisher unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen bei der Demonstrations- und Informationskampagne „Internet für alle“ an das Internet heran geführt werden. Die Internetnutzung soll dadurch zur (schulischen) Allgemeinbildung werden. Die Förderung von E-Government und E-Commerce sind erklärte Ziele der Bundesregierung, durch die Bürger und Bürgerinnen vom Internet profitieren können. Mit der Ini­ tiative „BundOnline2005“ verpflichtet sich der Bund, in den nächsten Jahren alle internetfähigen Dienstleis­ tungen der Bundesverwaltung online anzubieten. Eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Deutschen Telekom AG ist das Projekt „Schulen ans Netz“, durch das alle Schulen Deutschlands an das Internet angeschlossen werden sollten und dessen Ziel Ende 2001 erreicht worden ist (siehe Abbildung 5-12).

   Die im Rahmen dieser Initiative erreichte Qualität, der Umfang, die Zugangsmöglichkeiten zum Internet sowie der Ausbildungsstand der Lernenden und Lehrenden konnten von der Enquete-Kommission nicht mehr ausgewertet werden.

Im Rahmen der Initiative „Elektronischer Geschäftsverkehr“ der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Wirtschaft schon vor einigen Jahren 24 regionale Informations-, Beratungs- und Schulungseinrichtungen als „Kompetenzzentren“ für den elektronischen Geschäftsverkehr eingerichtet11. Ziel dieser Fördermaßnahme war es, einen nachhaltigen Impuls für eine stärkere Anwendung der verschiedenen Verfahren des elektronischen Geschäftsverkehrs in mittelständischen Unternehmen und im Handwerk auszulösen.

Zudem hat das BMBF eine Vielzahl von Projekten initiiert, die den Anteil von Frauen in IT-Bereichen weiter und nachhaltig erhöhen (BMBF 2001b: 27f.). Hierzu ge­ hören:

–    „Frauen ans Netz“

–    „Be-Ing – in Zukunft mit Frauen“, www.be-ing.de: Aufruf an Frauen, mehr als bisher Ingenieur – und Informatikstudiengänge zu ergreifen.

–    Do-Ing, www.do-ing.aachen.de

–    „Be-IT“, www.werde-informatikerin.de

–    www.it-ausbilderinnen.de

–    www.kompetenz.de: Kompetenzzentrum „Frauen in der Informationsgesellschaft und Technologie“ an der FH Bielefeld

–    www.muffin21.de: Mentoring-Projekt

–    www.fh-bremen.de: internationaler Frauenstudiengang Informatik.



81. Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Erarbeitung nationaler IKT-Strategien, 2. Verbesserung des öffentlichen Zugangs zu IKT, 3. Aus- und Weiterbildung mit und für IKT, 4. Armutsbekämpfung und nachhaltiges Wachstum durch wirtschaftliche Selbständigkeit, 5. Verbesserung der Mitwirkung in internationalen IKT-Foren, 6. Besondere Unterstützung der ärmsten Länder, 7. Nutzung von IKT zur Bekämpfung von AIDS und anderen ansteckenden Krankheiten, 8. Förderung von lokalen Inhalten und Anwendungen. 9. Höhere Priorität von IKT in der Entwicklungszusammenarbeit und bessere Koordinierung.

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9 Council of Europe – Committee of Ministers, Recommendation No. R (99) 14 of the Committee of Ministers to member States on universal community service concerning new communication and information services, abrufbar unter: http://www.coe.fr/cm/ta/rec/ 1999/99r14.htm. (10.12.2000)

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10Europäischer Rat (Lissabon), 23./24.03.2000, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, http://europa.eu.int/council/off/conclu/mar2000/ mar2000_de.pdf. (10.12.2000)

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11 Vgl. BMWI, http://www.bmwi-netzwerk-ec.de/. 8.04.2000.

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Abbildung 5-12