5.2.1.2 Maßnahmen zur
Überwindung der digitalen Spaltung
In diesem Abschnitt wird eine Auswahl bereits
existierender Maßnahmen und Programme erläutert.
5.2.1.2.1 Maßnahmen zur
Überwindung der digitalen Spaltung zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern
Um die digitale Kluft zwischen den Industrie-
und Entwicklungsländern zu verringern, wurden bereits eine
Reihe von Programmen und Maßnahmen entwickelt und mit ihrer
Durchsetzung begonnen. Zu erwähnen ist hier insbesondere die
von den G8-Staaten zusammen mit neun Vertretern aus
Entwicklungsländern gebildete Digital Opportunity Task Force
(DOT Force) in Okinawa im Juli 2000. Auf Vorschlag Japans wurde die
„Okinawa Charter on Global Information Society“
verabschiedet, die das „Prinzip Inklusion“ propagierte:
„Alle Menschen, überall auf der Welt sollten in der Lage
sein, an den Errungenschaften der globalen Informationsgesellschaft
teilzuhaben, niemand darf ausgeschlossen werden“. Im Gefolge
des Okinawa-Gipfels nahm die G8-Digital Opportunity Task Force ihre
Arbeit auf, die im Mai 2001 ihren ab schließenden
Bericht mit einem neun Punkte umfassenden Aktionsplan8 vorlegte, der wiederum von den Staats-
und Regierungschefs im Juli 2001 in Genua beschlossen worden ist
(Sommer 2001: 30ff).
Des Weiteren gibt es die UN Information and
Communication Technology (ICT) Task Force, deren Mitglieder sich
ähnlich wie die DOT Force zusammensetzen.
Auch die Weltbank finanziert seit 1995 im
Rahmen ihres Programms „Infodev“ innovative Projekte,
die der Nutzung der IKT zu Gunsten der wirtschaftlichen und
sozialen Entwicklung dienen (Stamm 2001: 3).
Im Rahmen der UN spielt die Internationale
Fernmeldeunion (ITU) für die Telekommunikation eine zentrale
Rolle: Sie befasst sich u. a. mit Normen für die Verwaltung
des Frequenzspektrums, Regulierungsfragen des
Telekommunikationssektors und Abrechnungssätzen. Das Amt
für Telekommunikationsentwicklung der ITU bietet den
Entwicklungsländern unter ihren Mitgliedern technische
Unterstützung. Die ITU koordiniert die Vorbereitungen für
den bevorstehende UN-Gipfel zur Informationsgesellschaft, der in
zwei Phasen verlaufen soll, einer ersten 2003 in Genf und einer
zweiten 2005 in Tunis.
Mehrere andere
internationale Organisationen widmen sich im Rahmen ihres
jeweiligen Aufgabenbereichs Aspekten der IKT. So schloss z. B. die
WTO 1997 ein Übereinkommen über Telekommunikationsdienste
ab, mit dem die Märkte für Investitionen geöffnet
und vorwettbewerbliche Regulierungsrahmen in einer Reihe von
Ländern eingeführt wurden.
Am 5. Februar
2002 wurde in New York die Global Digital Opportunity Initiative
(GDOI) gegründet: Zusammen mit Unternehmen aus dem privaten
Sektor und nicht-gewinnorientierten Einrichtungen werden die Markle
Foundation und UNDP in dieser Initiative nahezu zwölf
Entwicklungsländern bei der Einrichtung von digitalen
Techniken helfen, um das Gesundheitswesen, die Bildung und
allgemeine wirtschaftliche Möglichkeiten zu verbessern sowie
die Armut zu verringern. Die Initiative basiert auf der Anerkennung
der wachsenden Abhängigkeit der Länder und der
Notwendigkeit, Entwicklungsländer als volle Teilnehmer in die
zunehmend vernetzte Wirtschaft und Gesellschaft einzubeziehen.
Geschlechtsspezifische Ansätze zur
Überwindung der digitalen Spaltung in
Entwicklungsländern
1995 erschien mit
„Missing Links“ (UNCSTD-GWG 1995) die erste
größere Studie zu den Verbindungen von IKT und Gender in
Entwicklungsländern, in der ein großes Potenzial der IKT
zur Stärkung der Rolle der Frau im Entwicklungsprozess
formuliert wurde. In der Pekinger „Platform for Action“
wurden Hinweise für eine Verbesserung des Zugangs von Frauen
zu Medien, Telekommunikation und neuen Informationstechniken
gegeben.
Das
Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen betont, dass es auf
Grund des großen Potenzials neuer IKT wichtig ist, gerade in
diesem relativ frühen Entwicklungsstadium innovative
Strategien zur Beseitigung von Hindernissen für Frauen zu
entwickeln und diese in die Gestaltung einzubeziehen.
Die „ITU Task Force on Gender
Issues“ wurde 1998 gegründet, um den gleichberechtigten
Zugang von Frauen zu IKT und Gleichberechtigung innerhalb des
IT-Sektors durchzusetzen.
Das „United Nations International
Research and Training Institut for the Advancement of Women“
(INSTRAW) betont, dass der „Gender Gap“ im Umgang mit
IKT zukünftig eine der größten Ursachen für
Geschlechterungleichheit und eins der größten Hindernisse
für die Durchsetzung einer Gender-Perspektive in der
Entwicklung sein wird.
Im Bereich der Unterstützung von
Frauenorganisationen fördert die Accociation for Progressive
Communications (APC) schon seit einigen Jahren die Vernetzung und
Schulung von Frauenorganisationen (UN 2000: 96). Das UNESCO-Projekt
„Women on the Net“ unterstützt Fraueninitiativen
in Afrika bei der Nutzung von IKT als Mittel zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Partizipation. Bei der Unterstützung von Produzentinnen und
Unternehmerinnen bei der Erschließung neuer Märkte und
verbesserter Vermarktung können IKT marginalisierten Gruppen
neue Informationsmöglichkeiten über Marktchancen geben.
So förderte das Infodev-Programm der Weltbank im letzten Jahr
die Ausstattung von Kleinunternehmerinnen-Initiativen mit
Mobiltelefonen in Indien, was auch positive Auswirkungen auf den
sozialen Status der Zielgruppe hat. Auch in Afrika gab es mehrere
Projekte, die sich an Kleinstunternehmerinnen wandten. Die rasante
Entwicklung der neuen IKT erfordert weltweite Anstrengungen, um zu
verhindern, dass die ungleiche Teilhabe an Informations-,
Partizipations- und Beschäftigungsmöglichkeiten zunimmt.
In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit hat die Förderung
von IKT in der Vergangenheit allerdings keine große Rolle
gespielt. Zur Zeit werden Projekte in diesem Bereich (inkl. Medien)
mit einem Gesamtvolumen von 260 Millionen DM gefördert,
weitere Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen DM sind
geplant bzw. zugesagt. Das Gesamtvolumen der bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit betrug im Jahre 2000 6,3 Milliarden DM
(Goldmann 2002: 50). Schwerpunkte der Projekte sind die
Verbesserung der Infrastruktur in ländlichen Gebieten, der
Aufbau fachbezogener Informationssysteme und der Bildungsbereich.
Eine vom BMWi im Zusammenhang des „Genua-Aktionsplans G8 DOT
Force“ veröffentlichte Übersicht der deutschen
Aktivitäten (Projekte und Initiativen der Bundesregierung, der
Wirtschaft und von NGOs) zur Überwindung der globalen
„digitalen Kluft“ weist keine Projekte auf, die einen
expliziten Gender-Bezug haben. Obwohl längst bekannt ist, dass
die Nichtbeachtung der zentralen Rolle von Frauen im
Entwicklungsprozess negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeit und
Erfolg von Programmen hat, fehlt es im IuK-Bereich bisher an
entsprechenden Konsequenzen sowohl von deutschen als auch von
europäischen Entwicklungsinstitutionen (Goldmann 2002:
46–49).
5.2.1.2.2 Maßnahmen zur
Überwindung der digitalen Spaltung innerhalb der
Industrieländer
Umfassende Teilhabe an den neuen Medien
gehört zu den Kernzielen der europäischen
IKT-Politik.
Im
September 1999 hat das Ministerkomitee des Europarats eine
Empfehlung verabschiedet, die unverbindliche Grundsätze und
politische Möglichkeiten aufzeigt, um eine allgemeine
Grundversorgung mit neuen Kommunikations- und Informationsdiensten
zu einem gewissen Mindeststandard zu etablieren9. Hierzu gehört insbesondere die
Schaffung und Pflege von „Public Access Points“, die an
bestimmten zentralen Stellen die Nutzung neuer Medien durch die
Allgemeinheit ermöglichen.
Ein strategisches
Politikprogramm ist der europäische Aktionsplan
„E-Europe – eine Informationsgesellschaft für
alle“, welches im Dezember 1999 von der EU-Kommission auf den
Weg gebracht und auf dem EU-Gipfel Ende März 2000 in Lissabon
vom Europäischen Rat beschlossen worden ist. Es forciert
vehement die Entwicklung eines „Europas der Innovation und
des Wissens“, um so schnell wie möglich den
Rückstand zu den Vereinigten Staaten auf dem Gebiet der
multimedialen Techniken abzubauen10. E-Europe soll die Verbreitung digitaler
Techniken in ganz Europa beschleunigen und sicherstellen, dass alle
Europäer das nötige Wissen besitzen, um neue Medien
erfolgreich für sich zu nutzen. Die EU-Kommission hat dazu
einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, der unter anderem die
umfassende Einführung des Internets und multimedialer
Werkzeuge im Bildungswesen, die Verbilligung des Internetzugangs
durch Intensivierung von Wettbewerb, die Förderung des
elektronischen Geschäftsverkehrs und von E-Government, aber
auch Ansätze wie die Berücksichtigung der
Bedürfnisse Behinderter bei der Entwicklung der
Informationsgesellschaft und die Gesundheitsfürsorge über
das Netz enthält. Die wichtigste Forderung im E-Europe
Benchmarking-Bericht vom 5. Februar 2002 ist die weitere Steigerung
der Internetnutzung durch die Bevölkerung, um
gesellschaftliche und wirtschaftliche Chancen der
Wissensgesellschaft in Zukunft optimal nutzen zu können.
5.2.1.2.3 Maßnahmen zur
Überwindung der digitalen Spaltung innerhalb Deutschlands
Die Bundesregierung hat bereits Programme
und Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung in
Deutschland verabschiedet und mit ihrer Umsetzung begonnen. Mit dem
im Jahr 2000 begonnenen Aktionsprogramm der Bundesregierung
„Innovation und Ar beitsplätze in der
Informationsgesellschaft des 21.Jahrhunderts“ sollten bisher
unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen bei der
Demonstrations- und Informationskampagne „Internet für
alle“ an das Internet heran geführt werden. Die
Internetnutzung soll dadurch zur (schulischen) Allgemeinbildung
werden. Die Förderung von E-Government und E-Commerce sind
erklärte Ziele der Bundesregierung, durch die Bürger und
Bürgerinnen vom Internet profitieren können. Mit der
Ini tiative „BundOnline2005“ verpflichtet sich
der Bund, in den nächsten Jahren alle internetfähigen
Dienstleis tungen der Bundesverwaltung online anzubieten.
Eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung und der Deutschen Telekom AG ist das Projekt
„Schulen ans Netz“, durch das alle Schulen Deutschlands
an das Internet angeschlossen werden sollten und dessen Ziel Ende
2001 erreicht worden ist (siehe
Abbildung 5-12).
Die im Rahmen dieser Initiative
erreichte Qualität, der Umfang, die Zugangsmöglichkeiten
zum Internet sowie der Ausbildungsstand der Lernenden und Lehrenden
konnten von der Enquete-Kommission nicht mehr ausgewertet
werden.
Im Rahmen der Initiative
„Elektronischer Geschäftsverkehr“ der
Bundesregierung hat das Bundesministerium für Wirtschaft schon
vor einigen Jahren 24 regionale Informations-, Beratungs- und
Schulungseinrichtungen als „Kompetenzzentren“ für
den elektronischen Geschäftsverkehr eingerichtet11. Ziel dieser Fördermaßnahme
war es, einen nachhaltigen Impuls für eine stärkere
Anwendung der verschiedenen Verfahren des elektronischen
Geschäftsverkehrs in mittelständischen Unternehmen und im
Handwerk auszulösen.
Zudem hat das BMBF eine Vielzahl von
Projekten initiiert, die den Anteil von Frauen in IT-Bereichen
weiter und nachhaltig erhöhen (BMBF 2001b: 27f.). Hierzu
ge hören:
– „Frauen ans
Netz“
– „Be-Ing
– in Zukunft mit Frauen“, www.be-ing.de: Aufruf an
Frauen, mehr als bisher Ingenieur – und
Informatikstudiengänge zu ergreifen.
– Do-Ing,
www.do-ing.aachen.de
–
„Be-IT“, www.werde-informatikerin.de
–
www.it-ausbilderinnen.de
– www.kompetenz.de:
Kompetenzzentrum „Frauen in der Informationsgesellschaft und
Technologie“ an der FH Bielefeld
– www.muffin21.de:
Mentoring-Projekt
– www.fh-bremen.de:
internationaler Frauenstudiengang Informatik.
81. Unterstützung der Entwicklungsländer bei
der Erarbeitung nationaler IKT-Strategien, 2. Verbesserung des
öffentlichen Zugangs zu IKT, 3. Aus- und Weiterbildung mit und
für IKT, 4. Armutsbekämpfung und nachhaltiges Wachstum
durch wirtschaftliche Selbständigkeit, 5. Verbesserung der
Mitwirkung in internationalen IKT-Foren, 6. Besondere
Unterstützung der ärmsten Länder, 7. Nutzung von IKT
zur Bekämpfung von AIDS und anderen ansteckenden Krankheiten,
8. Förderung von lokalen Inhalten und Anwendungen. 9.
Höhere Priorität von IKT in der
Entwicklungszusammenarbeit und bessere Koordinierung.
9 Council of Europe – Committee of Ministers,
Recommendation No. R (99) 14 of the Committee of Ministers to
member States on universal community service concerning new
communication and information services, abrufbar unter:
http://www.coe.fr/cm/ta/rec/ 1999/99r14.htm. (10.12.2000)
10Europäischer Rat (Lissabon), 23./24.03.2000,
Schlussfolgerungen des Vorsitzes,
http://europa.eu.int/council/off/conclu/mar2000/ mar2000_de.pdf.
(10.12.2000)
11 Vgl. BMWI,
http://www.bmwi-netzwerk-ec.de/.
8.04.2000.
|