5.3.2.4 Konsequenzen der
Informatisierung
Die
Informatisierung bewirkt dabei einerseits eine nicht gekannte
Verknappung von Wissen und Information bzw. eine Einteilung in
Wissenszonen nach vielfältigen Gesichtspunkten, z. B.:
– nach der Unterscheidung von hoch
entwickelten und äußerst kompetitiven
Informationsmärkten mit immer weiter ausdifferenzierten und
leistungsstärkeren Informationsprodukten, in die mit Blick auf
Gewinnerwartung hoch investiert wird;
– nach der Einteilung in Wissen, das
kommerziell verwertbar ist und in dessen Produktion und Umsetzung
in Informationsprodukte entsprechend investiert wird, und solche,
die dabei wegen mangelnder Verwertbarkeit
„herunterfallen“;
– nach der Einteilung in Nutzungszonen
– solche die frei zugänglich sind und solche, in denen
Wissen, gestaffelt nach Zugriffsrechten, über Entgelte
verrechnet wird; anders formuliert: Nutzungszonen, in denen
weiterhin Wissen über den Kauf von Informationsprodukten
dauerhaft erworben wird, und solchen, in denen über das
Lizenzierungsprinzip nur der genau in den Bedingungen definierte
Zugriff gestattet ist.
– nach den Möglichkeiten,
Wissensressourcen über entsprechende Filter- und
Abblockverfahren einzuschränken;
– nach der Einteilung in Regionen und
Personen, die auf Grund des Standes ihrer informationellen Bildung
und ihrer ökonomischen Absicherung an den Ressourcen der
Informationsmärkte rezeptiv und konstruktiv teilnehmen
können, und solche, die das nicht können;
– Rücknahme des bislang faktisch,
nicht unbedingt rechtlich geregelten Fair use bei der Nutzung von
Wissens- und Informationsprodukten, z. B. für den privaten
Gebrauch oder für wissenschaftliche Zwecke.
Letzteres –
die bislang nicht gekannte Öffentlichkeit und freizügige
Bereitstellung von Wissen
– hat eine Einstellung gegenüber
Wissens- und Informationsprodukten entstehen lassen, in denen,
zumindest im elektronischen Medium, die kommerziellen
Verwertungsansprüche immer schwieriger akzeptiert werden.
– hat zu einer faktischen
Freizügigkeit in der Nutzung von Wissen und zu neuen,
korporativen und vernetzten (virtuellen) Formen der
Wissensproduktion und –nutzung nach den Prinzipien z. B. des
„Information-Sharing“, der nicht-proprietären
Softwareentwicklung (Open Source) und des direkten Person-to-Person
(P2P) und zu entsprechenden neuen Organisations- und
Geschäftsmodellen geführt.
– hat zu neuen Anforderungen an die
Informationsbereitstellung durch den öffentlichen Bereich
(Freedom of information) geführt, denen sich dieser kaum mehr
entziehen kann, und damit auch zu neuen partizipativen Formen von
Öffentlichkeit insgesamt.
Die
Einschätzung des Gutcharakters von Wissen und Information hat
sich drastisch geändert.
Es gehört
somit zu den scheinbaren Paradoxien der Entwicklung, dass
einerseits Wissen und Information in einem Ausmaß frei
zugänglich und öffentlich geworden sind wie nie zuvor,
dass andererseits aber auch Wissen und Information ebenfalls in
einem immer größeren Maße privatisiert,
kommerzialisiert und damit verknappt werden (Kuhlen 2002:
35f.).
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