5.3.2.6. Sicherung von
Urheberrechts ansprüchen durch Software (DRM)
Mit Digital
Rights Management (DRM) -Systemen sollen digitale Daten mit einem
Rechtesystem versehen werden, welche die Einstellung beliebiger
Nutzungsrechte möglich macht. Damit können Kopien
unterbunden oder auf eine bestimmte Anzahl festgesetzt werden.
Darüber hinaus lassen sich weitere Funktionen darin
einbinden:
– das Einstellen eines Verfallsdatums bzw.
einer Nutzungsdauer oder
– einer maximalen Anzahl von
Zugriffsmöglichkeiten (z. B. Lesezugriff, Kopierzugriff,
Druckzugriff), wonach die digitalen Daten nicht mehr zu gebrauchen
sind und bei Bedarf neu erworben werden müssen
– das Begrenzen der Nutzungsmöglichkeiten auf
bestimmte Teile des digitalen Objektes
– das Einstellen verschiedener
Zugriffsrechte – Lesen, Bearbeiten, Kopieren, Drucken,
Speichern, Ausführen, etc.
– Regeln der Verfahren der
Superdistribution, also der Weitergabe digitaler Objekte an
Dritte
– sowie Kombinationen aus diesen
Möglichkeiten.
Wissen wird nicht
mehr über Informationsprodukte gekauft und dann dauerhaft in
Besitz genommen, sondern über definierte Lizenzvereinbarungen
zur Nutzung erlaubt.
Im Gegensatz zur
EU-Richtlinie werden in der deutschen Politik Abrechnungsverfahren
nach dem Pauschalierungsgedanken verfolgt. Im Folgenden werden die
Pro- und Contra-Argumente zusammengestellt (Kuhlen 2002: 46f.):
– Pauschalierung wird als sinnvoll
angesehen, solange es keine einsatzbereiten DRM-Verfahren hoher
Qualität gibt bzw. solange nicht ausreichendes Vertrauen in
deren Seriosität, Vertraulichkeit und Anwendung etabliert
ist.
– Unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten und
Ausgabepräferenzen einzelner Individuen werden bei
Pauschalabgaben nicht berücksichtigt.
– Pauschalierung kann kein Ersatz für
individuelle Abrechnung sein, d. h. Abgaben auf Geräte sind
kein Freibrief für „Napsterisierung“ – es
besteht die Gefahr der Doppelauflagen.
– Abrechnungsverfahren für
Pauschalierung über Mittlerleistungen sind in elektronischen
Räumen bislang eher intransparent (siehe auch die Kritik der
EU an den Verwertungsgesellschaften).
– Pauschalabgaben auf universal anwendbare
IKT-Geräte belangt auch diejenigen, die gar nicht mit
urheberrechtsrelevanten Tätigkeiten befasst sind.
– Pauschalabgaben könnten als Ersatz
für individualisierte Abrechnung ein Instrument für
Diensteanbieter werden (so wie es Bertelsmann bei der
Weiterführung von Napster versucht).
– Individualisierte Abrechnungsverfahren
beruhen auf den allgemeinen Prinzipien des „Pricing for
Information“, das sich entsprechend dem Lizenzierungsgedanken
durchsetzen wird.
– Individualisierte Abrechnungsverfahren
können in Zukunft möglicherweise von den Urhebern selber
organisiert werden und können so deren Unabhängigkeit
stärken.
– Der Einsatz von DRM-Verfahren mit
sinkenden Transaktionskosten für Verteilung und Abrechung
individualisierter Leistungen müssen Auswirkungen auf das
Preis-Marketing haben.
– Übergeordnete
Interessen der Öffentlichkeit bzw. der Endnutzer müssen
bei der Durchsetzung von DRM beachtet werden.
– Verfahren
individualisierter Abrechnung dürfen Vermittlungsleistungen im
Interesse der Öffentlichkeit, z.B. von Bibliotheken, oder den
freien Informationsfluss in der Wissenschaft nicht behindern.
Eine Bewertung der angegebenen Argumente ist
kaum unabhängig von dem jeweiligen Interessenstandpunkt
objektiv durchzuführen. Auch hier zeigen sich die Ambivalenzen
auf den elektronischen Märkten. Das Problem bei der Anwendung
von DRM-Verfahren, die vom Prinzip der individualisierten
Abrechnung nach der Idee des „Pricing for Information“
(nicht mehr die ganze CD, sondern nur das spezielle
Musikstück; nicht die ganze Datenbank, sondern nur eine
bibliographische Angabe; nur kurz anlesen, nicht dauerhaft
speichern; ...) elektronischen Räumen entgegenkommen, besteht
weniger – wie es Kritiker heute noch, zum Teil zu Recht,
formulieren – an der mangelnden technischen
Einsatzbereitschaft, sowohl was den Leistungsumfang als auch was
die Sicherheit (nicht unterlaufbar) angeht, sondern eher an den
bislang ungelös ten Problem im sozialen Umfeld. Hierzu
gehört vor allem das unzureichende Vertrauen beim Einsatz von
DRM-Ver fahren.
– Die Sicherheit von
DRM-Verfahren wird als nicht hoch eingeschätzt.
– Der Umgang mit
DRM-Systemen wird als zu aufwendig empfunden oder – kaum
aufzulösen – wenn unsichtbar für die Benutzer und
Benutzerinnen, als Eingriff in die eigene Informationsumgebung (vor
allem bei Offline-Systemen).
– Zu rigide
Verfahren, die von der bisherigen Praxis des Umgangs mit Wissen und
Information abweichen, werden als unfair zurückgewiesen.
– Der Verdacht der
Auflösung der Anonymität beim Umgang mit Wissen und
Information ist aufgrund schlechter Erfahrung oder Kenntnis
einschlägiger Berichte über Missbrauch von
Interaktionsdaten im E-Commerce schwer aufzulösen.
Auch hier ist dem Gesetzgeber zu empfehlen,
sich nicht einseitig auf eine der beiden divergierenden
Ansätze festzulegen. Pauschalierung gehört sicherlich zu
den „Besteuerungsverfahren“ aus früheren medialen
Umgebungen und kann damit nicht einfach auf neue Umgebungen
übertragen werden. DRM-Verfahren sind als Software
zunächst anwendungsneutral. Sie sind als individualisierbare
Verfahren dem elektronischen Medium im Prinzip sicherlich
angemessen. Sie erwecken bislang aller dings eher den
Eindruck einer einseitigen Interessenvertretung und werden daher
von vielen als schädlich für den freien Umgang mit Wissen
und Information eingeschätzt. Sie müssen daher durch
Komponenten eines User Rights Managements erweitert werden, sowohl
aus der Sicht individueller Nutzer und Nutzerinnen, aber vor allem
aus der Sicht der Wissenschaft bzw. deren Vermittlerinstitutionen
wie Bibliotheken. Kaum jemand verlangt den Nulltarif für
elektronische Wissensprodukte, aber es sollte auch niemand deren
vollständige ausnahmslose Abrechnung fordern.
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