5.3.3 Zur
Patentierbarkeit von Software
Die Frage der Patentierbarkeit von Software
wird bereits seit Jahrzehnten national und auch auf
europäischer Ebene sehr kontrovers diskutiert. Unbestritten
ist, dass computer- und damit softwarebasierte Informations- und
Kommunikationstechniken einen erheblichen und auch weiter
zunehmenden Anteil an der Wettbewerbs- und
Innovationsfähigkeit der Wirtschaft haben.32 Patente auf Computersoftware als solche
sind sowohl nach § 1 des deutschen Patentgesetzes als auch
nach Art. 52 des Europäischen Patentübereinkommens
(EPÜ) ausgeschlossen. Dies ist der grundlegende Unterschied
etwa zur Rechtssituation in den USA, wo es neben dem Copyright
einen durch Richterrecht geschaffenen relativ breiten Patentschutz
auf Geschäftsmethoden und auch auf Software gibt (Abate 2000:
697ff.; Lutterbeck 2000: 34ff.). Hier spielen die Patente im
wirtschaftlichen Geschehen eine grundlegend andere Rolle als in
Europa, da sie im Rahmen einer Property Rights-Strategie aggressiv
im Kampf um Markt anteile genutzt werden (Lutterbeck 2000:
35ff., Kaplun 2000: 441ff.).
Auch in
Europa zeigt sich in der Rechtssprechung zunehmend eine
differenzierte Bewertung. So hat etwa der Bundesgerichtshof
wiederholt festgestellt, dass Software im Sinne technischer
Programme Patentschutz zu gewähren sei (Nack 2000: 853ff.,
Busche 2001: 49ff., Winischhofer 2000: 92ff. und Schölch 2001:
16ff.). Das EPA folgte ebenfalls zunehmend dieser Auffassung und
hat für eine erhebliche Anzahl softwarebasierter Innovationen
patentrechtliche Ansprüche gewährt. Dennoch herrscht eine erhebliche
Rechtsunsicherheit darüber, wo genau die Grenze zwischen
patentierbarer und nicht-patentierbarer Software zu ziehen ist und
wie die Wendung „als solche“ im deutschen Patentgesetz
sowie im EPÜ auszulegen sei (Winischhofer 2000: 99f.). Diese
Fragen gewinnen insbesondere im Rahmen der gegenwärtigen
internationalen und auch europäischen Diskussion einer
grundlegenden Reform der Patentrechts deutlich an Brisanz und
drängen auf politische Lösungen.
Sowohl die Sondierung der Generaldirektion
Binnenmarkt 2000/200133
als auch die gemeinsame öffentliche Anhörung des
Unterausschusses „Neue Medien“ sowie des
Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 21. Juni
200134 ergaben ein sehr
kontroverses Meinungsbild. Während die Befürworter einer
weitergehenden Patentierbarkeit von Software dieses hinsichtlich
einer internationalen Rechtsharmonisierung für notwendig
halten und Softwarepatenten große innovative und
ökonomische Potenziale zuschreiben, erwarten die Kritiker
für den Fall der freien Patentierbarkeit von Softwareprodukten
eher nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen und sehen den
technischen Fortschritt im Softwarebereich und damit im gesamten
IT- und IuK-Bereich empfindlich beeinträchtigt. Die Frage
einer Patentierbarkeit von Software berührt daher zugleich
rechtliche, technische wie auch wirtschaftliche Aspekte.
32 Vgl. Enquete-Kommission 2001a, 2001b, ferner Hofmann
2000 und Kuhlen 2000, 2002.
33 Die eingereichten Antworten sind abrufbar unter
http://europa.
eu.int/comm/internal_market/de/indprop/softreplies.htm, das
Sondierungspapier unter
http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/
indprop/softpatde.htm. (Stand 10. April 2002)
34 Vgl. Deutscher Bundestag 2001d sowie Bitkom 2001,
Live 2001, Lutterbeck 2001 und Probst 2001. Siehe auch Tauchert
2000, Teufel 2000 und Melullis 2000.
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