7.7.4
Handlungsempfehlungen
Empfehlung 7-27
Kultur der Nachhaltigkeit stärken
Nachhaltig leben
bedeutet nicht notwendigerweise Verzicht, sondern die Chance zu
einem guten Leben. Das schließt ein Handeln ein, das
Verschwendung vermeidet. Die Bundesregierung sollte insbesondere
solche Informations- und Aufklärungsbemühungen für
nachhaltiges Verhalten unterstützen, die an zentrale
Verhaltensmotive wie Convenience, Zeitersparnis, Spaß und
Gesundheit anknüpfen und dadurch zur Motivation der
beteiligten Akteure beitragen.
Empfehlung
7-28 Transparenz schaffen mit
Kennzeichen und Tests
Durch einfache und
glaubwürdige Schlüsselinformationen wie Umweltkennzeichen
(z. B. Biosiegel), die Deklaration einer Nachhaltigkeit
fördernde Prozessqualität (z.B. Deklaration von
Erzeugungsanlagen und Emissionen bei der Stromerzeugung) oder an
Sozialstandards orientierte Waren- und Unternehmenstests kann in
zunehmenden Konsumbereichen bei den Verbrauchern die erforderliche
Signalwirkung und das benötigte Vertrauen in nachhaltige
Produkte und Transparenz geschaffen werden. Unternehmen sollten
daher Offenlegungspflichten auferlegt werden bezüglich
ökologischer, sozialer und ethischer Belange bei Produktion
und Investitionen. Sowohl für Produkt- als auch für
Unternehmenstests müssen prüfbare Bewertungskriterien
entwickelt und festgelegt werden. Die damit geschaffene Transparenz
stärkt auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft.129
Empfehlung
7-29 Industrie und Handel mit
staatlichen Anreizen überzeugen
Die Bundesregierung
soll mit den ihr verfügbaren politischen Instrumentarien
Einfluss nehmen auf Handel und Industrie in Richtung auf Produktion
und Absatz nachhaltiger Produkte. Gefördert werden sollen im
Ergebnis neben ökologischer Produktion
ökologieorientierte Handelskonzepte. Im Bereich Energie ist
die rasche Einführung eines Energiepasses erforderlich, um
potenziellen Mietern oder Eigentümern ein Signal zur Höhe
der erwartbaren Heizungskosten bzw. des langfristigen Werts der
Immobilie zu geben; im Bereich Ernährung ist darauf zu achten,
dass sich neben der Stärkung des Ökolandbaus auch die
konventionelle Landwirtschaft stärker ökologisiert und
dass über Qualitätssiegel ausreichend Handlungsdruck
erzeugt wird; im Bereich Mobilität sind entsprechende
Leitkonzepte weitgehend erst noch zu entwickeln (Ansatzpunkte:
Förderung Firmentickets, Lieferdienste, Kauf von
Dienstleistungen anstelle von Produkten etc.).
Empfehlung
7-30 Naturverbrauch transparent
machen
Bei der Produktion
von Waren (z. B. Orangen) und Dienstleis tungen (z. B.
Flugreisen) sollte der Ressourcenverbrauch (Flächen,
Rohstoffe, Energie) im gesamten globalen Herstellungszyklus
für Verbraucherinnen und Verbraucher soweit wie möglich
transparent gemacht werden. Entsprechende Analysen sollten
vorangetrieben werden.
Empfehlung
7-31 Ressourceneffizienz
verbessern
Eine langfristig angelegte und
sozialpolitisch ausgewogene Politik der Anhebung von Energie- und
Rohstoffpreisen sowie der Verteuerung der
Flächeninanspruchnahme soll sicherstellen, dass sich das
Schwergewicht der technologischen Innovation sowie das
Verbraucherverhalten in Richtung Ressourceneffizienz
verschiebt.
Empfehlung 7-32
Kriterien für Technologietransfer im Zuge einer nachhaltigen
Entwicklung nutzen
Die Enquete-Kommission fordert die
Bundesregierung dazu auf, dass die Kriterien für die
Förderung des Technologietransfers noch einmal daraufhin
überprüft und dahingehend vereinheitlicht werden, dass
Ziele der Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch und
sozial/kulturell) ein noch größeres Gewicht bekommen,
hierfür eindeutige Indikatioren entwickelt, bei der
Fördermaßnahmen tatsächlich angewandt und ihre
Einhaltung überprüft bzw. ihre Nicht-Einhaltung
sanktioniert werden. Dies sollte von den bestehenden
interministeriellen Arbeitskreisen aufgegriffen werden. Folgenden
Aspekten sollte dabei Rechnung getragen werden:
–
Technologietransfer muss in seiner Durchführung den Kriterien
der Nachhaltigkeit folgen. Es geht darum, den
Empfängerländern Wege zu eröffnen, auf denen sie
eine nachhaltige Entwicklung mit sehr viel geringerem Ressourcen-
bzw. Umweltverbrauch in Gang setzen können als wir in den
hochentwickelten Indus trieländern dies vermocht
haben.
–
Technologietransfer muss eine Hilfe zur Selbsthilfe sein, mit der
insbesondere der Kapazitäts- bzw. Kompetenzaufbau
gefördert wird. Es geht also darum, eine Mischung aus
technologischen Maßnahmen und Maßnahmen zur Gestaltung
besserer Rahmenbedingungen im Zielland zum Gegenstand des Transfers
zu machen.
–
Technologietransfer sollte sich nicht auf die Ebene der konkreten
Technologieprojekte beschränken, sondern immer auch die Ebene
der politischen und sozialen Orientierung einschließen. Das
Transferprojekt muss in einen übergeordneten politischen und
sozialen Rahmen eingebunden werden.
– Es wird ein
Technologietransfer gebraucht, der im Ausgangsland auch
rückgekoppelt ist und dort wiederum zu Innovationen
führt, wodurch letztlich auf beiden Seiten technische
Potenziale und eine dauerhafte Zusammenarbeit aktiviert werden.
– Bei
Projekten des Technologietransfers müssen alle
maßgeblichen und potenziell betroffenen Akteure vor Ort
einbezogen werden.
– Jeder
Technologietransfer hat die sozioökonomischen und die
soziokulturellen Gegebenheiten im Empfängerland zu
berücksichtigen.
Empfehlung 7-33
Systemlösungen anbieten
Eine Antwort auf die Anforderungen
der internationalen Märkte sind Projektgesellschaften, in
denen integrierte System- und Servicelösungen angeboten
werden. Vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern werden
in zunehmenden Maße so genannte BOT (Build-Operate-Transfer)
und BOO (Build-Own-Operate) Angebote nachgefragt. Dabei geht es
nicht mehr um den Export einzelner Anlagen sondern um
Systemlösungen, die Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und
Schulung mit einschließen. Politische, soziale und
(inter-)kulturelle Aspekte müssen hier ein deutlich
stärkeres Gewicht erhalten. Diese strukturelle
Veränderung der Nachfrage bedeutet für
mittelständische Unternehmen in Deutschland neue
Herausforderungen, für die sie bisher nicht die nötigen
Konzepte bzw. Strategien haben. Dies erfordert eine stärkere
Kooperation zwischen den nationalen Technikanbietern. Hier sind z.
B. von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geeignete
Modelle zu entwickeln. Sie müssen auf mikroökonomischer
Ebene auf eine Stärkung der Kooperation und der
Projektfähigkeit mittelständischer Unternehmen
abzielen.
Empfehlung 7-34
Angepasste Technologien entwickeln
Die technologische Entwicklung, die
lange Zeit vor allem durch einen starken Binnenmarkt geprägt
war, hat im Zeichen der Globalisierung differenzierter zu erfolgen.
Insbesondere in Transformations- und Entwicklungsländern
bestehen häufig spezifische Anforderungen, die oft nur mit
angepassten Technologien zu angepassten Preisen umgesetzt werden
können. Hieraus resultieren kostenträchtige
Anpassungsleistungen, die, soweit sie sich privatwirtschaftlich
nicht kurzfristig rentieren können, teilweise von der
öffentlichen Hand übernommen werden
sollen.
129 Siehe hierzu auch Kapitel
3.6.3.
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