Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 52-53 / 20.12.2004
Hartmut Hausmann

Brüssel hofft auf Kompromiss

EuGH: Dosenpfand rechtswidrig

Nach ihrem Sieg gibt sich die EU-Kommission versöhnlich. Brüssel und Berlin würden sich jetzt einvernehmlich um eine Lösung im Streit um das deutsche Dosenpfand bemühen, sagte ein Sprecher von EU-Industriekommissar Günter Verheugen. Wenn der Bundesrat die bereits vom Bundestag gebilligte Neuregelung verabschiedet, dann sei das bereits ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.

Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg festgestellt, dass das derzeitige Dosenpfand gegen europäisches Recht verstößt. Dabei billigen die Richter der Bundesregierung ausdrücklich zu, dass eine Pfandregelung bei Einwegverpackungen im Sinne des Umweltschutzes richtig und nützlich sein könne. Dazu müsse aber auch ein funktionierendes und flächendeckendes Rücknahmesystem vorgesehen werden. Außerdem hätte den Unternehmen eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt werden müssen, um sich auf das neue System einstellen zu können.

Beides habe die Bundesregierung versäumt, stellen die Richter fest. In ihrem Urteil geht es zunächst nur um Mineralwasser, das Gegenstand einer Klage zweier österreichischer Hersteller war. In seiner Urteilsbegründung macht das Gericht aber zugleich genaue Vorgaben, wie eine rechtmäßige Pfandregelung auszusehen hätte. Diese hätte in erster Linie ein einheitliches flächendeckendes Rücknahmesystem vorzusehen. Aus Sicht der Kommission heißt dies: Jede Verkaufstelle muss alle Einwegverpackungen zurücknehmen, die aus einem Material sind, das sie selbst im Angebot hat. "Wer Plastikflaschen verkauft, muss alle Plastikflaschen zurücknehmen", stellte der Sprecher fest. Der Kunde müsse wissen, wo er sein Leergut hinbringen könne, auch wenn er dies etwa an einer Autobahntankstelle gekauft habe.

In seiner jetzigen Form stellt das deutsche Dosenpfand für das Gericht jedenfalls einen klaren Verstoß gegen den freien Binnenmarkt in der EU dar. Die Benachteiligung von Einwegverpackungen behindere in erster Linie die ausländischen Anbieter, erläuterte der Kommissionssprecher. Dies ergebe sich daraus, dass Glas nur schwer zu transportieren sei und bei Mehrweggut auch noch der teure Rücktransport hinzukomme.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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